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Der Zweite Messias

Titel: Der Zweite Messias
Autoren: Glenn Meade
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über dem Achterdeck, ehe er ein wenig unsanft aufsetzte.
    Eine Tür sprang auf, und Maliks Bruder Nidal kletterte vom Sitz des Copiloten. Das sonst so jungenhafte Gesicht des Achtundzwanzigjährigen war angespannt und sah ein wenig kränklich aus. Er trug einen dunklen Armani-Anzug und ein weißes Seidenhemd, am Kragen offen. Sein Bart war sorgfältig getrimmt. Seine durchdringenden olivgrünen Augen blickten misstrauisch.
    Hassan Malik wartete, bis sein jüngerer Bruder vor ihm stand, und küsste ihn dann auf beide Wangen. »Und?«, wollte er wissen.
    »Cane hat Qumran verlassen und ist zum Grab gefahren«, erwiderte Nidal. »Unser Pilot hat von der israelischen Flugsicherung die Genehmigung erhalten, Jerusalem zu überfliegen.«
    »Gut.« Hassan Malik ging hinter seinem Bruder her zum Hubschrauber, kletterte nach ihm in die Kabine und schlug die Tür zu. Der Pilot ließ den Helikopter in den strahlend blauen Himmel aufsteigen.
    Hassan schaute auf die Uhr. Fünf Uhr nachmittags. Noch eine Viertelstunde, und er würde seinen Geistern gegenüberstehen.
    Was hatte sein Vater immer gesagt? Wir können unserer Vergangenheit niemals entfliehen.
    Hassan Malik wollte das auch gar nicht. Er wollte sich im Gegenteil an die Vergangenheit erinnern, denn er spürte sie wie einen Dolch in der Brust – eine Wunde, die nach Rache schrie.
    Zuerst würde er Jack Cane für seine Zwecke einspannen.
    Und dann würde er ihn töten.
    Der Hubschrauber, von starken Turbinen angetrieben, flog die Passagiere rasch in Richtung Felsendom.
5.
    Jack Cane saß vor dem Grab auf einem Felsblock und steckte die Blumen in den ausgetrockneten Steckschwamm. Dann öffnete er die Wasserflasche und goss Wasser auf den Schwamm, bis dieser sich vollgesogen hatte. Anschließend legte er die leere Plastikflasche neben sich auf die Erde. Sein Blick glitt über die in den Granit gemeißelten Worte, die seinen Schmerz bezeugten:

    Zum Gedenken an Robert und Margaret Cane,
die an dieser Stelle tragisch ums Leben kamen.
Ich werde euch immer vermissen und lieben.
Euer Sohn Jack

    Ja, er vermisste sie noch immer, und daran würde sich niemals etwas ändern. Die Trauer nach ihrem Tod hatte er nie überwunden. Jack zog eine abgegriffene Lederbrieftasche aus der Tasche und klappte sie auf. In einer rissigen Plastikhülle bewahrte er die zerfledderte, zwanzig Jahre alte Fotokopie des Zeitungsausschnitts auf. Er faltete den Artikel der Jerusalem Post auseinander und starrte auf das Blatt. Den Text kannte er auswendig:

    Namhafter amerikanischer Archäologe und seine Frau
bei tragischem Unfall getötet

    Gestern Nachmittag kamen fünf Menschen auf einem abgelegenen Teil der Nabilus-Straße ums Leben, zwei weitere Personen wurden schwer verletzt. Die Jerusalemer Polizei berichtet, dass zwei Männer und eine Frau tödliche Verletzungen erlitten, als ihrPick-up mit einem Laster der israelischen Armee zusammenstieß und in eine Schlucht stürzte. Bei den drei Opfern handelt es sich um den bekannten New Yorker Archäologen Robert Cane, neunundsechzig, seine Frau Margaret und den einheimischen beduinischen Grabungshelfer Basim Malik. Zwei Jugendliche, die auf der Ladefläche des Pick-ups saßen – Lela Raul und Jack Cane, beide neunzehn Jahre alt –, werden im Krankenhaus behandelt.
    Die Polizei bestätigt, dass die Namen der beiden verstorbenen Insassen des Militärlasters, der Munition geladen hatte und explodiert ist, noch nicht bekannt gegeben wurden.
    Robert Cane soll bei internationalen Ausgrabungen in Qumran mitgearbeitet haben. Er und sein beduinischer Helfer hatten am Morgen des Unfalltages mehrere Fragmente einer antiken Schriftrolle entdeckt und waren auf dem Weg nach Jerusalem, um ihren Fund der israelischen Behörde für Altertumsforschung vorzulegen, als sich der tödliche Unfall ereignete. Die Polizei befürchtet, dass die Papyrusrolle bei dem Brand vernichtet wurde.
    Pater Franz Kubel, vom Vatikan ernannter Koordinator der Ausgrabungen in Qumran und Kollege von Robert Cane, zeigte sich zutiefst schockiert. »Das ist eine entsetzliche Nachricht. Robert Cane war ein großartiger Mensch und ein hoch angesehener Archäologe. Wir werden ihn schmerzlich vermissen.«
    Der einheimische Fahrer Basim Malik hinterlässt Frau und drei Kinder.

    Jack faltete den Zeitungsausschnitt zusammen und schloss die Augen. Er erlebte einen Traum, den er oft hatte, wenn er das Grab besuchte, und auch jetzt wieder sah er die Bilder vor sich.
    Er ist siebzehn Jahre alt und steht in
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