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Der Wolfsmann

Der Wolfsmann

Titel: Der Wolfsmann
Autoren: Horst Hoffmann
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verwelkte Blumen standen. Selbst der Barbar aus den Wildländern fand keine Flüche mehr. Die Zornesadern auf seiner Stirn waren geschwollen. In seinen Augen stand die nackte Angst.
    Und Mythor? Er hatte in der Zeit, die vergangen war, seitdem er durch den Untergang der Nomadenstadt Churkuuhl seines sicheren Zuhauses beraubt und in eine noch weitgehend fremde Welt gestoßen worden war, schon zu viel Zauberei, zu viel Schwarze Magie erlebt, um die Szenerie, die sich ihm auf dem Marktplatz bot, in ihrer ganzen Schrecklichkeit zu empfinden. Irgend etwas in ihm war fast dagegen abgestumpft. Doch auch er spürte die Angst sein Rückgrat heraufkriechen und musste um sein klares Denken ringen.
    Es war nicht die Angst vor dem, was Drundyr tat, nicht das schreckliche Erleben der finsteren Magie, die der Caer-Priester über den in ihm sitzenden Dämon direkt aus der Dunkelzone bezog. Es war vielmehr die Angst vor den Geschöpfen, die er gerufen hatte. Die Angst, eingeschlossen zu sein in einer Stadt, die von den schwarzen Schatten beherrscht wurde, die immer noch Zulauf aus den toten Straßen erhielten.
    Angst um Nyala von Elvinon. Der furchtbare Schock, als er erkennen musste, dass sie Drundyr und damit den Mächten der Finsternis mit Leib und Seele hörig war.
    Er hatte damit rechnen müssen. Aber die schlimmsten Befürchtungen in Gedanken zu hegen war etwas anderes, als die Frau, die er einst geliebt hatte, nun an der Seite des Dämonenpriesters zu sehen.
    Dennoch war ihm, als lege sich eine unsichtbare, eiskalte Hand um sein Herz, um es ihm aus der Brust zu reißen, als nun die Gestalt in der Gasse erschien, die die Krieger und die schwarzen Wölfe für sie bildeten. Mythor kniff die Augen zusammen, um in der Dunkelheit besser sehen zu können. Obwohl er die Gestalt noch nicht genau erkennen konnte, spürte er das Grauen, das von ihr ausging. Sie war wie eine Ballung aus fleischgewordener Schwärze, groß, mächtig und drohender als alles, was Mythor auf seinem bisherigen Weg begegnet war.
    Sie kam durch die Gasse - woher, konnte Mythor nicht sagen. Es war gerade so, als habe die Erde sie ausgespien. Die Wölfe, an denen sie vorbeischritt, verstummten und legten sich flach auf den Bauch, wie um sie anzubeten. Dieses Geschöpf, das sich Drundyr und Nyala nun näherte, war ihr Herr. Ihm gehorchten sie.
    Plötzlich verschwand die schwarze Wolke, die den leuchtenden Kopf der Statue umhüllte. Sie löste sich einfach auf, und das plötzlich frei gewordene rote Licht beschien den Mann, der jetzt im Kreis der Caer und Wölfe vor Drundyr stand.
    Es war kein Mann. Nottr unterdrückte einen Aufschrei. Mythor zwang sich, den Blick auf die Kreatur gerichtet zu halten, die jetzt in ihrer ganzen Monstrosität zu erkennen war.
    Drundyrs helle Stimme hallte über den Platz: »So bist du gekommen, Sohn der Finsternis, um Besitz zu ergreifen von deinen Dienern und der Stadt, die fortan dein Reich sein soll!«
    Sohn der Finsternis! Ja, dieses Geschöpf war die Finsternis, aus ihr geboren, angelockt durch Drundyrs dunklen Zauber und die Statue, die ihr Abbild war.
    Mythor blickte von der Statue zu der Kreatur und wieder zurück. Der Mann hatte ebensoviel von den Wölfen, die um ihn herum kauerten, wie von den finsteren Kriegern der Caer. Der Kopf eines Wolfes auf dem massiven, missgestalteten Körper eines Menschen. Er war die fleischgewordene Statue.
    »Corchwll«, flüsterte Nottr tonlos, aschfahl im Gesicht. Seine rechte Hand umklammerte den Griff seines Krummschwerts.
    Mythor sagte nichts. Er war verwirrt. Er hatte angenommen, dass Drundyr seine finsteren Verbündeten mit Hilfe des Dämons Corchwll, dessen Statue auf dem Marktplatzstand, beschwören wollte. Nun stand der Wolfsmann vor ihm. Dann aber war der Dämon Corchwll selbst?
    »Dein sei diese Stadt, mächtiger Corchwll!« hallte Drundyrs Stimme wieder weit über den Platz. »Halte sie mit deinen schwarzen Wölfen für die Dunklen Mächte besetzt, denen wir Lockwergen zu Füßen legen! Mache sie zur uneinnehmbaren Bastion der Finsternis! Herrsche über sie, Corchwll!«
    Die Worte des Priesters beseitigten Mythors Zweifel. Der Wolfsmann war Corchwll, der Dämon aus der Dunkelzone. Dass der hier überhaupt existieren konnte, verdankte er zweifellos den magischen Kräften des Bösen, die aus der Statue strömten.
    Drundyr und der Wolfsmann schienen sich jetzt leiser zu unterhalten. Mythor und die Gefährten waren viel zu weit weg, um etwas von dem, was zwischen ihnen gesprochen wurde,
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