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Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore

Titel: Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore
Autoren: Thomas A. Barron , Irmela Brender
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fein geschwungenen Hals wagte er sich noch nicht. Das Holz zitterte ganz leicht in seinen Fingern. Plötzlich wurde ihm klar, dass es von ihm etwas
wissen wollte
– eine Frage, die zwischen Holz und Hand lag.
    Eine Harfe
, antwortete er in der gleichen stillen Sprache, die ihm half, mit Geschöpfen aller Art zu sprechen.
Werde eine Harfe. Eine, die leicht zu halten und schön zu spielen ist. Eine, die Elli endlos Freude machen wird.
    Das Holz gab einen gehauchten, seufzenden Ton von sich. Die dunkelbraune Maserung schien sich neu zu ordnen, in Tamwyns Hand formte sie sich magisch. Und er wusste ohne jeden Zweifel, dass hier das schönste Ding entstand, das er je geschnitzt hatte.
    Gerade richtig für sie
, sagte er sich. Dann stieß er einen Seufzer aus und zerteilte damit den Dampf von der heißen Quelle. Wenn die Harfe gut gelang, würde es weniger seiner eigenen Kunstfertigkeit zu verdanken sein als dem Holz, das wusste er. Wieder brauchte er ein magisches Objekt, um etwas richtig zu machen. Nicht seine eigene Magie, seine eigene Kraft.
    Sein Blick wanderte zu dem alten Stab, der auf dem Moos neben ihm lag. Dampfschwaden wellten sich um denStock und verhüllten teilweise die grünen Runen, die für Merlins sieben Lieder standen und dem Stab ein unheimliches, geheimnisvolles Aussehen gaben, als würde er mehr zur Anderswelt gehören als zu dieser. Und vielleicht war es so. Denn das war Merlins eigener Stab, der legendäre Ohnyalei, dessen Name in der alten Sprache Fincayras
Geist der Gnade
bedeutete.
    Tamwyn runzelte die Stirn. Wie sehr wünschte er sich, diesen Stab wahrhaft zu verdienen! Ein richtiger Zauberer zu sein – jemand, der seine Kräfte völlig meisterte, der mit Magie genauso selbstbewusst umgehen konnte wie er jetzt mit dem Messer eines Holzschnitzers. Jemand, der sich der Krise stellen konnte, die seiner Welt bald begegnen würde – in wenigen Wochen, wie Rhita Gawr geprahlt hatte.
    Beim Trödel der Trolle!
, fluchte er vor sich hin.
Hör auf zu träumen, ja? Du bist der Letzte, der möglicherweise helfen könnte.
    Vielleicht, dachte er grimmig, hatte er wirklich keine andere Wahl, als sein Schicksal anzunehmen
. . .
und als Kind der dunklen Prophezeiung Avalons Ende zu bewirken. Obwohl die Herrin vom See ihm gesagt hatte, er könne sein eigenes Schicksal wählen, schien die Prophezeiung immer unentrinnbarer zu sein.
    Ein eisiger Windstoß fuhr über den Berggipfel, er schleuderte Schnee und Eis über die Felsen außerhalb der überstehenden Steinplatte. Selbst an diesem Zufluchtsort blies Schnee in die heiße Quelle und ließ das Wasser wütend zischen. Dampf verteilte sich, Shims weißes Haar sträubte sich und all die winzigen Farne auf der Platte schauderten gleichzeitig.
    Aus Gewohnheit schaute sich Tamwyn nach Holz zum Feuermachen um. Aber hier war nichts, das er mit seinen Eisensteinen entfachen konnte.
Ein richtiger Zauberer bekäme auch ohne Holz ein Feuer zustande
, sagte er sich missmutig. Und die einzige magische Flamme, die er je entfacht hatte, war nur ein Bild gewesen – eine
Illusion
, wie Nuic sie lieber genannt hatte. Nicht das Wahre.
    Wütend schlug Tamwyn mit der Faust aufs Moos. Denn insgeheim wusste er, dass zwischen ihm und der Zauberei – zwischen ihm und einer sicheren Methode, seine Welt zu retten – nicht mangelnde Fähigkeit stand. Nein, was ihn vor allem zurückhielt, war etwas sehr Menschliches. Etwas, dass sich im schlimmstmöglichen Augenblick dort draußen auf dem Sternguckerstein gezeigt hatte.
    Angst.
    Angst, dass seine Kräfte sich nie so beherrschen oder lenken ließen, wie er es wollte. Und, noch schlimmer, dass sie sich unangekündigt, völlig ungewollt entfalten und denen schaden könnten, die er am meisten liebte. Elli zum Beispiel.
    Doch
. . .
wenn er keine Möglichkeit fand, diese Kräfte zu beherrschen, wie konnte er dann Avalon in dieser Zeit der Not helfen? Oder vermeiden, die dunkle Prophezeiung zu erfüllen? Und, nahe liegender, wie konnte er dann je mit Elli zusammen sein? Oder hoffen, seinen Vater zu finden?
    Plötzlich schoss etwas schnell wie ein Pfeil unter die vorstehende Platte. Es glühte und ließ eine grüne Lichtspur hinter sich, während es durch den Dampf schwirrte und Tamwyn hart an der Brust traf. Wie sein Vater im Traum zuckte er vor Schmerz zusammen und beugte sich vornüber.

3
Sternenlicht und Fackellicht
    S töhnend rieb sich Tamwyn die schmerzende Stelle. Das glühende grüne Geschoss, das ihn getroffen hatte, prallte ab,
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