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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Autoren: Iny Lorentz
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sich. »Ich bin so glücklich, dich zu haben!«
    »Ich bin auch glücklich!« Trotz dieser Versicherung kamen Gisela die Tränen.
    Walther sah sie erschrocken an. »Was ist mit dir, mein Liebes?«
    »Nichts! Nur eine Laune, wie sie schwangere Frauen überfällt. Rosita Jemelin hat mich davor gewarnt. Sie sagt, man bricht in Tränen aus, nur weil man sich freut.«
    »Es wäre besser, du hättest mehr weibliche Gesellschaft«, antwortete Walther nachdenklich. »Du triffst dich nur alle ein, zwei Wochen mit Rosita und hast sonst niemanden. Wie wäre es denn, wenn ich bei meinem nächsten Besuch von Hernando de Gamuzana in San Felipe eine der Frauen dort frage, ob sie als Magd zu uns kommen möchte?«
    Der Vorschlag klang im ersten Moment verlockend, fand Gisela, denn dann würde sie der Magd die schwerste Arbeit im Haushalt überlassen können. Doch dieser Umstand sprach letztlich auch dagegen. Keine der anderen Siedlerfrauen hatte eine Magd, und als Walthers Ehefrau musste sie in der Lage sein, diese Pflichten selbst zu erfüllen. Zwar ging es ihr in diesem Stadium ihrer Schwangerschaft nicht gut, aber das sollte sich Rosita Jemelin zufolge bald wieder bessern. Daher schüttelte sie den Kopf.
    »Das bisschen, was zu tun ist, schaffe ich schon allein. Aber jetzt verzeih, ich muss mich um die Suppe kümmern. Was soll ich übrigens mit diesem Vogel machen, den der Indianer für das Salz hiergelassen hat? Möchtest du ihn gebraten, oder soll ich das Fleisch klein schneiden und damit die Pfannkuchen füllen, wie es hier üblich ist? Bohnen hätte ich noch.«
    Der Gedanke an ein gebratenes Huhn ließ Walther das Wasser im Mund zusammenlaufen. »Ich glaube, am Spieß macht es sich am besten. Wir können es uns heute Abend teilen.«
    »Dann sollten wir aber auch Pepe ein Stückchen geben, damit er nicht nur Suppe essen muss!«
    »Wenn er heute noch zurückkommt. Vielleicht bleibt er auch über Nacht bei Jemelin.«
    Gisela runzelte die Stirn. »Das wäre mir nicht so recht! Er hat nämlich versprochen, meinen Gemüsegarten zu vergrößern. Rosita Jemelin wollte ihm Kürbiskerne für mich zum Aussäen mitgeben. Du magst doch Kürbis?«
    Walther nickte. »Ich mag alles, was du mir kochst!«
    »Die Suppe! Nicht, dass sie überkocht.« Mit diesen Worten eilte Gisela an den Herd und griff nach dem Kochlöffel.
    Einen Augenblick lang sah Walther ihr zu, dann sagte er sich, dass er selbst damit beginnen konnte, ein paar neue Beete für Gisela auszuheben. Doch zunächst würde er nach den drei Hirten schauen müssen und ihnen sagen, dass Indianer in der Nähe waren.
    »Gisela, kann ich dich eine Stunde allein lassen?«, fragte er.
    »Aber natürlich! Ich werde die Tür verschließen, damit kein ungerufener Besucher hereinkommt, und zum anderen habe ich deine Pistole!« Damit zog Gisela die Waffe aus ihrem Kleid und zeigte sie Walther.
    Dieser trat auf sie zu und legte die Arme um sie. »Du bist so mutig und hättest ein besseres Leben verdient.«
    Gisela sah ihn kurz an und lehnte sich dann gegen ihn. »An deiner Seite habe ich das schönste Leben der Welt!«

3.
    W alther traf seine drei Vaqueros unversehrt an. Diese hatten die beiden Nemene nicht bemerkt. Stattdessen wies Quique, mit vierzehn Jahren der Jüngste von ihnen, stolz auf ein Kälbchen, das neben seiner Mutter lag und fest schlief.
    »Es ist heute Nacht geboren worden, Señor. Es ist ein Kuhkalb und wird später einmal selbst viele Kälber bekommen.«
    »Sehr schön! Das habt ihr gut gemacht.«
    Walthers Lob freute die Burschen. Bis jetzt hüteten sie nur seine drei Kühe und den Bullen sowie ein halbes Dutzend weiterer Kühe, die Thierry Coureur, Thomé Laballe, Albert Poulain und einigen anderen Überlebenden der
Loire
gehörten. In ihren Träumen aber sahen sie sich bereits als Vormänner über viele andere Vaqueros, denen eine riesige Herde anvertraut war.
    »Die zweite Kuh wird auch bald kalben. Die anderen brauchen länger«, erklärte Julio, ihr Anführer.
    »Passt auf, dass die Kühe und die Kälber keinem Raubtier zum Opfer fallen, und gebt auf Indianer acht!«, wies Walther die Vaqueros an, die selbst zum Teil indianischer Abstammung waren.
    Er behandelte sie nicht anders als die Knechte in seiner Heimat. Das hatten Julio, Lope und Quique verdient. Ihre Arbeit war nicht ungefährlich, denn Kühe stellten für streifende Indianer eine ständige Versuchung dar. Anders als Wildtiere konnte man sie leicht erjagen, und sie lieferten Fleisch für eine ganze
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