Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Zauberspiegel

Der Zauberspiegel

Titel: Der Zauberspiegel
Autoren: Lynn Carver
Vom Netzwerk:
Mann mit der Kapuze nicht leiden konnte.
    »Die Rebellen werden zunehmend von Ungeduld erfasst. Lange lassen sie sich nicht mehr durch die Prophezeiung hinhalten.«
    »Umso besser, wir werden sie zermalmen wie Ameisen, sollten sie es wagen …«
    »Genug, Hauptmann! Ich bin nicht hier, um Eure Vorstellungen einer Offensive gegen die Rebellen zu diskutieren.« Die Stimme des anderen Mannes klang eisig. »Hier in der Nähe gibt es einen Bauernhof, dessen Bewohner sich mit den Rebellen zusammentun.«
    Zusammengekauert hockte Juliane in ihrem Versteck, bis eine Gedankenwelle sie überrollte, so stark, so gewaltig, dass sie wie von einem Fausthieb getroffen umstürzte. Äste knackten, als sie zu Boden ging.
    Nie zuvor hatte sie etwas Vergleichbares gespürt. Es waren die Gefühle eines Wesens, dessen Geist erfüllt war von bedingungslosem Gehorsam für seinen Meister. Sie krümmte sich unter der fremdartigen Macht, die in ihren Kopf eindrang, darin wühlte und tobte wie ein reißender Sturm. Als sich ihre Sicht wieder klärte, entdeckte sie zwei Krieger, die sich mit gezogenen Schwertern ihrem Unterschlupf näherten. Die Visiere der Krieger waren offen und Juliane sah ihnen in die Augen. Ihr Blick tauchte in Schwärze, da war nichts, kein Mitleid, kein Zweifel, keine Überraschung. Sie schienen ihr wie Tötungsmaschinen. Todesangst erfüllte sie und jede Faser schrie ihr zu, zu fliehen. Juliane warf sich herum und kroch von Panik getrieben durch die Hecke. Hinter sich hörte sie das Brechen und Knacken der Zweige, während die Soldaten mit ihren Waffen im Gebüsch herumstocherten.
    Juliane durchquerte das Strauchwerk, dann rannte sie blindlings in den Wald.
    »Ihr Dummköpfe, da läuft ein Mädchen! Holt sie zurück«, brüllte der Maskierte.
    »Auf die Pferde! Wir fangen sie am Waldrand ab«, befahl der Hauptmann.
     
    Juliane keuchte. Sie war in der Leichtathletikabteilung des Sportvereins, doch sie hatte nie gedacht, dass ihr dieses Hobby eines Tages nützlich sein könnte. Bald würde sie den Waldrand erreichen. Wenn sie Pech hatte, warteten dort die schwarzen Ritter auf sie. Die Soldaten verfolgten sie nicht, da dichte Hecken und Büsche ihnen den Weg versperrten, doch sie war nicht so dumm zu glauben, ungeschoren davonzukommen.
    Kurz hielt sie inne und blickte sich um. Da entdeckte sie den Waldrand und sammelte noch einmal ihre Kräfte, ehe sie lossprintete. Sie sah niemanden und wähnte sich bereits in Sicherheit, als sie die harsche Stimme eines Verfolgers vernahm. Ihr Herz raste, kalter Schweiß brach aus, während sie sich nach einem geeigneten Versteck umsah. Instinktiv entschied sie, wieder im Wald zu verschwinden und lief los, als sie plötzlich ins Leere trat.
    Juliane stürzte über eine Böschung und landete der Länge nach in einem Schlammloch. Benebelt vom Schmerz des Aufpralls und dem widerlichen Gestank in der Grube, stöhnte sie innerlich auf, und erstarrte, als sie über sich abermals Stimmen hörte.
    »Sie ist verschwunden.«
    »Unmöglich, das ist nur ein Mädchen!«
    Juliane blinzelte, als sie unvermittelt in zwei winzige Äuglein über einem feuchten, rosa Rüssel blickte. Das Schwein schien sich kein bisschen an ihr zu stören, denn es glitt neben ihr in den Schlamm und wälzte sich genüsslich. Weitere Borstentiere tauchten auf, und mit ihnen ein menschliches Beinpaar oberhalb des Schlammlochs. Er sah sie und wandte sich rasch ab. Sie verhielt sich mucksmäuschenstill.
    »Wer bist du?«, fragte der Mann, der vom Hauptmann Skale genannt worden war.
    »Ranon, der Schweinehirt, edle Herren.« Der Unbekannte besaß eine angenehme Stimme. Vertrauenerweckend und jung.
    »Hast du jemanden aus dem Wald laufen sehen?« Der Anführer der schwarzen Reiter wirkte gereizt. Juliane hielt den Atem an. Würde dieser Ranon sie verraten? Oder für sie lügen?
    »Nein, Herr«, antwortete der Schweinehirt.
    »Sie ist bestimmt auf die andere Seite des Waldes geflüchtet, Hauptmann«, warf einer der Soldaten ein.
    Skale beachtete ihn nicht. Seine nächsten Worte galten Ranon. »Du belügst uns doch nicht, Schweinehirt?«
    »Ganz bestimmt nicht, Herr«, sagte der Schweinehirt und es schwang Furcht in seiner Stimme mit.
    Ein dumpfer Schlag, auf den ein Stöhnen folgte, veranlassten Juliane, sich tiefer in den Matsch zu drücken.
    »Ich habe niemanden gesehen«, wiederholte Ranon gepresst.
    Ein Schwert wurde aus seiner Scheide gezogen. Das metallische Scharren fuhr Juliane durch und durch. Sie straffte sich in dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher