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Der Zeitsprung

Der Zeitsprung

Titel: Der Zeitsprung
Autoren: Inka Loreen Minden
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Frau auch noch so böse schauen, sie war das hübscheste Wesen, das er jemals erblickt hatte: Die rotbraunen Locken fielen wirr auf ihre halbnackten Schultern und erweckten in ihm den Wunsch, seine Nase darin zu vergraben und den süßen Duft, den sie verströmte, tief zu inhalieren. Sommersprossen umspielten ihre gerümpfte Nase – kein Wunder, er musste stinken wie ein Wildschwein –, was ihn sehr verwunderte, wo doch gerade die englischen Ladys ihre vornehme Blässe mit Stolz trugen. Aber am meisten faszinierten ihn ihre wundervoll geschwungenen Lippen, die sie im Moment verbissen zusammenpresste. Würde sie ihm nicht dieses alberne kleine Messer an die Kehle drücken, hätte er sie auf der Stelle geküsst.
    »Aye, was haben wir denn hier für einen wertvollen Fang?« Er beugte sich ein Stück nach vorne, ohne sich darum zu scheren, dass sie ihm jederzeit die Kehle durchschneiden konnte. Diese eitlen Prinzessinnen machen sich ohnehin ins Röckchen, wenn sie Blut sehen. Sie stellt keine Gefahr für mich dar.
    Dass er mit dieser Einschätzung grundlegend falsch lag, merkte er, als er ihr das Nachthemd ein Stück nach oben zog und wohlgeformte Waden zum Vorschein kamen. Sofort drückte sie die Klinge fester an seinen Hals.
    Darius wich zurück, als er den schmerzhaften Stich registrierte. Er ließ sich seine Überraschung allerdings nicht anmerken. »Ich hoffe, Ihr habt ausgeschlafen, Mylady? Ich habe heute noch viel mit Euch vor«, sagte er herablassend und grinste sie unverschämt an, während er sich mit dem Handrücken das blutige Rinnsal an seinem Hals wegwischte. Dabei kam er nicht umhin, sich kurz in den Schritt zu langen, um seinen verwegenen Freibeuter in eine günstigere Position zu bringen. Es dauerte nicht mehr lange und der Platz in seiner Hose würde zu eng werden. Aye, diese Frau hatte Feuer im Blut. Es würde ihm teuflisches Vergnügen bereiten, diese Wildkatze zu zähmen!

    In Lisas Kopf rotierte es. Der Kerl könnte eine Dusche vertragen. Aber er ist rattenscharf!
    Die breiten Schultern harmonierten wunderbar mit seinen ausgeprägten Brust- und Oberarmmuskeln sowie dem Waschbrettbauch. Wenn der mit seinem Körper kein Vermögen verdient, ist er selber schuld!
    Wie hypnotisiert starrte sie auf die Hand, mit der er sein Gemächt ordnete. Es kribbelte in ihrem Magen, doch sie versuchte das Gefühl zu ignorieren.
    Gut – sie träumte also nicht. Aber in was für einer verdammten Scheißsituation befand sie sich dann? Wenn das hier alles echt war, hatte sie eine ganze Reihe Fragen gleichzeitig. Hier starben Menschen, und ihr Traummann aus einer erotischen Fantasie entpuppte sich als höchst realer potentieller Vergewaltiger!
    Zunächst einmal wanderte das Messer von einer Hand in die andere und sie drehte es so, dass die Spitze der Klinge bedrohlich nach oben zeigte. Wenn es sich nicht umgehen ließ, musste sie dem göttlichen Burschen den Bauch aufschlitzen. Sie war nicht scharf darauf, aber es handelte sich eindeutig um Notwehr – kein Gericht der Welt würde sie verurteilen, nur weil sie ihre Haut retten wollte.
    Erinnere dich, Lisa, was hat dir der Polizist aus dem Selbstverteidigungskurs immer wieder eingebläut? Demoralisieren! Das Selbstbewusstsein des Täters untergraben und sich selbst als starke Persönlichkeit darstellen!
    Sie kam langsam aus der geduckten Haltung hoch und straffte ihren Rücken. In dem Nachthemd machte sie keine besonders gute Figur, aber sie gab sich alle Mühe. Trotzig schaute Lisa zu ihrem Gegner auf und fixierte seine Augen. »Wenn du mir auch nur ein wenig zu nahe kommst, schneide ich dir die Eier ab, du Wichser! Ich weiß nicht, was ihr hier für einen Mummenschanz veranstaltet, aber bilde dir bloß nicht ein, du könntest mit mir machen, was du willst, nur weil ich eine Frau bin«, sagte sie gefährlich leise und ließ die Messerspitze kurz in seine Richtung schnellen.

    Darius stutzte. Wie seltsam sie sich ausdrückte, absolut undamenhaft, und erst dieser merkwürdige Dialekt. Was zur Hölle war ein »Wichser«?
    »Vorsicht, Lady, das ist eine Waffe, die Sie da in der Hand halten. Ich möchte nicht, dass Sie sich wehtun. Am besten, Sie geben sie mir.«
    Er streckte die Hand aus, doch sie schnaubte nur hörbar und dachte anscheinend nicht daran, sich zu ergeben.
    »Aye, Mädchen, das hatte ich befürchtet.« Blitzschnell schoss seine Hand nach vorne, umfasste ihr zierliches Handgelenk und mit einer schwungvollen Bewegung hatte er ihr den Arm auf den Rücken
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