Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wolfsmann

Der Wolfsmann

Titel: Der Wolfsmann
Autoren: Horst Hoffmann
Vom Netzwerk:
getötet?
    Es war Drundyrs Aufgabe, herauszufinden, was sich in Lockwergen ereignet hatte, warum auch die Caer verschwunden waren, die in Drudins Auftrag die magische Waffe gegen die Bewohner der Stadt eingesetzt hatten, deren Wirkung so furchtbar gewesen war, dass Drudin selbst ihre weitere Anwendung vorerst untersagt hatte, bis die unvorhergesehenen Auswirkungen studiert und unter Kontrolle waren. Und Drundyr hatte auch dafür zu sorgen, dass sich das, was sich vor seiner Ankunft hier ereignet hatte, nicht wiederholen konnte. Niemand mehr sollte die Stadt, die nun Caer gehörte, betreten können.
    Er blickte Nyala an und sagte mit seiner unangenehm hellen Stimme: »In wenigen Minuten wird es ganz dunkel sein, Nyala. Dann ist Corchwlls Stunde da.«
    Sie nickte wie geistesabwesend. Ihre Augen waren blicklos auf die noch verhüllte, drei Meter große Statue gerichtet. »Wer ist Corchwll?« fragte sie zum wiederholten Mal.
    Und diesmal antwortete Drundyr: »Ein Dämon aus der Dunkelzone, der fortan über Lockwergen wachen wird. Warte ab, schöne Nyala. Du wirst ihn sehen, wenn seine Zeit gekommen ist.«
    Irgend etwas daran, wie Drundyr die Worte betonte, störte sie. Doch sie stellte keine weiteren Fragen und wartete an der Seite des Priesters, bis die Dunkelheit sich ganz über Lockwergen gesenkt hatte. Die Häuser verhinderten, dass weit im Süden jenes weißliche Glühen am Himmel zu sehen war, das das Ende der Welt markierte.
    Nur die Pechfackeln der Krieger, die um Drundyr und Nyala, die Statue und die neben ihr wartenden Caer einen Kreis bildeten, spendeten Licht.
    Die verlassenen Häuser und Straßen wirkten jetzt noch unheimlicher. Sie waren Schatten mit schwarzen Augen. Tausende von Augen, die die Caer und Nyala anklagend anstarrten, als seien die Seelen der Verschwundenen in den rechteckigen Löchern der Fenster erschienen.
    Nyala fröstelte. Unwillkürlich schob sie sich noch näher an Drundyr heran - in den Schutz der Macht, die er verkörperte.
    Drundyr hob beide Hände. Wie schwarze Klauen waren sie dem Himmel entgegengestreckt. Eine Weile schien der Priester in sich zu gehen, Kraft aus dem Dämon zu schöpfen, der ihn beherrschte. Dann rief er schrill, ohne die Hände zu senken: »Nun enthüllt die Statue Corchwlls!«
    Die Krieger erwachten zum Leben. Kräftige Arme packten Seile und rissen mit ihnen die schwarzen Tücher herunter, die die Statue verhüllten. Ein Kopf wurde sichtbar, doch nicht der Kopf eines menschlichen oder menschenähnlichen Wesens. Nyala stieß einen erstickten Laut aus.
    Die letzten Tücher wurden heruntergerissen. Zu dem Kopf eines Wolfes gehörte der missgestaltete Körper eines kräftigen Mannes, klobig und raubtierhaft. Was Nyala für Augenblicke so entsetzte, war, dass es sich nicht um einen Wolfskopf handelte, der lediglich einem menschlichen Körper aufgepfropft war. Der Kopf gehörte zum Körper, bildete mit ihm eine Einheit, abgerundet in seiner Hässlichkeit. Die Statue des Corchwll zeigte einen Tiermenschen.
    Nur für Sekunden fühlte Nyala sich abgestoßen. Dann gewann der Anblick etwas Faszinierendes für sie. Das Abbild eines Wesens aus den Tiefen der Finsternis. Nyala ließ den Eindruck auf sich wirken und spürte die bösartigen Impulse, die von der Statue ausgingen. Jeder spürte sie. Die Caer zogen sich von der Statue zurück und reihten sich in den Kreis um sie, den Priester und Nyala ein. Das Schweigen wurde noch vollkommener. Es schien, dass die Krieger selbst das Atmen fürchteten.
    Dunkel und in ihrer Monstrosität erhaben, stand die Statue des Dämons auf dem Marktplatz der Geisterstadt. Drundyr verließ seinen Platz vor dem Altar und ging langsam, mit weit von sich gestreckten Armen auf sie zu. Nyala folgte ihm wie in Trance. In ihren Händen befanden sich einige der magischen Werkzeuge, die eben noch auf dem Altar gelegen hatten.
    Sie blieb vor der Statue stehen, als Drundyr diese umrundete und magische Formeln sprach. Er warf Asche vor Corchwlls Abbild auf den Boden.
    Drundyr kam zu Nyala zurück und tauchte den Zeigefinger der rechten Hand in ein kleines Gefäß mit blutroter Farbe, das sie ihm reichte. Vielleicht war es auch echtes Blut, Menschenblut, Nyala wusste es nicht. Sie hatte nur Augen für das, was Drundyr tat, und dieser löste den Blick nicht mehr von der Statue.
    Mit dem Zeigefinger fuhr er an überall in das schwarze Holz geritzten und geschnittenen magischen Symbolen entlang, unaufhörlich vor sich hin murmelnd. Immer wieder musste Nyala
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher