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Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For

Titel: Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For
Autoren: Alexandra Potter
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untrügliche Atmosphäre von Langeweile.
    »… und dann flog diese Taube vom Fensterbrett und landete direkt auf meiner Schulter.« Ich sehe zu, wie er sich weiterquält, ehe mein Blick durch die Rauchschwaden zu den gelb-rosafarbenen Postern an den Wänden wandert, auf denen wie auf dem Flyer Gabes Silhouette und die Worte »Engel Gabriel« zu erkennen sind.
    Ein Anflug von Stolz erfasst mich bei ihrem Anblick. Er hat all das ganz allein auf die Beine gestellt - die Flyer gedruckt, Poster organisiert, sich ein Programm einfallen lassen. Und er ist den ganzen Weg aus L.A. gekommen, um in Edinburgh aufzutreten. Natürlich hat er mir all das erzählt, aber erst jetzt wird es für mich real. Beeindruckt sehe ich mich um. Es müssen an die 20 Gäste hier sein, das heißt, die Bar ist bei weitem nicht brechend voll, trotzdem ist es eine respektable Anzahl für einen so kleinen Raum. Und sie haben alle bezahlt, um Gabe zu sehen, stelle ich mit einer gewissen Befriedigung fest, als der taubenbesessene Comedian unter mäßigem Applaus von der Bühne verschwindet und keiner der Gäste aufsteht.
    Das bedeutet, sie sind wegen Gabe hier.
    Ich suche den Raum nach einem Platz ab, wo ich mich hinstellen kann. Auf dem Weg hierher habe ich beschlossen, bis zum Ende seines Auftritts zu warten, bevor ich zu ihm gehe, aber ich brauche einen Platz, um Fotos machen zu können, wo er mich nicht sieht. Wahrscheinlich ist er sehr nervös. Und falls nicht - ich bin es jedenfalls sehr.
    Eine dunkle Nische auf der anderen Seite der Bar erscheint mir perfekt, also schiebe ich mich an einer Gruppe Mädchen vorbei, die rauchend und plaudernd an der Bar sitzt.
    »Ohh, habt ihr Puppetry of the Penis gesehen?«
    »Nein, es war ausverkauft. Deshalb sind wir hierhergekommen.«
    »Taugt der Kerl, der gleich kommt, etwas?«
    »Keine Ahnung.«
    Ich horche auf. Sie reden über Gabe. Langsam schiebe ich mich an ihnen vorbei, so dass ich zuhören kann.
    »Wen kümmert’s? Der Eintritt war umsonst.«
    »Du meinst, du hast nichts bezahlt?«
    »Nein. Irgendein Amerikaner hat sie vorhin verschenkt.«
    Sie sagt das so beiläufig, so lässig, doch als die Worte irgendein Amerikaner über ihre Lippen kommen, spüre ich, wie mein Magen sich verkrampft. Sie meint Gabe. Und wenn er Eintrittskarten verschenkt, bedeutet das, dass sein Programm nicht gut läuft. Ich zögere, als sich meine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten, ehe das Licht ausgeht. Eilig ziehe ich mich in die Nische zurück. Oh Scheiße, jetzt kommt’s.
    Ein Moderator erscheint mit einem Glas Guinness in der Hand auf der Bühne und greift nach dem Mikrofon. »Sehen wir den Tatsachen ins Auge - das Leben kann ziemlich trostlos sein …«
    Zustimmendes Gemurmel erhebt sich unter den Zuschauern, vermischt mit einigen Kommentaren über den letzten Comedy-Künstler, bei denen sich mir die Zehennägel aufrollen.
    »… genau aus diesem Grund brauchen Sie unseren nächsten Comedy-Künstler, um Sie zu retten. Also, hören wir uns an, was Engel Gabriel zu sagen hat …«
    Ich hätte ihn aufhalten müssen. Ich hätte etwas unternehmen müssen … Ich hätte …
    Als Gabe die Bühne betritt, vergesse ich zu atmen. Er sieht noch hinreißender aus als in meiner Erinnerung. Ich hatte erwartet, dass er diesen grässlichen Anzug trägt, von dem er glaubt, er lasse ihn cool und kantig wirken, stattdessen erscheint er in Jeans und einem grauen Sweatshirt. Wie üblich steht sein Haar in sämtliche Richtungen ab, aber zumindest hat er sich rasiert, und als er sich die Brille wie ein Zwölfjähriger hochschiebt, erwachen spontan meine Beschützerinstinkte.
    Und meine aufrichtige Zuneigung für ihn.
    »Hi, es ist toll, hier zu sein. Dies ist mein erster Besuch in Edinburgh. Ist jemand aus Edinburgh hier?«
    Gelangweiltes Schweigen.
    Meine schlimmsten Befürchtungen verschlimmern sich noch ein wenig mehr.
    »Ich bin aus Kalifornien und habe die letzten paar Wochen in London gewohnt. London ist wirklich toll. Big Ben, Leicester Square, obwohl ich zugeben muss, dass mich der Piccadilly Circus ein wenig enttäuscht hat - weit und breit kein Clown oder eine dressierte Robbe …« Er lächelt - und ich muss zugeben, dass er in Kombination mit seinem gedehnten Akzent und seiner leicht melancholischen Darbietungsweise ansatzweise komisch ist. Aber ansatzweise komisch reicht nicht aus, um dieses Publikum wieder zum Leben zu erwecken, das Mr. Taube zuvor zu Tode gequatscht hat. Ich sehe mich in dem kleinen dunklen Raum um. Kaum
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