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Der Zweite Messias

Titel: Der Zweite Messias
Autoren: Glenn Meade
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Jack.
    Pater Becket schaute auf das Wrack. Der Gestank verbrannten Fleisches stieg Jack in die Nase, und er starrte voller Entsetzen auf den Pick-up. Jemand hatte versucht, die Tür gewaltsam zu öffnen, jedoch vergeblich. Ein Teil der Windschutzscheibe war zerschmettert; das Armaturenbrett war geschmolzen und hatte sich in eine unförmige Kunststoffmasse verwandelt. Aus dem Fahrerhaus quoll schwarzer Rauch. Jack konnte seine Mutterund den Fahrer nicht sehen, doch der völlig verkohlte Leichnam seines Vaters lag in der Nähe der Tür.
    Das aschfahle Gesicht des Priesters ließ das Schlimmste erahnen. »Ich … ich konnte die Tür ein kleines Stück öffnen, aber der Sauerstoff hat das Feuer im Fahrerhaus noch stärker angefacht. Es tut mir leid. Sie sind alle tot.«
    Jack wurde schwindelig; seine Augenlider zuckten. Dann versank alles um ihn herum in Dunkelheit.

    Auf der Intensivstation eines Jerusalemer Krankenhauses kam er wieder zu sich. Sergeant Raul, Lelas Vater, saß neben seinem Bett. Raul war ein großer, dünner Mann mit gebräuntem Gesicht und dunklen Augen. »Wie geht es dir, Jack?«
    Jack wusste nicht, was er antworten sollte. Er hatte die beiden Menschen verloren, die ihm am meisten bedeuteten, und seine Trauer war grenzenlos.
    »Du hast eine Gehirnerschütterung und warst drei Tage bewusstlos«, fuhr Sergeant Raul freundlich fort. »Zum Glück hat dein Gehör sich von dem lauten Knall der Explosion erholt, und die Ärzte meinten, ich könnte schon mit dir sprechen. Fühlst du dich dazu in der Lage, Jack?«
    »Ich weiß nicht, wie ich mich fühle«, erwiderte er.
    »Das ist verständlich. Du hast einen schweren Schock erlitten.«
    »Meine Eltern … konnten sie gerettet werden?«
    »Es tut mir leid, Jack«, erwiderte der Sergeant mit grimmiger Miene. »Ihr Fahrer Basim Malik ist ebenfalls umgekommen. Es ist eine Tragödie. Ich habe mir den Unfallort angesehen. Die Bremsspuren deuten darauf hin, dass der Fahrer des Militärlasters auf der falschen Straßenseite unterwegs war. Als im Fahrerhaus Feuer ausbrach, waren deine Eltern und Basim eingeschlossen.«
    Jack wandte den Blick ab. Entsetzlicher Schmerz quälte ihn.
    Sergeant Raul strich ihm über den Arm. »Lela hat nach dir gefragt. Sie liegt auf einer anderen Station, und es geht ihr schon wieder ziemlich gut. In den letzten Tagen hat sie immer wieder nach dir gesehen, aber du hast meistens geschlafen. Sie würde dich gerne besuchen, sobald du dich ein bisschen erholt hast. Ich habe gehört, ihr beide habt euch angefreundet. Lela mag dich sehr.«
    Jack nickte nur. Er brachte vor Kummer kein Wort heraus.
    »Offenbar habt ihr Pater Becket euer Leben zu verdanken, Jack. Zum Glück ist er genau zum richtigen Zeitpunkt an der Unfallstelle vorbeigefahren. Und Pater Kubel ebenfalls.« Sergeant Raul verstummte kurz und fügte dann hinzu: »Diese Schriftrolle, die dein Vater ausgegraben hat … Lela sagt, sie habe in einer Kartentasche im Fahrerhaus gelegen.«
    »Das stimmt.«
    »Ich habe sie nicht gefunden, und die Spurensicherung hat nicht einmal Überreste der Kartentasche entdeckt. Allerdings war ein Teil der Windschutzscheibe zerschmettert. Kannst du dich erinnern, die Kartentasche nach dem Unfall gesehen zu haben, Jack?«
    »Nein. Pater Becket sagte mir, er habe versucht, die Tür gewaltsam zu öffnen, um meine Eltern zu befreien. Er muss auch das Fenster eingeschlagen haben. Es tut mir leid, Sergeant Raul, aber es strengt mich noch zu sehr an, mit Ihnen zu sprechen.«
    »Natürlich. Aber ein paar Dinge müssen wir noch klären. Die Kollegen deines Vaters haben vorgeschlagen, am Unfallort einen Grabstein aufzustellen. Es ist eine sehr schöne Stelle mit Blick auf Qumran, das deine Eltern geliebt haben.«
    »Ja … ja, natürlich.«
    »Ich habe auch gehört, dass deine Eltern den Wunschgeäußert haben, im Fall ihres Todes verbrannt zu werden. Ihre Asche soll im Heiligen Land verstreut werden, wo sie so lange gelebt haben. Aber in Israel wird eine Einäscherung nicht gern gesehen, und es gibt keine Krematorien.«
    »Das wusste ich nicht.«
    »Vielleicht kann ich es einrichten, dass du den Wunsch deiner Eltern symbolisch erfüllst. Leider sind ihre Leichen so stark verbrannt, dass fast nur Asche zurückgeblieben ist. Ich kümmere mich darum, dass eine Urne damit gefüllt wird.«
    Jack wurde von Gefühlen überwältigt. Tränen stiegen ihm in die Augen. Sein Körper war von Wunden übersät, doch die Wunden in seinem Innern waren noch viel schlimmer. »Das
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