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Der zweite Mord

Der zweite Mord

Titel: Der zweite Mord
Autoren: Helene Tursten
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ob Schwester Marianne irgendwo auf dem Boden liegt. Vielleicht ist sie ohnmächtig geworden.«
    Aber die Schwester der Intensivstation war nirgends zu sehen.
    Im Licht der Taschenlampe entdeckte der Arzt ein Telefon. Er ging darauf zu und nahm den Hörer ab.
    »Tot. Funktioniert nicht.«
    Nachdem er eine Weile lang nachgedacht hatte, sagte er: »Mein Handy liegt oben im Zimmer des Dienst habenden Arztes. Ich nehme die Taschenlampe und rufe von dort aus den Rettungsdienst an. Dann mache ich mich auf die Suche nach Marianne. Haben Sie sie weggehen sehen?«
    »Nein. Seit wir zusammen Herrn Peterzén frisch gebettet haben, habe ich sie nicht mehr gesehen.«
    »Sie muss also durch die Hintertür verschwunden sein. Ich nehme denselben Weg und laufe eben durch den OP-Trakt nach oben. Das geht am schnellsten.«
    Der Arzt leuchtete auf die Tür, hinter der die Treppe und der Aufzug zum OP im nächsten Stockwerk lagen. Fuhr man mit dem Aufzug in das Stockwerk darunter, kam man dort im Erdgeschoss zur Aufnahme, chirurgischen Ambulanz und Krankengymnastik. Im Keller lagen die Röntgenabteilung, Umkleideräume für das Personal und Maschinenräume, große Flächen, die durchkämmt werden mussten. Aber wenn jemand geeignet war, die Löwander-Klinik zu durchsuchen, dann der Oberarzt der Chirurgie Sverker Löwander.
     
    Er ließ die Schwester im Dunkeln allein. Diese tastete sich zur Tür. Mit zitternden Knien ging sie durch den Flur. Ehe sie ins Schwesternzimmer trat, schaute sie gewohnheitsmäßig durch die Glastür auf die Station.
    Das schwache Licht der Straßenlaternen wurde vom bleichen Schein des Vollmonds noch verstärkt. Das kalte Licht strahlte durch die großen Fenster des Treppenhauses herein. Und in diesem Licht bewegte sich eine Frau mit dem Rücken zur Tür. Sie ging die Treppe hinunter. Ihr weißer Kragen hob sich hell vom dunklen Stoff ihres wadenlangen Kleides ab. Auf dem straff zurückgekämmten Haar trug sie eine weiße, gestärkte Haube.

KAPITEL 2
    Dr. Sverker Löwander blieb vor der Tür der Intensivstation stehen und ließ den Lichtkegel über die Treppen streichen. Nichts. Rasch stieg er die Stufen zum Obergeschoss hinauf. Auf der letzten blieb er stehen und bewegte den Lichtstrahl langsam über den Treppenabsatz vor den Operationssälen. Alles war wie immer. Zwei Liegen standen links vor der Tür zum Lager. Neben der Treppe lag der Aufzugsschacht. Er ging darauf zu, leuchtete durch das kleine Fenster der Tür und stellte fest, dass sich der Aufzug nicht in diesem Stockwerk befand. Dann machte der Arzt eine halbe Kehrtwende und richtete den Strahl auf die Tür, die zu den Operationssälen führte. Sein Schlüsselbund klapperte, bis er endlich den Generalschlüssel gefunden hatte.
    Hinter der Tür zum Operationstrakt war alles still. Der Geruch von Desinfektionsmitteln kitzelte ihn in der Nase. Er schaute hastig in die zwei Vorräume der Operationssäle. Auch dort war alles wie immer.
    Eilig ging er durch den OP-Trakt, öffnete die Tür am entgegengesetzten Ende des Korridors und befand sich jetzt im kleineren Treppenhaus. Er blieb stehen und leuchtete durch das Fenster des zweiten Aufzugs. Wenn er die Taschenlampe nach unten hielt, konnte er das Aufzugdach sehen.
    Auf der anderen Seite des Treppenhauses lag der Verwaltungsflur. Er rüttelte an den Türen der Oberschwester, der Sekretärin und seines eigenen Büros. Alle waren verschlossen. Die letzte Tür führte zu einer kleinen Wohnung für den Arzt, der Bereitschaft hatte.
    Er trat ein und suchte in seiner Aktentasche nach seinem Handy. Mit leicht zitternden Händen wählte er 112.
    Die Notrufzentrale versprach ihm, so schnell wie möglich einen Streifenwagen zu schicken. Sie wollten auch dem Notdienst der Stadtwerke Bescheid geben, es war jedoch nicht sicher, wann der Elektriker kommen würde.
    Sverker Löwander langte nach dem Telefonbuch, das erfreulicherweise auf dem Schreibtisch lag. Mit der Taschenlampe zwischen den Zähnen, ging er die unzähligen Bengtssons Göteborgs durch. Zum Schluss glückte es ihm, Folke Bengtsson, Hausmeister, Solrosgatan 45, zu finden. Es dauerte eine Weile, bis es ihm gelang, die Situation zu erklären, erst der schlaftrunkenen Frau Bengtsson und dann Folke Bengtsson selbst. Dieser verstand schnell, wie ernst die Lage war, und versprach, sich sofort hinters Steuer zu setzen.
    Als Sverker Löwander das Telefon weglegte, merkte er, dass ihm der Schweiß herunterlief. Er holte ein paar Mal tief Luft, ehe er die Tür
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