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Die Rückkehr Des Bösen

Die Rückkehr Des Bösen

Titel: Die Rückkehr Des Bösen
Autoren: Alex Kava
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1. KAPITEL
    Freitag, 2.Juli
    Eppley Airport
    Omaha, Nebraska
    Monsignore William O’Sullivan war sicher, dass ihn niemand erkannt hatte. Woher aber rührte dann seine feuchte Stirn? Dabei hatte er noch nicht einmal die Sicherheitsschleuse passiert. Damit wollte er warten, bis seine Abnugzeit näher gerückt war – nur für den Fall, dass irgendjemand ihn womöglich doch noch entdeckte. Außerhalb des Sicherheitsbereichs konnte er immer noch vorgeben, er hole bloß einen Bekannten ab. Dass er die Stadt verließ, das ließ sich hier noch verheimlichen.
    Unruhig rutschte er auf dem Kunststoffsessel herum, seine lederne Aktenmappe eng an die Brust gepresst. So fest, dass es ihm vorkam, als zerdrücke sie ihm die Lungen und riefe erneut jenes schmerzhafte Stechen etwas tiefer hervor, das er vorhin vielleicht doch etwas zu voreilig als Sodbrennen abgetan hatte. Ach was, natürlich war es ja auch nichts anderes. Er war es schlichtweg nicht gewohnt, ein derart üppiges Mittagsmahl zu sich zu nehmen. Aber er würde während des Fluges nach New York und anschließend weiter nach Rom nur die übliche Bordverpflegung vorgesetzt bekommen, und dieses pappige Zeug würde seinem überempfindlichen Magen noch weit mehr zu schaffen machen als Sophias Hackbraten mit Kartoffelpüree.
    Natürlich, versuchte er sich zu beruhigen, bestimmt liegt’s daran, dass dir so kodderig ist. Er ließ seinen Blick auf der Suche nach einer Toilette durch die belebte Abflughalle schweifen und seufzte, als er das Piktogramm ausgerechnet am anderen Ende entdeckte. Er schob Daumen und Zeigefinger unter den unteren Rand seiner Nickelbrille und massierte sich die Müdigkeit aus den Augen. Dann starrte er wieder quer durch die Halle auf die gegenüberliegende Seite.
    Der direkte Weg schied aus, denn er wollte auf gar keinen Fall Gefahr laufen, von der drallen Schwarzen angesprochen zu werden, die gerade dabei war, kleine Broschüren an jeden zu verteilen, der zu höflich war, „Nein“ zu sagen. Das Haar zu kleinen Zöpfen gedreht, mit bunten Kügelchen verziert, trug sie offensichtlich ihr bestes Sonntagskleid, einen Fummel mit violetten Klecksen, die ihre Hüften noch ausladender wirken ließen, dazu allerdings durchaus geschmackvolle Schuhe. Darf ich Ihnen etwas zu lesen anbieten?“, säuselte sie mit heller Stimme und bedachte ihre Opfer – auch jene, die nur mit abwehrendem Grunzen reagierten – anschließend mit einem geradezu melodisch klingenden „Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag“.
    Um was es sich bei ihren Broschüren handelte, konnte sich Monsignore O’Sullivan denken. Vermutlich war die Frau eine von diesen neumodischen Missionarinnen von eigenen Gnaden. Ob sie, wenn er an ihr vorbeiginge, vielleicht spüren würde, dass es diesbezüglich eine gewisse Verbindung zwischen ihnen gab? Beide waren sie Geistliche, die es als ihre höchste Aufgabe empfanden, Gottes Wort zu verbreiten. Sie in eleganten Schuhen, er mit einer Ledermappe voller Geheimnisse.
    Er sah hinüber zu dem Süßigkeitenstand auf der linken Seite, vor dem eine Schlange von Zombies geduldig anstand und nach dem nachmittäglichen Energieschub gierte. Er musste unweigerlich an Drogenabhängige denken, die sich kurz vor dem Abflug noch eine letzte Dosis besorgen. Er ließ den Blick nach rechts zum Eingang des Zeitschriftenladens schweifen, schlug aber blitzschnell die Augen nieder, als er bemerkte, dass ein hoch gewachsener Junge in seine Richtung sah. Um seine schmalen Hüften schlabberte eine viel zu weite, ausgewaschene Jeans, und unter seiner Baseballcap lugte speckig wirkendes, langes blondes Haar hervor. Ob er ihn erkannt hatte? Trotz seiner unauffälligen Straßenkleidung?
    Mit verkrampftem Magen fixierte O’Sullivan angestrengt die Spitzen seiner Schuhe. Sein Polohemd – ein Geschenk von seiner Schwester – klebte ihm auf dem schweißnassen Rücken. Wieder kam aus den Lautsprechern die Durchsage, die alle Reisenden mahnte, ihr Gepäck tunlichst nicht unbeaufsichtigt zu lassen. Krampfhaft umklammerte er seine Aktenmappe, wobei er erst jetzt feststellte, dass auch seine Handflächen ganz feucht waren. Wie in aller Welt hatte er bloß glauben können, dass es ganz einfach war, sich davonzumachen, ohne jemandem aufzufallen? Dass es ein Klacks sei, sich kurzerhand in einen Flieger zu setzen und frei zu sein, entledigt von allem, das hinter ihm lag?
    Doch als Monsignore O’Sullivan wieder aufsah, war der junge Mann verschwunden. Reisende hasteten vorbei, ohne
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