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Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)

Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Stephen Leather
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und ungewöhnliche Probleme zu lösen. Die fluide Intelligenz erreicht ihren Höhepunkt im Jugendalter und nimmt danach stetig ab, wohingegen die kristalline Intelligenz, das Wissen und die durch Lebenserfahrung erworbenen Fähigkeiten, bis zum Beginn der Adoleszenz stetig und dann nur noch langsam ansteigt, bis sie im hohen Alter stagniert. Ich habe einen Haufen Artikel darüber in den besten Psychologiezeitschriften veröffentlicht. Obwohl ich weiter für das LAPD arbeitete, konnte ich oft ins Ausland reisen, um einige der ältesten Menschen der Welt zu befragen – in Ecuador, Russland und Indien –, und integrierte die Resultate in das Computermodell. Ich ergänzte es um einige weitere Merkmale, sodass das Programm gründlicher über die Psyche eines Menschen Aufschluss gab als zehn Jahre bei einem Analytiker.
    Anders als Sugar und seine Forscher sorgte ich dafür, so viel wie möglich zu veröffentlichen, und ich wusste, dass ihnen klar war, dass ihnen meine Arbeit bei der Jagd nach den Unsterblichen hilfreich sein konnte. Richtig angewandt ließen sich dank meiner neuesten Forschungsergebnisse Mitglieder der Bevölkerung identifizieren, deren funktionales und subjektives Alter nicht mit ihrem chronologischen und biologischenAlter übereinstimmten. Ich stellte immer wieder Anträge auf Besuchserlaubnis bei Terry und den anderen Unsterblichen – vorgeblich für Forschungszwecke.
    Schließlich kam die Erlaubnis von irgendeiner Behörde, und ein Team von sechs Agenten holte mich zu Hause in einer Limousine mit verdunkelten Fenstern ab, damit ich nicht hinaussehen konnte. Ich sagte ihnen, dass ich mein Notebook brauchen würde, und sie gestatteten mir, es mitzunehmen. Einer der Agenten holte ein chromblitzendes pistolenartiges Ding aus einem Aluminiumkoffer, hielt es an meinen Oberarm und drückte ab. Alles wurde verschwommen, dann schwarz, und als ich aufwachte, hatten sie mir meine Uhr und das Notebook weggenommen und ich befand ich in so etwas wie einem Holiday-Inn-Zimmer, nur dass es fensterlos war. Es gab einen Fernseher, die Zeitungen wurden täglich gebracht und ich konnte mir mein Essen nach einer ledergebundenen Speisekarte bestellen, aber abgesehen von den Essenslieferungen sah und sprach ich zwei Wochen lang mit keiner Menschenseele. Ich war in Quarantäne. Bevor sie mir einen Besuch bei ihr gestatteten, mussten sie sich überzeugen, dass ich nicht verfolgt wurde. Keine Gespräche, keine Telefonate, keine Briefe.
    Nach zwei Wochen schloss ein Mann in weißem Kittel die Tür auf und gab mir noch eine Spritze. Auf einer Liege in einem stahlverkleideten Raum kam ich wieder zu mir. Das Erste, was ich sah, war eine Überwachungskamera, die mich im Visier hatte. Vermutlich wurde ich ununterbrochen beobachtet, denn binnen Sekunden nach meinem Erwachen wurde die Tür aufgeschlossen und zwei bullige Männer in grauen Overalls traten ein. Jemand hatte mich entkleidet, während ich besinnungslosgewesen war, und mir einen blassblauen Overall angezogen, auf dessen Vorderseite in weißen Großbuchstaben »BESUCHER« stand. Einer der Männer reichte mir einen Styroporbecher mit warmem Wasser, und ich trank in vollen Zügen, um mir den bitteren Geschmack aus dem Mund zu spülen.
    »Bald werden Sie sich besser fühlen; die Wirkung lässt recht schnell nach«, sagte eine Stimme an der Tür. Ich blickte auf und sah einen älteren Mann mit Goldrandbrille auf der Nase. Er hatte ein freundliches Gesicht und eine weiße Mähne und sprach mit einem leichten französischen Akzent. Er setzte sich auf die Liege neben mir und fühlte mir den Puls. Zufrieden mit dem Ergebnis leuchtete er mir mit einer kleinen Taschenlampe in die Augen, nickte und erklärte mich für fit.
    Er verschwand ebenso schnell, wie er aufgetaucht war, und ein anderer Mann kam, jünger und fitter, in einem dunkelblauen Anzug und mit einem Klemmbrett. Es war eine Checkliste mit Themen, über die ich nicht mit Terry sprechen durfte (sie wurde durchweg als »die Insassin« bezeichnet), überwiegend aktuelle Nachrichten, das Datum, die Tageszeit, wo sich das Gefängnis befand (das wusste ich ohnehin nicht), solche Sachen. Nachdem er mir die Liste vorgelesen hatte, reichte er mir einen Stift und ließ mich unterschreiben, bevor er den Raum verließ.
    Die beiden Wachen geleiteten mich dann durch einen Flur zu einem Aufzug. Beide trugen entsicherte M1-Karabiner, ihre Finger verließen nie die Abzugsbügel. Sie tippten einen sechsstelligen Code auf einer kleinen
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