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Der werfe den ersten Stein

Der werfe den ersten Stein

Titel: Der werfe den ersten Stein
Autoren: Kanger
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Per Pettersson vor. Er stand an einem Fenster.
    »Schauen Sie, da.« Pettersson zeigte auf den Fußboden.
    »Aha, nun wissen wir also mehr«, stellte Widell fest.
    »Was wissen wir?«, fragte Erik Enquist und sah die beiden Feuerwehrleute an.
    »Glasscherben«, sagte Pettersson. »Das Fenster ist von außen eingeschlagen worden. Fenster in einem brennenden Haus werden fast immer von der erhitzten Luft gesprengt, von Ausnahmen abgesehen. Das Fenster ist vermutlich vor dem Brand eingeschlagen worden. Dies scheint der Teil des Gebäudes zu sein, der am leichtesten brennbar war, hier kann das Feuer ausgebrochen sein.«
    »Also Brandstiftung«, stellte Enquist fest. »Dann müssen auch Leute von der Spurensicherung der Kripo her.«
    »Bevor wir ganz sicher sein können, sind natürlich Analysen nötig«, sagte Widell. »Wir haben noch viel zu tun. Aber ich wette, dass dieses Feuer gelegt wurde.«
    Sie starrten auf die Glasscherben, als erwarteten sie eine Antwort von ihnen. Jemand klopfte Widell auf die Schulter. Es war Petter Pettersson, der Bruder von Per Pettersson, der auch Brandtechniker war.
    »Können Sie mal kommen? Ich hab da was gefunden.«
    Sie gingen etwas tiefer in das Gebäude hinein. In einem verkohlten Haufen auf dem Fußboden lag etwas, was einem Baumstamm mit Zweigen glich.
    »Absolute Sicherheit gibt’s nicht«, sagte Petter Pettersson. »Aber ich glaube, hier handelt es sich um einen Menschen. Ich meine, das war mal ein Mensch. Ich bin ziemlich sicher. Dies hier muss ein Fuß sein.«
    Erik Enquist schloss eine Sekunde die Augen und ging dann hinaus. Er nahm das Handy aus der Innentasche und wählte die Zentrale der Polizei von Västerås. Mit dem hier wurde er nicht mehr allein fertig.

2
    Im selben Moment schlug Elina Wiik die Augen auf. Während ihr Körper erwachte, lag sie ganz still, streckte sich wie eine Katze und drehte sich zum Wecker um. Fünf Minuten bevor er klingeln sollte. Dann hörte sie sich laut zu sich selber sagen: »Woher weiß mein Unterbewusstsein immer, wann ich geweckt werden muss?«
    Augenblicklich überflutete sie die Erinnerung an den vergangenen Abend. Sie empfand eine Mischung aus Freude und Selbstverachtung. Er hatte gegen acht angerufen, gesagt, er sei gerade in Höhe von Örebro und könne um neun da sein. Nur wenn sie es wolle natürlich. Sie wollte es und sagte es ohne Umschweife. Er konnte höchstens zwei Stunden bleiben. Länger konnte er nicht so tun, als hätte er sich verspätet. Sie war sofort in die Küche gegangen und hatte ein einfaches Essen vorbereitet aus den Zutaten, die sie vorrätig hatte. Er kam schneller als erwartet. Ein Kuss, eine leise Unterhaltung bei Tisch, jeder ein Glas Wein, nicht mehr, er musste ja noch fahren und sie musste am nächsten Morgen früh aufstehen. Eine halbe Stunde später lagen sie im Bett.
    Das erste Mal seit fünf Wochen. Sie überlegte, warum sie immer auf alles einging, was er verlangte, ständig akzeptierte sie seine Bedingungen. Warum sollte sie für einen verheirateten Mann da sein, der sechzehn Jahre älter war als sie? Liebe, klar, so war es wohl. Aber sie wusste, dass es andere, undurchsichtigere Gründe gab. Gründe, die mit den eineinhalb Stunden zusammen­hingen, in denen sie sich nach der kurzen Mahlzeit einander widmeten, und gegen deren innersten Antrieb sie sich wehrte.
    Eines Tages, dachte sie, werde ich mich selber analysieren, ein Puzzle aus den Teilen meiner Seele legen, genau wie ich es mit den Angaben einer Ermittlung mache. Erst wenn ich verstehe, warum ich mich so verhalte, kann ich vernünftige Entschei­dungen treffen. Aber nicht jetzt und auch vorläufig noch nicht.
    Damit war ihre stumme Diskussion mit sich selbst für diesmal beendet. Sie seufzte, erhob sich und ging duschen. Sie hatte eine Stunde und zwanzig Minuten Zeit für das, was eine allein stehende Frau von zweiunddreißig Jahren jeden Morgen vor der Arbeit zu erledigen hat. Die Morgenkonferenz war für acht Uhr angesetzt, aber Elina fing lieber schon um sieben an, der früheste Zeitpunkt, den die Gleitzeit erlaubte.
    Das Licht verwandelte die Mauseöhrchen an den Birken vorm Fenster zu Schattenspielen auf den weißen Badezimmerwänden. An Maimorgen wie diesem wünschte sie, ihre Wohnung wäre etwas weiter vom Präsidium entfernt. Ihre Zweizimmerwohnung am Oxbacken lag so nah am Arbeitsplatz, dass man nicht einmal ins Schwitzen geraten würde, wenn man den ganzen Weg liefe. Bergab, die zweite Querstraße nach rechts, einen Häuserblock
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