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Der Wüstenpalast

Der Wüstenpalast

Titel: Der Wüstenpalast
Autoren: Lynne Graham
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halber Franzose war.
    Er warf ihr einen schrägen Blick zu. “Ich ähnele meinem Vater, nicht meiner Mutter.”
    “Wie lange waren sie verheiratet?”
    “Länger, als ihr lieb war, denn sie wurde gleich im ersten Monat schwanger. Sie verließ Datar, als ich zwei Wochen alt war.”
    “Dein Vater hätte ihr sicher nicht gestattet, dich mitzunehmen”, vermutete Bethany.
    “Das wollte sie gar nicht. Ein Mischlingskind wäre ihr peinlich gewesen. Es war viel einfacher für sie wieder zu heiraten, ohne mich im Schlepptau zu haben.”
    “Hat dein Vater dir das gesagt?”
    “Du würdest am liebsten meinem Vater die gesamte Schuld in die Schuhe schieben”, seufzte Razul entnervt. “Er hat sie sehr geliebt. Ein älterer Mann, der vielleicht nicht viel wusste über die westlichen Frauen, aber höchst empfindlich war gegenüber einer solchen Zurückweisung. Und dass sie auch mich zurückgewiesen hatte, war für ihn die schlimmste aller Wunden.”
    Bethany, die sich ertappt fühlte, wurde verlegen. “Hast du jemals Kontakt mit ihr aufgenommen?”
    “Einmal. Ich bin hingefahren, obwohl mein Vater mich gewarnt hatte, dass es töricht sei.” Mit seinen schlanken Fingern hielt Razul das Glas umklammert und lachte ironisch. “Ein Skelett, das sich plötzlich aus dem Grabe erhoben hat, hätte ihr keinen größeren Schrecken einjagen können, als ich es getan habe. Sie erinnert sich nicht gerne daran, dass es jemals eine andere Ehe und ein anderes Kind gegeben hat, weil ihr Mann unsere Rasse nicht liebt. In meiner Gegenwart hat sie ihrer Bediensteten das Versprechen abgenommen, über meinen Besuch Stillschweigen zu bewahren.”
    “Wie schrecklich!”, rief Bethany hitzig aus, entsetzt, dass eine Mutter ihrem Sohn so etwas antun konnte.
    “Du klingst, als würde dir das wirklich etwas ausmachen,
aziza.”
    Ihr Blick traf sich mit dem seinen, und sie schaute rasch weg. “Natürlich tut es das. Eine solche Erfahrung würde ich nicht mal meinem ärgsten Feind wünschen.”
    “So sehr habe ich nicht gelitten”, entgegnete Razul trocken. “Ich hatte einen Vater, der mich liebte, und als ich drei war, eine Stiefmutter, die mich wie ihr eigenes Kind aufzog. Ich habe auch noch zwei jüngere Schwestern, die du bei unserer Hochzeit kennengelernt hättest, wenn diese nicht so überstürzt stattgefunden hätte. Sie sind beide verheiratet und leben im Ausland.”
    “Du bist also der einzige Sohn.”
    “Was erklärt, weshalb mein Vater sich so fürchterlich um mich sorgt. Wenn ich in seiner Gegenwart auch nur niese, erblasst er”, meinte Razul seufzend. “Ich habe mir oft gewünscht, dass Allah ihn mit mehr Söhnen gesegnet hätte.”
    Bethanys Bild über ihren Schwiegervater hatte eine ziemliche Veränderung erfahren: Er war also kein alter Tyrann, was seinen Sohn betraf, sondern ein liebender, ja überbeschützender Vater.
    “Nach dem Scheitern seiner Ehe fing mein Vater an, sein berühmtes Misstrauen der westlichen Welt gegenüber zu entwickeln. Er war durch diese Erfahrung zutiefst verbittert, und daher wurde ich auch in Datar erzogen …”
    “Und das eine Mal, als er dich in den Westen gelassen hat …”
    “Habe ich dich kennengelernt.” Razul leerte sein Glas und stellte es beiseite. Ein bitterer Zug lag um seinen Mund. “Und wenn dann der Regen kommt und du gehst, wird er sagen … Nein, ich will jetzt nicht daran denken, was er sagen wird.”
    Zweifellos würde es ein großes freudiges Fest in dem alten Palast geben, dessen war Bethany sicher.
    “Er wollte nicht, dass du mich heiratest”, sagte sie.
    “Nein.”
    “Und warum hast du es dann doch getan?”, flüsterte sie, denn sie wusste, welch unglaublichen Mut es Razul gekostet haben musste, den Wunsch seines Vaters zu missachten.
    “Das habe ich dir doch schon gesagt.” Razul hatte sich merklich wieder in sich selbst zurückgezogen.
    “So sehr hast du mich gewollt?” Ihre Stimme schwankte ein wenig.
    “Glaubst du etwa, ich mache es mir zur Gewohnheit, Frauen zu kidnappen und sie mit Blitzhochzeiten zu überrumpeln?” Der Schatten eines Lächelns huschte flüchtig über sein schönes Gesicht. “Ich habe gehört, du hast die Ställe schon besichtigt … Kannst du reiten?”
    Der plötzliche Themenwechsel überraschte sie. “Reiten?”
    “Ich reite jeden Morgen in der Dämmerung, solange es noch kühl ist. Wenn du Lust hast, würde ich dich morgen früh mitnehmen. Zu dieser Stunde ist die Wüste ein Ort von außerordentlicher Schönheit. Die würde
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