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Der Wunschtraummann

Der Wunschtraummann

Titel: Der Wunschtraummann
Autoren: Alexandra Potter
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erscheint sie in meinem Türrahmen.
    »Da bist du ja!«, ruft sie.
    Ich klebe immer noch an der Mattscheibe, und sie wirft ebenfalls einen Blick auf den Bildschirm.
    »Das ist er doch, oder?«, fragt sie nach kurzem Schweigen. Ich habe ihr letzte Woche die ganze lange Fergus-Geschichte erzählt.
    Ich nicke wortlos.
    »Und? Hat er sich gemeldet?« Hoffnungsvoll zieht sie die Augenbrauen hoch.
    Ich schüttele den Kopf. »Und das wird er auch nicht«, erkläre ich resigniert.
    Sie lässt sich auf das Bett fallen und drückt mir tröstend den Arm.
    »Na ja, dann ist ja gut, dass ich da bin, ich habe nämlich was zur Aufmunterung mitgebracht«, sagt sie und lächelt mir zu.
    »Diesmal brauche ich aber mehr als eine Tüte Malteser«, sage ich mit einem schiefen Lächeln, wohl wissend, dass die Schokoknusperbällchen ihr erprobtes Allheilmittel sind.
    »Nein, viel besser.« Sie kramt in ihrer Tasche herum, die riesig ist und vollgestopft mit irgendwelchem Krimskrams, um schließlich eine Zeitschrift herauszuziehen. »Ta daaah!«
    Ich schaue sie verständnislos an. »Eine Zeitschrift?«
    »Das ist nicht bloß irgendeine Zeitschrift, das ist mein Blatt! Eigentlich kommt sie erst morgen raus, aber ich habe ein Vorabexemplar bekommen, und schau mal, da ist mein Artikel«, sagt sie, blättert rasch zu der betreffenden Seite um und legt mir das Heft aufgeschlagen vor die Nase.
    »Das ist ja toll, Fiona«, lobe ich sie, und mein Blick wandert über die Models, die mit verschiedenen Kosmetikprodukten posieren. Es ist wirklich toll – aber ehrlich gesagt, Fiona hat schon Hunderte solcher Fotoshootings gemacht, ich weiß gar nicht, warum sie ausgerechnet um dieses so einen Wirbel macht.
    »Nein, ich meine doch nicht meinen Kram«, ruft sie, als sei sonnenklar, worauf sie hinauswill. Energisch blättert sie um. »Ich rede von deiner Tasche! Guck!«, ruft sie und tippt nachdrücklich mit dem Finger auf das Blatt.
    Ich schaue hin, und tatsächlich, da auf dem Foto, das eine ganze Hochglanzseite einnimmt, ist ein Model, das meine Tasche über die Schulter geschlungen hat.
    »Wow, ja«, sage ich mit einem freudigen Kribbeln. Fiona hat mir die Tasche schon vor ein paar Tagen zurückgegeben, aber es ist wirklich eigenartig, sie nun auf einem Foto in einer Zeitschrift zu sehen. »Sieht gut aus, oder?«
    »Gut? Sie sieht fantastisch aus!«, schimpft Fiona und blättert auf die nächste Seite um. »Und schau mal, der Stylistin hat sie so gut gefallen, dass sie das gute Stück gleich noch mal verwendet hat.«
    Himmel. Tatsächlich. Wie betäubt starre ich auf die verschiedenen Farbfotos: Da ist eins, auf dem ist meine Tasche vollgestopft mit Kosmetika, und auf einem anderen kullert alles heraus, sodass man das Futter sieht; und dann ist da noch eine Nahaufnahme, auf der man die winzigen Pailletten sieht; und auf einem weiteren Foto trägt das Model die Lederriemen auf der nackten Haut … Ich könnte platzen vor Stolz. Ich wusste, dass dieses Stück mir gelungen ist, aber trotzdem, die Tasche sieht noch viel besser aus, als ich es mir je erträumt hätte.
    »Und das ist noch längst nicht alles«, verkündet Fiona. Sie blättert weiter bis zum Ende dieser Fotosession und weist auf die Quellenangaben. Fotograf: Jean-Claude. Model Amy@TrueInc. Stylistin: Amy Woods. Redakteurin: Fiona Mannering. Tasche: Tess Connelly.
    »Ach du liebe Güte«, japse ich und starre verdattert auf das Blatt. Mein Name steht in einer Zeitschrift, und zwar wegen meiner Tasche; wegen etwas, das ich gemacht habe.
    »Ist das nicht toll?«, schwärmt Fiona.
    »Warte, bis ich meinem Opa das sage, der glaubt mir kein Wort«, rufe ich ganz aufgeregt. Aber wie ich meinen Opa kenne, glaubt er mir. Er hat immer schon allen erzählt, ich hätte Talent; er hat immer daran geglaubt, dass ich es schaffe. Genau wie Fergus. Beim Gedanken an ihn werde ich kurz ganz traurig. Ihm kann ich es nicht sagen. Mit ihm kann ich diesen Erfolg nicht teilen.
    Wieder werfe ich einen Blick auf den Fernseher, dann schalte ich ihn ab. »Weißt du was, ich glaube, ich gehe heute mal früh ins Bett«, sage ich und klappe die Zeitschrift zu.
    »Zu viel Aufregung, hm?«, meint Fiona grinsend.
    »Ja, so ungefähr«, entgegne ich und erwidere ihr Lächeln. Und es stimmt ja auch, das ist alles sehr aufregend. Meine Tasche in Saturday Speaks . Nicht schlecht für meinen ersten Versuch. Man weiß ja nie, womöglich ist das der erste Schritt zur Erfüllung meines Traums, nämlich tatsächlich mal meine eigenen
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