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Der Zauber des Engels

Der Zauber des Engels

Titel: Der Zauber des Engels
Autoren: Rachel Hore
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den Eindruck, dass er mich mochte.
    Jeremy und Sarah ließen keinen Ton über meine Abwesenheit verlauten. Aber vielleicht hatten sie gar nicht mitbekommen, dass ich nicht im Bett gewesen war.
    In den nächsten Tagen verbrachten wir so viel Zeit wie möglich zusammen. Allerdings handelte es sich wegen der Proben zu einem Weihnachtskonzert in der Wigmore Hall, an dem ich teilnehmen würde, und Zacs Reisevorbereitungen nur um wenige Stunden.
    »Ich bleibe nur so lange weg, wie ich muss«, beteuerte er und strich mir übers Haar. Es war Dienstagnachmittag, und wir saßen auf einer Bank im St. James’s Park. Es war dieselbe Bank, auf der Michael damals gesessen hatte. »Dann komme ich sofort zurück, ich versprech’s.«
    Ich öffnete den Mund, um zu protestieren, doch dann sah ich sein Gesicht. Er hielt seine Gefühle zurück, und ich wusste, dass ich nichts sagen durfte. Mir stand eine schwere Zeit bevor, aber für ihn würde sie noch viel schwerer sein. Er befand sich vor einer Reise ins Unbekannte, und ich musste ihn unterstützen. Ich umarmte ihn wortlos, und er drückte mich so fest an sich, dass es wehtat.
    An seinem letzten Abend kam Zac zum Abendessen ins Pfarrhaus. Jo kam ebenfalls und brachte Dominic mit. Auch wenn wir nie darüber gesprochen hatten, war klar, dass meine neuen Ersatzeltern Zac in den letzten Wochen ins Herz geschlossen hatten. Als ich ihnen etwas verlegen gestanden hatte, dass sich unsere Beziehung verändert hatte, hatte Sarah ihn sofort in die Familie integriert. Sie hatte ihm die Adresse von Freunden gegeben, die in Melbourne lebten und sofort angeboten, ihn bei sich aufzunehmen. Außerdem nähte sie einen Riss in seiner alten Jacke, was ich niemals gekonnt hätte. Und er erst recht nicht.
    Sowohl Jo als auch Dominic hatten sich auf ihre ganz eigene Weise verändert. Jo wirkte glücklicher, ja, sie war fast wieder die Jo, die ich aus Schulzeiten kannte, auch wenn ab und zu noch eine gewisse Zurückhaltung aufblitzte. Dominic schien das nicht zu belasten. Er ging wieder zur Arbeit, sein Leben war entspannter, seit seine Mutter in einem Heim untergebracht war. Jo wollte in der Zeit, bis sie ihren neuen Job antrat, eine Weile nach Horsham fahren, um seiner Schwester beim Ausräumen des Hauses zu helfen. Maggie wurde in diesem Stadium ihrer Schwangerschaft schnell müde.
    »Was proben wir denn als Nächstes im Chor?«, fragte ich Dominic irgendwann.
    »Den Messias «, antwortete er. »Der ist sehr beliebt und relativ leicht zu singen. Übrigens habe ich mir die ausgefüllten Fragebogen mal angesehen.«
    »Und?«
    »Ganz unterschiedlich«, erklärte er. »Einerseits hat Ben Grund, sich zu freuen, denn alle finden, dass er ein hervorragender Chorleiter ist. Aber er wird auch enttäuscht sein. Einige teilen zwar seine Vision und wünschen sich, dass der Chor groß und berühmt wird, aber die meisten möchten, dass alles so bleibt, wie es ist. Manche beklagen sich auch, dass die Mitgliedsbeiträge schon jetzt zu hoch sind.«
    »Also das, was wir erwartet haben«, meinte Jeremy Quentin und schnitt ein Stück Lammbraten ab. »Ich hoffe bloß, Ben ist darüber nicht allzu frustriert. Er ist ein ausgezeichneter Organist. Wir können uns glücklich schätzen, ihn zu haben.«
    »Willst du weiter im Chor mitsingen?«, fragte Zac mich in einem ruhigen Moment, als Jo und Dominic gegangen waren.
    Ich überlegte kurz. Eigentlich schon, denn das Singen in der Gemeinschaft hatte mir viel Spaß gemacht. »Hättest du was dagegen?«
    Er antwortete nicht gleich, und ich wusste, dass ihm die Vorstellung nicht gefiel, dass ich Ben weiterhin regelmäßig begegnete. »Du musst das tun, was du tun möchtest«, sagte er schließlich und lächelte. »Was es auch ist, ich habe nichts dagegen.« Damit sagte er Ich vertraue dir , und dafür liebte ich ihn.
    »Vielleicht habe ich mit meinen Orchesterverpflichtungen und der Arbeit im Laden gar nicht die Zeit dazu. Aber ich würd’s gern versuchen. Ich liebe den Messias .« Tatsächlich kannte ich ihn in- und auswendig. Vielleicht würde es ja reichen, wenn ich nur ab und zu zur Probe erschien.
    Am nächsten Morgen fuhren Zac und ich mit dem Taxi durch die frühmorgendliche Dunkelheit zum Flughafen. Es war schrecklich zuzusehen, wie er zum Sicherheitsbereich ging, sich umdrehte, ein letztes Mal winkte und dann in der Menschenmenge verschwand.
    Weihnachten war eine schwere Zeit für mich. Kein Dad, kein Zac, kein Zuhause. Auch für die Quentins war es nicht ganz einfach. Sie
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