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Der Zauberspiegel

Der Zauberspiegel

Titel: Der Zauberspiegel
Autoren: Lynn Carver
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ist vorüber und die Todesreiter haben keinen Grund mehr, die Burg zu verteidigen.« Juliane suchte den Blick von einem der Soldaten. »Legt eure Waffen nieder und ergebt euch. Es ist vorbei!«
    Eine Weile starrten sich Juliane und der Todesreiter bewegungslos an. Dann entschied er offenbar, dass es vernünftiger war, sich zu ergeben, und warf seine Waffe zu Boden. Die anderen folgten seinem Beispiel, und Juliane wurde fast schwindlig vor Erleichterung. Einige Rebellen stürmten jubelnd herbei und hoben sie auf ihre Schultern. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass sich Khkirani und Rebellen zusammentaten und die überlebenden Soldaten gefangen nahmen. Später würde sie in Erfahrung bringen, warum nur ein Teil der Todesreiter in Zauberschlaf gefallen war.
    Sie lachte, als man sie jubelnd rüttelte, doch es blieb ein düsteres Gefühl in ihr zurück, als sie ihren Blick über die Leichen wandern ließ, mit denen der Burghof gepflastert war. Sie suchte unter dem Menschenknäuel, das sich um sie herum gebildet hatte, nach Aran, ohne ihn zu entdecken.
    »Aran«, rief sie und Sorge kroch ihre Wirbelsäule empor.
    Suchend blickte sie sich um, als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte.
    Kalira und Ranon bahnten sich einen Weg zu ihr.
    »Habt ihr Aran gesehen? Ist er hier irgendwo?«, fragte Juliane.
    Kalira sah sie betreten an. »Nein, ich habe ihn seit heute Nacht nicht mehr gesehen.«
    Auch Ranon schüttelte den Kopf. »Er kämpfte gegen Iorgen und rannte dann in Richtung Wehrmauer«, erklärte Ranon.
    »Du suchst den Morvannen, nicht wahr?«, fragte ein Junge. »Ich habe ihn auf der Mauer mit einem einarmigen Soldaten kämpfen sehen.« Julianes Blick flog zur Mauer, doch von Aran keine Spur. Sie rannte los. Die Treppe empor und entdeckte Aran fast sofort. Er lag mit kreidebleichem Gesicht über einer Leiche. Eine Blutlache hatte sich unter ihnen gebildet.
    Juliane schluckte. Entsetzen machte sich breit, und sie fragte sich, wessen Blut sie dort sah. Sie drehte Aran herum. Sein Hemd war ebenfalls rot verfärbt. Mit vor Verzweiflung zitternden Händen nestelte sie an den Knöpfen seines Hemds herum, bis eine klaffende Wunde zum Vorschein kam.
    Aran stöhnte bei der Berührung. Juliane schossen Tränen in die Augen. »Kann mir jemand helfen? Es hat ihn übel erwischt.«
    Arans Lider öffneten sich flatternd. »Mein ist die Rache«, murmelte er und verzog sein Gesicht, als litt er höllische Schmerzen.
    »Du dummer Kerl«, schalt Juliane ihn. »Kannst du nur an Vergeltung denken?«
    Einen Augenblick wurden seine Augen klar. Juliane fühlte sich ganz schwindlig unter der Intensität seines Blickes, der sie verschlingen wollte. Dann war der Moment vorbei. Er verdrehte die Augen und seine Muskeln verkrampften sich. Sein Körper erschlaffte und er verlor die Besinnung. Julianes Geist hatte sich so sehr in Arans versenkt, dass es sie beinahe ebenfalls in die Bewusstlosigkeit riss.

Epilog
     
     
     
    A ran begutachtete sein Spiegelbild. Als er die Hand auf die Scheibe legte, verschwamm seine Gestalt und verwandelte sich in Juliane. Sie wirkte unglücklich und berührte die Stelle des Glases, an der seine Hand lag.
    Ihre Lippen formten Worte und Tränen liefen über ihre Wangen.
    »Sie muss zu uns zurückkehren«, sagte ein Mädchen, dessen Gesicht Aran an Juliane erinnerte.
    »Noch ist sie nicht die deine«, sagte ein zweites, älteres Mädchen. Es lächelte Aran versöhnlich an.
    Die beiden glitten unbehelligt durch das Glas und ergriffen Juliane an den Händen, um sie mit sich zu führen.
    Juliane warf ihm einen letzten sehnsuchtsvollen Blick zu, dann verschwand sie aus seinem Blickfeld. Zurück blieb nichts als sein Spiegelbild.
    Aran schreckte aus tiefem Schlaf hoch. Juliane drückte ihn sanft in die Kissen zurück, und er las die Erleichterung in ihren Gedanken darüber, dass er tatsächlich zu sich gekommen war, wie es Moira offenbar versprochen hatte.
    Er erinnerte sich, in einem der edleren Gemächer der Burg untergebracht worden zu sein.
    »Ruhig, es ist alles in Ordnung, Aran«, flüsterte sie.
    Er blinzelte. Seine Augen schienen eine Weile zu brauchen, um sich an das Dämmerlicht zu gewöhnen, doch dann erkannte er Julianes Gesicht. Mit einem schwachen Lächeln sank er zurück in das Kissen und nahm ihre Hand. »Ich dachte, du wärst schon weg.«
    Sie strich sein Haar zurück. »Ich werde bei dir bleiben, immer«, versprach sie.
    »Du wirst zurückkehren. Ich habe es gesehen«, beharrte er und Kummer schlich
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