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Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)

Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Stephen Leather
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vermutlich auch kugelsicher. Terry war in ihrer eigenen sterilen Welt, vollkommen isoliert, und das war sie mit ziemlicher Sicherheit während der ganzen letzten zehn Jahre gewesen. Die Wärter in ihrem Raum bezogen Posten zu beiden Seiten der Tür, die Finger ständig am Abzug. Ich bemerkte, dass beide Miniaturkopfhörer trugen, kleine schwarze Ohrhörer mit Kabeln, die um ihren Hals liefen und in ihren Overalls verschwanden. Erhielten sie ständige Anweisungen aus irgendeiner Befehlszentrale, oder blendeten sie alles, was sie möglicherweise zu ihnen sagte, mit Musik oder weißem Rauschen aus? Das konnte ich nicht beurteilen.
    Terry hob den Blick und sah mich zum ersten Mal an. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, verschwand aber schnell wieder, als hätte sie geglaubt, einen Freund zu sehen, dann aber ihren Irrtum bemerkt. Hieß das etwa, dass sie sich nicht freutemich zu sehen, oder wollte sie die anderen nicht wissen lassen, was sie für mich empfand? Hatte sie noch Gefühle für mich? Gott, ich war ja so durcheinander – in Bezug auf sie, meine Gefühle und darauf, was ich tun sollte.
    Ich stand auf und sagte Hallo, obwohl ich wusste, dass sie mich durch die Glasscheibe nicht hören konnte. Sie formte auch ein Hallo mit den Lippen, blieb aber mitten im Raum stehen, als hätte sie Angst, sich der Glasscheibe zu nähern. Ich wusste, dass ich ebenfalls cool bleiben musste. Sie hatten mir einen Besuch bei ihr gestattet, weil sie davon ausgingen, dass ich sie nur studieren und eruieren wollte, wie sie tickte. Beim geringsten Anzeichen von Zuneigung würden sie mich sofort herausholen, da war ich mir ganz sicher. Gott, ich hätte sie so gern in die Arme genommen, mich an sie gedrückt und mein Gesicht in ihrem langen schwarzen Haar vergraben, ihren Mund mit meinem eigenen gesucht und sie geküsst, bis sie außer Atem gewesen wäre.
    Ich machte ihr Zeichen, dass sie sich setzen sollte, und sie schlurfte vorwärts, die Hände leicht nach vorn gestreckt, um das Gleichgewicht zu halten, und ließ sich auf den Stuhl sinken. Sie zog ihn nach vorn, sodass sie unmittelbar vor dem kleine Bord unterhalb der Glaswand saß. Auf meiner Seite der Abtrennung verlief ein identisches Bord und ich folgte ihrem Beispiel und ging so nah wie möglich heran. Ich nahm den Telefonhörer auf meiner Seite der Glasscheibe ab und hörte ein elektrostatisches Knistern. Ich nickte in Richtung ihres Telefons, und sie nahm behutsam mit der linken Hand ab, als hätte sie Angst, einen Schlag zu bekommen. Mit der rechten Hand strich sie sich das Haar hinter das linke Ohr und drückte dann den Hörer daran.
    »Jamie, wie geht es dir?«, fragte sie leise.
    »Gut, Terry, mir geht es gut. Wie behandelt man dich hier?«
    Sie blickte mir tief in die Augen. Ihre rechte Hand bewegte sich langsam auf dem Bord, machte kleine stechende Bewegungen mit dem ausgestreckten Zeigefinger.
    »Ich bin schon in besseren Hotels gewesen«, scherzte sie. Ihre rechte Hand bewegte sich nach oben, als wollte sie sich das Haar hinter das rechte Ohr streichen, aber dabei krümmte sie die Hand etwas. Das war Gebärdensprache für »mithören«.
Sie hören mit.
Das brauchte sie mir nicht extra mitzuteilen, denn das hatte ich mir schon gedacht. Sie wären ja behämmert gewesen, das Gespräch nicht zu überwachen, und sie würden es sicher auch aufzeichnen, damit Experten das hinterher durchgehen konnten. Ich entdeckte zwar keine Kameras in den beiden Räumen, doch überall sonst waren welche gewesen, daher war ich ziemlich sicher, dass sie uns auch hier beobachteten, vermutlich mit versteckten Kameras, vielleicht im Lüftungsgitter. Terry hatte das offenbar bemerkt, denn sie legte die Hand wieder auf das Bord, wo sie von ihrem Körper abgeschirmt wurde.
    Ich nickte zum Zeichen, dass ich verstand. »Du bist nicht verletzt oder hast Schmerzen?«
    Terry begann einzelne Buchstaben mit der rechten Hand zu gebärden. Es ging langsam, aber sie konnte die normalen Wortformen der Gebärdensprache nicht verwenden, denn diese waren sehr ausdrucksstark und erforderten oft beide Hände. Das wäre den Wachen sofort aufgefallen. Darum buchstabierte sie die Wörter, während sie sprach. »Manchmal, aber hier gibt es viele Ärzte.« D-U  F-E-H-L-S-T  M-I-R.
    »Die Verköstigung ist okay?« Gleichzeitig gebärdete ich mit möglichst wenig Bewegung zurück. D-U  M-I-R  A-U-C-H.
    »Ja, aber mit Plastikbesteck ist es irgendwie doch nicht dasselbe.« I-C-H  L-I-E-B-E  D-I-C-H. »Wie lange
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