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Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Titel: Der Weltensammler: Roman (German Edition)
Autoren: Ilija Trojanow
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des Geistes, Wundertrank, gut für Gebete und Geburten, und der glitzernde glimmende glühende Schmuck, und die Ketten an den Füßen und an den Armen, und die offengelegte Taille, die leichte Wölbung des Bauches, die paradiesische Einbuchtung des Nabels, und das überwältigende Lächeln, das aus dem Nirgendwo kam, und das lockere Haar, durch das immer wieder eine Hand glitt, um es zu schütteln. Er hätte nachher nicht sagen können, ob er sich aus freien Stücken für eine von ihnen entschieden hatte. Sie nahm ihn an der Hand, ein Zimmer im ersten Stock, ein hohes Bett, und sie zog ihn aus, dann wusch sie seinen Körper, mit Bedacht und warmem Wasser. Sie führte eine Blüte an sein Gesicht. Merke dir den Geruch. Du wirst bei diesem Geruch glückliche Erinnerungen haben. Überhaupt, die Blumen. Alles duftete nach Blumen, Tür und Tor, Porträts der Vorfahren, Dachbalken, Kissen, und das Haar dieser Frau, die ihre Gewänder ablegte, Wolke um Wolke, und er wurde hart wie ein Gewehrlauf, und sie biß leicht in sein Ohrläppchen und flüsterte etwas, das er erst verstand, als sie, über seinen Hals züngelnd, ans andere Ohrläppchen gelangt war. Rath ki rani, sagte sie, es war leicht zu verstehen, Königin der Nacht, aber was bedeutete es? Ihr Name vielleicht, ihr Kurtisanentitel? Sie untersuchte seinen Körper, es war angenehm und wenig überraschend, bis sie etwas tat, das ihn schaudern ließ, seine Härte mundete ihr, sie dosierte sie, es sollte nicht enden, nicht einmal, als sie ihre Brüste über sein Gesicht gleiten ließ, nicht einmal, als sie sich fallen ließ und ihn mitzog in die Tiefe, und er sich einige unterdrückte Schreie erlaubte. Sie hievte ihr Becken hoch, er erkannte die Blüte in ihrer Hand wieder, die Hand verschwand unter ihrem Becken, er konnte nicht mehr an sich halten, er ging in ihr auf mit letzten lauten Stößen, und die Blüte wurde wohl zerdrückt, denn als er sich ausgelaugt neben sie legte, umgarnte ihn ein weicher Duft. Der Duft der Königin der Nacht.
    Er wäre gerne noch Stunden in dem hohen Bett geblieben, aber er spürte, als der Duft verwelkte, eine Ungeduld in dem nackten Körper,der neben ihm lag. Meine Zeit ist vorbei, dachte er. Nein, er korrigierte sich, meine Zeit hat gerade angefangen, und was das für ein Anfang war, dachte er, als Naukaram und er das Haus des ersten Zaubers verließen und einige Schritte laufen mußten zu dem Ort, wo sie die Droschke hatten warten lassen.
    – Wohin fahren wir jetzt?
    – In Ihr Hotel, Saheb.
    – Zuerst bringen wir dich heim.
    – Nein, Saheb, nicht nötig. Kein Problem.
    – Du willst doch nicht noch durch die halbe Stadt laufen.
    – Ich laufe nicht weit, Saheb, von hier aus laufe ich eine halbe Stunde.
    – Wenn du darauf bestehst. Gute Nacht dann.
    Naukaram stieg ab. Er war schon in die Dunkelheit geglitten; als er noch einmal seinen Namen hörte.
    – Du hast den Test bestanden, Naukaram. Ich werde dich einstellen. Aber du mußt bereit sein, mit mir in den Norden zu ziehen, etwa vierhundert Meilen von hier, an einen Ort namens Baroda. Ich habe gestern erfahren, daß ich dorthin versetzt werde. Dort werde ich einen Diener benötigen.
    Die Antwort kam aus dem Dunkeln.
    – Alles ist festgeschrieben, Saheb, alles folgt einem Plan. Ich weiß, wo Baroda ist, ich weiß es genau, ich stamme aus Baroda. Alles ist richtig, Saheb, mit Ihnen kehre ich heim.
     
     
     
    3.
    NAUKARAM
     
    II Aum Ekaaksharaaya namaha I Sarvavighnopashantaye namaha I Aum Ganeshaya namaha II
    – Ich bin bereit.
    – Ich habe meinen Herrn, Hauptmann Richard Francis Burton, inBombay kennengelernt. Ich wurde ihm empfohlen. Er war gerade aus Anglestan angekommen, er suchte einen vertrauenswürdigen Diener. Er nahm mich sofort in seinen Dienst.
    – Nein! So doch nicht. Bist du Sayajirao der Zweite, daß du gleich losschwatzt, als kenne dich jeder? Wir müssen dich zuerst vorstellen. Deine Herkunft, deine Familie, damit die Empfänger wissen, von wem das Schreiben stammt.
    – Was soll ich über mich sagen?
    – Kenne ich dein Leben? Weiß ich über dich Bescheid? Sprich ungezwungen, was überflüssig ist, werde ich später weglassen.
    – Ich soll etwas über mich sagen?
    – Fang an!
    – Gut. Ich wurde in Baroda geboren, im Palast. In der falschen Hälfte des Palastes. Ich war ein kränkliches Kind, das viel Sorge bereitete. Vielleicht sollte ich zuerst erwähnen, ich bin nicht bei meinem Vater und meiner Mutter und meinen Brüdern aufgewachsen. Ich habe sie erst
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