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Der Zauberspiegel

Der Zauberspiegel

Titel: Der Zauberspiegel
Autoren: Lynn Carver
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beschloss sie, ebenfalls den Mund zu halten. Nach einer Weile fühlte es sich seltsam an, schweigend nebeneinander herzulaufen. Aber sie hatte keine Ahnung, was sie mit ihm hätte reden können. Er nahm ihr die Entscheidung ab.
    »Warum jagten Soldaten hinter dir her?«
    »Ich weiß nicht.« Juliane dachte einen Moment nach. Im Zweifelsfall lügen, entschied sie. Nach dem Erlebnis mit den Rittern wollte sie gut überlegen, wem sie hier Vertrauen schenkte. »Ich hockte hinter einem Busch, als sie plötzlich aufgetaucht sind. Sie haben mich entdeckt und ich bin davongelaufen.«
    »Woher kommst du? Bist du nicht zu jung, um allein durch die Gegend zu streunen?«
    »Offensichtlich nicht«, entgegnete Juliane ein wenig eingeschnappt und konterte: »Bist du nicht zu jung, um dich mit Soldaten anzulegen?« Mist. Jetzt beleidigte sie ihren Retter auch noch. Toll gemacht. Ranon schwieg, bis er wenig später auf ein weitläufiges Anwesen deutete.
    »Wir sind fast da.«
    Die Gebäude waren u-förmig angelegt. In der Mitte des Hofes gab es einen Brunnen, aus dem ein Mädchen einen Eimer hievte. Aus dem Stall drang das Muhen von Kühen. Der Anblick wirkte wie eine mittelalterliche Szene aus einem Film. Das Mädchen am Brunnen blickte hoch und verschwand eilig im Wohnhaus.
    Juliane und Ranon betraten den Hof, als ihnen ein älterer Mann mit stark ergrautem Haar aus dem Haus entgegenkam.
    »Ranon, wer ist das?« Er zeigte seinen Unwillen über Julianes Anwesenheit ganz offen und dennoch verspürte sie den dringenden Wunsch, er möge Ranons Einladung zustimmen. Sehnsüchtig spähte sie zum Wohnhaus und glaubte, Essensgerüche wahrzunehmen. Ihr Magen knurrte vernehmlich und sie presste ihre Hand auf ihren Bauch. Gott, sie würde ein ganzes Wildschwein verputzen können.
    Ranon nahm den Mann beiseite und redete leise auf ihn ein. Mehrmals starrte der Bauer in Julianes Richtung, Misstrauen in seinem Blick. Schließlich kam er zu ihr.
    »Ich bin Yorim, der Herr dieses Anwesens. Du kannst hierbleiben, aber du wirst arbeiten müssen wie wir alle.«
    Juliane nickte. Ihr Magen zog sich vor Hunger fest zusammen. Im Moment würde sie so ziemlich alles in Kauf nehmen , nur für eine Scheibe Brot.
    »Komm mit, wir sorgen dafür, dass du dich sauber machen kannst.« Er musterte sie immer wieder von der Seite, während er sie auf das Haus zuführte. Der Flur erwies sich als breit und düster. Hier fehlte es an Lichtquellen. Eine grob behauene Holztreppe führte in das obere Stockwerk.
    »Alys, komm her«, brüllte ihr Gastgeber.
    Das Mädchen vom Brunnen flitzte aus einem Raum, in dem mehrere Leute miteinander redeten. Essensgerüche stiegen Juliane in die Nase und erneut knurrte ihr Magen.
    »Sorg dafür, dass sich dieser Schmutzfink wäscht und gib ihr frische Kleider.«
    Das Mädchen nickte und bedeutete Juliane, ihr zu folgen. Alys brachte sie in die Küche. Ein Kessel stand auf dem Herdfeuer, darin köchelte Wasser dampfend vor sich hin. »Bin gleich wieder da.« Alys verschwand und kam mit einem großen Bottich zurück. Sie ließ ihn auf die Holzdielen knallen und goss Wasser aus dem Kessel hinein. Als Juliane ihr dabei helfen wollte, warf ihr Alys einen bösen Blick zu. »Finger weg! Das ist meine Arbeit!«
    Juliane musterte das Mädchen. Alys trug ihr Haar zu einem festen Zopf geflochten. Obwohl schmächtig gebaut und in Kleider gehüllt, die farblos und nichtssagend wirkten, vermittelte sie durch ihr Auftreten Energie und Selbstbewusstsein. Im Moment wirkte Alys allerdings bloß genervt. Ich habe noch so viel zu tun und muss ausgerechnet jetzt Dienstmädchen spielen.
    Toll. Wirklich toll. Kaum angekommen, wurde ihr klargemacht, dass sie lästig war. Alys verschwand erneut und kehrte mit zwei vollen Eimern zurück. Als auch dieses Wasser im Bottich war, wandte sich Alys an Juliane. »Du kannst jetzt rein.« Sie zog unter ihrer Schürze ein Seifenstück hervor. Ihr Blick glitt spöttisch über Julianes Gestalt. »Damit geht der Dreck ab.«
    Alys verließ den Raum und Juliane schlüpfte so schnell wie möglich aus ihren Kleidern.
    Das Wasser erwies sich als lauwarm und die Größe des Bottichs erlaubte nicht, dass sie ihre Beine ausstreckte. Dennoch war es ein fantastisches Gefühl, endlich ein Bad nehmen zu können. Sie schrubbte sich, bis ihre Haut sich rötete. Das Wasser hatte sich inzwischen braun verfärbt und kühlte langsam ab, doch sie blieb in der Wanne hocken. Badetuch? Fehlanzeige. Na klasse. Und jetzt? Von draußen drangen
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