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Der Zauber des Engels

Der Zauber des Engels

Titel: Der Zauber des Engels
Autoren: Rachel Hore
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vorlegen müssen.
    »Ich wünschte, Jo hätte nicht gekündigt«, hatte Jeremy erst letzte Woche gesagt. »Sie ist eine ausgezeichnete Sozialarbeiterin – genau die richtige Person für diese Stelle.«
    »Sie hat eine Reihe Bewerbungsgespräche vor sich«, konnte ich ihm berichten. »Sie wird schon klarkommen.«
    Jetzt sah ich zu, wie sie sich an den Notenständern vorbei zur ersten Bank schlängelte, wo sie Dominic half, die Notenhefte in Kartons zu stapeln. Sein langer Schal war ihm im Weg, und sie nahm ihn und schlang ihn einmal um seinen Hals. Vielleicht waren sie noch immer bloß Freunde – das hatte sie mir jedenfalls gesagt. Aber ihr fürsorglicher Blick und die Art, wie er sie ansah, als sie die Fransen in den Kragen steckte, ließen darauf schließlich, dass ihre Freundschaft sich zu etwas Neuem entwickelte. Der gute alte Dominic. Ich war sicher, dass Mrs. Pryde mit ihm zufrieden sein würde.
    Ich reichte meinen Stuhl gerade an jemanden aus Michaels Helferteam weiter und nahm meinen Mantel, als ich hinter mir eine Stimme hörte. »Fran?«
    »Hallo.« Ich wirbelte herum. »Zac!« Nach kurzem Zögern umarmten wir uns.
    »Ihr wart absolut fantastisch«, sagte er. »Ich habe das Stück noch nie gehört. Es ist faszinierend.«
    »Danke.« Ich lachte und fühlte mich auf einmal sehr glücklich.
    »Ich …«, er zögerte schon wieder, »ich wollte dich fragen, ob du Lust hast …«
    »Fran, da bist du ja!« Ben eilte strahlend auf mich zu und fiel mir um den Hals. »Entschuldigung, dass ich störe«, murmelte er in Zacs Richtung, ehe er mich einfach mitriss. Ich drehte mich um und versuchte, Zac ein Zeichen zu geben. Er sah wütend aus, aber Ben zog mich gnadenlos weiter.
    »Du kommst doch noch mit auf die Party, oder?«, fragte er. »Ich will dir unbedingt ein paar Leute vorstellen. Den Mann, der im Moment die Philharmoniker dirigiert, und seine Frau. Sie arbeitet in irgendeiner gehobenen Position an der Oper.« Er tat so, als sei nie etwas passiert, und wickelte mich in Sekundenbruchteilen um den kleinen Finger. Sein Charme war einfach unwiderstehlich. Ich spürte seine warme, kräftige Hand durch den Stoff meiner Seidenbluse, atmete seinen herben Geruch ein. Wir bewegten uns in Richtung Tür. Ich sah das Licht im Pfarrsaal und die anderen Chormitglieder, die Folien von Platten mit Snacks zogen.
    Ben redete immer weiter auf mich ein. »Dieser Mann, den du gleich kennenlernen wirst … er hat mich eingeladen, die Orgel in …«
    An der Schwelle zum Pfarrsaal blieb ich kurz stehen und hatte plötzlich ein Déjà-vu-Erlebnis. Erst vor drei Monaten hatte ich hier gestanden und auf Zac gewartet. Ich hatte zugeschaut, wie sich der Chor im Pfarrsaal versammelt hatte, hatte Jo wiedergesehen und wenig später Ben zum ersten Mal getroffen. Ich hatte auf Zac gewartet …
    Trotz Bens festem Griff drehte ich mich um, schaute zurück in die Kirche. Dort stand Zac mit verschränkten Armen. Sein sonst so strubbeliges Haar war glatt gekämmt, er sah uns stirnrunzelnd nach und wirkte sehr einsam.
    »Komm schon, Fran«, drängte Ben und zerrte mich weiter. Aber das wäre falsch, wie mir schlagartig klar wurde. Ben konnte mich nicht mehr fesseln.
    »Ben«, sagte ich und entzog mich ihm. »Es tut mir leid, ich komme nicht mit auf die Party.«
    »Was?« In diesem Augenblick sah auch er Zac. »Oh«, meinte er überrascht. »Verstehe.« Und dann lief er weiter und tauchte ein in das Meer seiner Bewunderer.
    Langsam ging ich zurück in die Kirche. »Es tut mir leid«, sagte ich zu Zac und fühlte mich plötzlich befangen. »Ben lässt einfach keine Zurückweisung zu.«
    Zacs versteinerter Blick verwandelte sich in ein Lächeln. »Es hat aber reichlich lange gedauert, bis du das kapiert hast.«
    Ich lachte. »Also, wohin gehen wir?«
    »Ich dachte schon, du würdest nie fragen.« Nun lachte auch er. »Ich hab doch versprochen, dich zum Essen einzuladen. Zehn Uhr ist zwar schon ziemlich spät, aber ich möchte gern etwas mit dir besprechen.«
    »Okay.« Wie geheimnisvoll. »Ich kenne eine gute Tapas-Bar«, sagte ich. Der Laden, in dem ich zusammen mit Jo gewesen war, fiel mir wieder ein. »Dann brauchen wir keine komplette Mahlzeit mehr zu bestellen.«
    »Klingt perfekt. Dann los.« Er half mir in den Mantel.
    »Hätte ich mich umziehen sollen?« Ich schaute auf meinen langen schwarzen Rock.
    »Unfug, du siehst super aus.« Und er meinte es auch so.
    Er wartete, bis ich fertig war, dann eilten wir in die eisige Nacht hinaus, ohne einen
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