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Der werfe den ersten Stein

Der werfe den ersten Stein

Titel: Der werfe den ersten Stein
Autoren: Kanger
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arbeite?«
    »Das hab ich nicht gesagt. Könnte sein, dass ich Doppelfragen stelle, aber du schließt zu schnell Schlüsse daraus und das ist viel schlimmer für einen Polizisten. Vielleicht wollte ich dich ja nur bitten, mir jemanden zu empfehlen.«
    Er grinste.
    »Eins zu eins«, sagte Elina.
    »Aber du hast Recht. Ich möchte, dass du dich um den Posten bewirbst.«
    Elina Wiik schwieg eine Weile. Sie wusste, dass Stensson sie für eine gute Polizistin hielt, dennoch war sie überrascht. Sie überlegte, ob sie Witze über Ablösesummen machen sollte, ließ es dann aber.
    »Rauschgift ist nicht gerade mein Ding«, sagte sie stattdessen.
    Kjell Stensson fiel ihr ins Wort. »Rauschgift ist niemandes Ding. Oder sollte es nicht sein. Aber in unserem Bezirk gibt es mehr weibliche Süchtige als früher. Bei jeder Ermittlung stoße ich auf sie. Ich glaube, das hängt damit zusammen, dass Mädchen so viel rauchen. Wusstest du das? Nikotin ist die Einstiegsdroge zum Rauschgiftmissbrauch. Wer keinen Tabak raucht, fängt nie mit Hasch an. Und das ist wahrhaftig kein so harmloses Rauschgift, wie Journalisten und Politiker behaupten.«
    Er verlor sich in einer Art Selbstgespräch.
    »Als ob das eine Art Cola light wäre«, brummte er. Dann wandte er sich wieder an Elina Wiik und machte einen neuen Anlauf.
    »Ich hab heimlich gelesen. Deine Verhöre in Fällen von Misshandlung. Du bringst die Frauen zum Reden. Obwohl man merkt, wie ängstlich und unwillig sie anfangs sind. So was brauchen wir speziell hier. Viele der Mädchen, die bei uns landen, machen sich vor Angst fast in die Hose. Vor uns und ihren Drogenkumpels da draußen, die ihnen den Stoff besorgen und sich in Naturalien bezahlen lassen. Im Augenblick hab ich nur männliche Polizisten im Dezernat. Alles prima Jungs, na ja, fast alle, aber die wissen nicht, wie sie sich einem siebzehnjährigen Mädchen gegenüber verhalten sollen, um sie zum Reden zu bringen. Die Verhöre fangen häufig damit an, dass die Mädchen schreiend behaupten, der Polizist habe sich an ihnen vergriffen, und enden damit, dass sie nach ihrer Mama heulen.«
    »Kann ich noch mal darüber nachdenken? Auf jeden Fall freue ich mich über das Angebot.«
    »Denk drüber nach«, sagte Stensson. »Aber nicht zu lange.«
    Sie erhob sich und ging hinaus auf den Flur. Mit ihrem Ausweis öffnete sie eine weitere Tür, um auf ihren Korridor zu gelangen. Er war leer und bisher schien noch niemand gekommen zu sein. »Kriminalassistentin Elina Wiik«, stand an der vierten Tür von links.
    Yes, sometimes you’re such an ass, dachte sie zum hundertsten Mal, als sie sich auf ihren Bürostuhl setzte.
    Das Zimmer war klein und schmal, ein Regal voller Akten­ordner bedeckte die hintere Wand, der Schreibtisch wurde vom Computer beherrscht. Keine Fotos auf dem ansonsten aufgeräumten Tisch, dagegen mehrere Topfpflanzen auf der Fensterbank. Die Vorhänge waren hellgrün gemustert. An der Wand vorm Schreibtisch hingen gerahmte Bilder in gesättigten Farben, Bilder, die sie auf ihren Auslandsreisen im Urlaub gekauft hatte.
    Sie dachte an Kjell Stenssons Vorschlag. Arbeit im Rausch­giftdezernat bedeutete lange und viele Nächte in zivilen Polizei­wagen, um den Besuchsverkehr in Wohnungen zu registrieren, in denen Verdächtigte lebten. Wenn genügend Besucher identifiziert wurden, musste man zuschlagen – in der Hoffnung, einen größeren Fang zu machen. Und hinterher Verhöre von einer Klientel, der man häufig jede Silbe aus der Nase ziehen musste, die jungen schreienden Mädchen natürlich ausgenommen, wenn man Stensson glauben konnte.
    Viel zu wenig Arbeit mit dem Kopf und viel zu viel mit dem Sitzfleisch, dachte sie. Das war nicht ihr angestrebtes Ziel. Sie wollte Fälle, bei denen die überwiegende Arbeitszeit dafür genutzt wurde, das Verbrechen aufzuklären, nicht um konstatieren zu müssen, wie weit sie schon begangen waren.
    Sie hatte allerdings das Gefühl, der Weg bis zu diesem Ziel sei noch weit. Sie wollte komplizierte, schwere Verbrechen. Nach vier Jahren bei der Kripo hatte sie bisher nicht eine einzige wirklich große Aufgabe gehabt, in die sie sich vertiefen konnte. Neben dem begrenzten Teil von Auto- und Wohnungsein­brüchen, also solchen Fällen, die fast immer am Boden der großen »Pyramide« landeten und irgendwann mangels Beweisen und Interesses abgeschrieben wurden, musste sie sich um die meisten angezeigten Fälle von Frauenmisshandlung in der Stadt kümmern.
    Es bereitete ihr jedes Mal erneut
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