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Der Zeitspieler

Der Zeitspieler

Titel: Der Zeitspieler
Autoren: A. E. van Vogt
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wäre, aber dann die Idee fallengelassen. Vielleicht würde das Paradoxon dadurch so sehr gedehnt, daß es nicht mehr funktionierte.
    Das Licht in Kabine 11 ging aus, kaum daß er sie betreten hatte, und die körperlose Stimme erklang aus der Luft vor ihm. »Vor langer Zeit, als wir den Schattenprozeß entwickelten, beschlossen wir, daß jeder Schatten das Geschehnis des Todes und der Wiedererweckung erleben muß. Aufgrund der angeborenen Todesfurcht der Menschheit hielten wir dies für erforderlich. Wenn ein Mensch einmal den Tod durchmacht und zum Leben zurückgeholt wird, verliert er, von wenigen Fällen abgesehen, diese Todesfurcht für immer. Der Prozeß des Sterbens hat auch noch weitere Auswirkungen auf das Nervensystem. Er löst beispielsweise bestimmte Spannungen und Hemmungen, die auch nie wiederkehren werden. Deshalb empfehlen wir den Tod als Therapie jenen Menschen, die wir aus der Vergangenheit in unsere psychologische Interzeitarbeit holen ...«
    Was war das, dachte Cargill überrascht, aber er sagte es nicht.
    Der Ausbilder fuhr fort. »Wir rufen den von der Therapie Betroffenen selbstverständlich ins Leben zurück, nachdem er und der eigentliche Patient, der als Kläger aufgetreten ist, davon überzeugt sind, daß der Tod tatsächlich stattgefunden hat. Der Patient erfährt natürlich von dieser Wiederbelebung nichts. Viele von ihnen erleiden durch diese Todesszene einen heilsamen Schock. Außerdem überzeugen wir sie mit Hilfe der Millionenröhre, daß ihnen nun Gerechtigkeit widerfahren ist. Nur durch diese Kombination erzielen wir die völlige Heilung des psychisch Kranken.«
    »Dieses Todeserlebnis«, fragte Cargill, »kann ein Mensch es mehrere Male durchmachen, ohne daß es ihm schadet?«
    »Sehr wenige Schatten könnten ein Alter von tausend Jahren erreichen, wenn das nicht möglich wäre«, erklärte ihm der Ausbilder. »Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Unfälle trotz aller Vorsichtsmaßnahmen immer wieder passieren.« Er schloß mit leichter Ironie: »Wir empfehlen das Todeserlebnis jedoch nicht öfter als ein dutzendmal. Die Zellen beginnen sich nämlich allmählich an den Prozeß zu erinnern.«
    Cargill zögerte. »Kann ich mich in meine eigene Zukunft begeben?«
    »Nein, der Körper kann nur ein bereits vorhandenes Muster nachahmen. Damit Sie in die Zukunft reisen könnten, brauchten Sie jemanden aus der Zukunft, der sie zu sich ›hochzieht‹. Das Muster wäre demnach gegeben und würde Ihnen ermöglichen, von dieser Zukunft aus, etwas in der Vergangenheit zu unternehmen, die dann allerdings eigentlich Ihre Zukunft ist.«
    Cargill hatte keine Lust, über diese Beschränkungen zu argumentieren. Er hatte überhaupt nur wegen seines Erlebnisses mit Lan Bruch gefragt. Er war nun sicher, daß der Mann aus dem Jahr 7301 ihn in die Zukunft gezogen hatte, die Merlika war. Der Rest der »Geschehnisse« war mehr oder weniger das Aufwühlen von fast vergessenen Erinnerungen.
    Er wollte nicht, daß etwas Ähnliches hier geschah, daß irgendwelche zufällig auftretenden ESP-Phänomena mit seiner Schattenausbildung interferierten. Nur, wie konnte er es verhindern? Wenn es vielleicht eine Art von Trennung zum Zeitpunkt des Todes gab, dann würde er, mit seinen früheren Erlebnissen, sich ihrer bewußt sein und sich danach daran erinnern.
    Cargill fragte gedehnt: »Für welchen Zeitpunkt würden Sie mir dieses Todeserlebnis empfehlen?«
    »Das ist völlig Ihnen überlassen. Wenn Sie möchten, gleich, oder Sie können auch auf einen Unfalltod warten. Ausschlaggebend ist, daß Sie es entscheiden.«
    Cargill zögerte. Der Gedanke, gleich zu sterben, widerstrebte ihm. Er mußte zuvor noch eine Menge Dinge erledigen. Und wäre es nicht möglich, seinen Tod nicht mit Betty Lanes Therapie in Verbindung zu bringen, sondern ihn als erforderlichen Bestandteil seiner Ausbildung zu betrachten? »Ich werde warten«, erklärte er schließlich.
    »Gut«, erwiderte die Stimme. »Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie bereit sind.«
    Cargill hörte ein Klicken, und die Tür sprang auf. Er verschwendete keine Zeit. Ihm war noch einiges eingefallen, das er tun konnte, ehe er sicher sein würde, daß er in diesem Zeitalter blieb. Da war, zum Beispiel, der Zeitpunkt gewesen, als Ann Reece ihn zur Marmorhalle gebracht hatte, wo er zum erstenmal den Schatten Grannis gesehen hatte und von ihm gesehen worden war. Der Grund für diese Gegenüberstellung war etwas undurchsichtig gewesen. Plötzlich war er ihm klar.
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