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Der Wolfsmann

Der Wolfsmann

Titel: Der Wolfsmann
Autoren: Horst Hoffmann
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der Menschen, die diesen Teil der Welt bewohnten.
    Der Wolfsmann beugte sich über sie herab. Eine zweite Hand schob sich unter Nyalas Beine. Sie ließ sich willig von Corchwll hochheben und in seinen Armen davontragen, den heißen Atem des Tiermenschen im Gesicht.
    Der Platz und die Stadt gehörten den Wölfen. Heulend sprangen sie Hauswände an und verschwanden in dunklen Korridoren. Die Jagd war freigegeben. Irgendwo in den toten Häusern der Stadt hockten jene, die vom Großen Verschwinden nicht betroffen worden waren, entrückt und den Blick in eine andere Welt gerichtet.
    Die Wölfe witterten sie.
    *
    Mit geballten Händen mussten die drei Männer ansehen, wie der Wolfsmann mit Nyala auf den Armen in der Dunkelheit verschwand. Sie konnten es nicht verhindern. Mythor versuchte sich mit der Überlegung zu trösten, dass Corchwll sich nicht weit von seiner Statue entfernen konnte, die ihm die Kraft des Bösen gab, die er zum Leben benötigte. Er würde ihn wiederfinden, und wenn er jedes einzelne Gebäude in der Nähe des Marktplatzes durchsuchen müsste.
    Schwach reifte ein weitaus verwegenerer Plan in Mythor heran. Doch er verscheuchte den Gedanken daran. Sie konnten nichts gegen Corchwll direkt unternehmen, solange seine Wölfe die Stadt durchstreiften.
    »Jene Menschen, die die Katastrophe überstanden«, sagte Mythor nach längerer Pause. Er hatte den Gefährten dargelegt, wie etwa er sich ihr Vorgehen vorstelle. Nun, als er die Wölfe in den Straßen Lockwergens verschwinden und in die ersten Häuser eindringen sah, merkte er, dass sie etwas übersehen hatten. »Sie haben keine Chance gegen die Bestien. Sie leben in einer anderen Welt. Wir müssen zuerst an sie denken. an diejenigen, die wir gefunden haben.«
    »Vielleicht wäre der Tod eine Erlösung für sie«, sagte Sadagar niedergeschlagen.
    Mythor schüttelte heftig den Kopf. »Nein, Steinmann. Noch leben sie, und eines Tages müssen sie aus ihrer Starre erwachen. Wir wissen, wo wir sie fanden. Ein halbes Dutzend. Das Mädchen aus dem Hafenviertel ist in Sicherheit. Wir müssen ohnehin hier heraus. Wo wir beginnen, spielt keine Rolle. Die Wölfe sind überall.«
    »Ja«, knurrte Nottr. »Überall, Mythor. Sie sind hier!«
    Von unten, aus den tiefer gelegenen Teilen des Hauses, war wütendes Knurren und Heulen zu hören. Das Hecheln mordlüsterner Bestien.
    Mit dem Gläsernen Schwert in der Hand lief er auf den Korridor bis zum Treppenhaus und spähte ins Dunkel hinab. Noch hatten die schwarzen Wölfe die oberen Stockwerke nicht erreicht, aber ihr Hecheln kam näher. Dumpf schlugen ihre Pfoten auf die Stufen.
    »Sadagar, komm!«
    Der Wahrsager hatte sechs seiner Messer wurfgerecht mit den Spitzen zwischen Daumen und Fingern der linken Hand.
    »Dorthin!« Mythor dirigierte ihn an die Wand hinter dem Treppenschacht. Er selbst blieb davor stehen, um die Wölfe mit Alton in Empfang zu nehmen.
    »Du bleibst bei Kalathee, Nottr! Schlag die Tür zu!«
    Nur widerwillig gehorchte der Barbar aus den Wildländern. Kalathee sträubte sich nicht.
    Mythor und Sadagar warteten allein auf die Tiere. Gelbe Augenpaare waren jetzt am unteren Ende der Treppe zu sehen. Das Gläserne Schwert leuchtete schwach in der fast vollständigen Dunkelheit. Nur durch zwei Fenster am anderen Ende des Korridors fiel fahles Licht ein, gerade genug, um die beiden Schatten zu sehen, die in mächtigen Sätzen über die Treppe heraufkamen.
    Mythor empfing sie mit dem Schwert. Er wusste, dass nur ein Augenblick des Zögerns ihn und die Gefährten das Leben kosten würde. Er stieß zu, als der erste Wolf sprang. Altons Klinge bohrte sich tief in die Brust des schwarzen Schattens. Die Bestie war auf der Stelle tot. Doch Mythor konnte das Schwert nicht schnell genug aus dem schweren Körper herausziehen. Der Griff wurde ihm aus der Hand gerissen, als der Wolf neben ihm zu Boden fiel. Und der zweite war heran.
    Mit einem Aufschrei sprang Mythor zurück - nicht weit genug. Er wollte sich blitzschnell bücken, als er die beiden glühenden Augen wie brennende Pfeile auf sich zuschießen sah. Mit wütendem Knurren war die Bestie über ihm und riss ihn mit ihrem ganzen Gewicht zu Boden. Mächtige Fänge schnappten nach ihm. Auf dem Rücken liegend, bekam Mythor den Hals des Wolfes zu fassen, doch schon waren dessen Fänge an seiner Schulter und bissen sich in sein Fleisch. Mythor ließ den Hals los und packte die Kiefer der Bestie. Er rang nach Luft, den stinkenden Atem des Tieres im Gesicht. Immer
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