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Der zweite Buddha

Der zweite Buddha

Titel: Der zweite Buddha
Autoren: A. A. Fair
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herzustellen, oder?«
    Sellers war mittlerweile wie aus dem Wasser gezogen. Die Wischbewegung mit dem Taschentuch erfolgte nur noch mechanisch und hatte keinen rechten Sinn mehr.
    »Hol’s der Henker!« schimpfte er. »ich muß ‘raus hier ...«
    »Na bitte — wer hält Sie denn zurück?«
    »Sie!« brüllte er plötzlich. »Sie halten mich zurück!«
    »Wieso?« Ich tat erstaunt. »Ich wüßte nicht...«
    »Natürlich! Sie führen mich hier einfach an der Nase ‘rum und freuen sich, daß ich mir die Seele aus dem Leib schwitze.«
    »Aber ich habe Ihnen doch nur ein paar Fragen gestellt.«
    »Also dann... «, stöhnte er, »dann fragen Sie halt weiter... Aber eines kann ich Ihnen sagen: Die Bolzen sind aus dem Blasrohr abgeschossen worden. Sie. müssen aus ihm gekommen sein!«
    »Sie sind aber sehr sicher... Überlegen Sie doch einmal... Denken Sie an den zweiten Bolzen, der oben in der Wandtäfelung steckt. Hat der nicht ziemlich tief drin gesessen?«
    »Ja, das stimmt. Und?«
    »Sie meinen also, dieser Bolzen wurde von Mrs. Crockett quer durch den Lichtschacht gepustet, ja?«
    »ja; das ist die einzige Möglichkeit. Aus dem Winkel, in dem er eingedrungen war, konnte man leicht erkennen, daß er vom Badezimmer aus abgeschossen worden sein muß.«
    »Sagen Sie, Frank — haben Sie einmal versucht, vom Badezimmerfenster aus einen Bolzen hinüberzuschießen?«
    »Nee — wozu?«
    »Das wäre ein recht interessanter Test, meine ich.«
    »Was soll das? Das hat doch keinen Sinn, Kleiner; geben Sie’s auf! Der Bolzen hat da gesteckt, das können Sie nicht wegdiskutieren.«
    »Das will ich gar nicht. Ich behaupte nur, daß es unmöglich ist, einen Bolzen aus dieser Entfernung mit dem Blasrohr so tief in das Holz zu schießen. Das könnten Sie nicht einmal, geschweige denn Mrs. Crockett.«
    »Worauf wollen Sie hinaus?« fragte er mißtrauisch.
    »Auf folgendes: sie haben das Blasrohr gesehen. Sie haben die Bolzen gesehen, die zu diesem Blasrohr gehören. Und daraus ziehen Sie den naheliegenden, aber falschen Schluß, daß das Blasrohr tatsächlich benutzt worden sein müsse... Ich glaube nicht, daß ein Blasrohr bei der Sache überhaupt in Erscheinung getreten ist.«
    »Ach nee... Die Dinger hat wohl einer mit einer Kinderschleuder ‘rübergeschnellt, was?«
    »Nicht ganz. Aber ich vermute, daß sich jemand eine Waffe mit kurzem Lauf gebastelt hat, aus der man die Bolzen mit einer Preßluftladung schießen kann. Und dieser Jemand, wer immer es war, der hat in der Kammer direkt vor Crockett gestanden und geschossen. Crockett ist zu Boden gestürzt, und dann hat der Mörder den zweiten Bolzen in einem sorgfältig berechneten Winkel in die Wand gejagt. Das wäre der berühmte »perfekte Mord<, wenn der Täter nicht eines übersehen hätte: die Tatsache nämlich, daß der Bolzen mit Lungenkraft nicht so tief hätte ins Holz eindringen können. Mir war sofort eines klar: der Bolzen in der Wandverkleidung war nicht ein erster Fehlschuß. Er muß als zweiter abgeschossen worden sein, nachdem Crockett schon tot war... getroffen worden war, auf alle Fälle.
    Denken Sie sich doch in seine Lage: Wenn er am Fenster gestanden hätte und jemand hätte auf ihn geschossen und ihn verfehlt — das Geschoß klatscht hinten in die Wand — glauben Sie im Ernst, er hätte sich dann in Lebensgröße am Fenster aufgebaut, als Zielscheibe sozusagen? Vergessen Sie nicht, daß der Mann sich viel in allen möglichen Dschungeln herumgetrieben hat und in jeder Beziehung nicht von gestern war... Nein, Frank, das Blasrohr können Sie ruhig aus Ihrer Kalkulation streichen.«
    Ich lehnte mich zurück und schloß die Augen. Sellers saß eine Weile bewegungslos da. Endlich erhob er sich, riß die Tür auf und bellte den Badewärter an: »He, Sie — bringen Sie mir ein Handtuch, und zwar dalli! Hier schwimmt man ja davon!«
    Dann stand er wieder breitbeinig vor mir und frottierte sich ab, mechanisch, ohne mich aus den Augen zu lassen. Auf einmal hielt er inne, ballte das Handtuch zusammen und pfefferte es mit aller Kraft in die Ecke. Wortlos suchte er Schlips, Jackett und Hut zusammen, wortlos warf er mir einen schiefen Blick zu, wortlos ging er zur Tür.
    Aber auf der Schwelle hielt er inne und wandte sich noch einmal zu mir: »Also, Mann, nun sagen Sie’s schon — wer war’s?« Ich fühlte wie schwer es ihn ankam, diese letzte Frage zu stellen, wie sehr sich sein Stolz dagegen gesträubt haben mußte.
    »Ich würde Ihnen vorschlagen, es doch
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