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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Autoren: Iny Lorentz
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besaß Erfahrung mit den Indianern.
    »Meinen Sie wirklich, dass diese Leute gefährlich sind?«, fragte er schließlich.
    »Und wie! Sie überfallen unsere Dörfer und töten jeden, der ihnen in die Hände fällt. Es sind Räuber, Banditen, Mörder und was nicht noch alles. Ich bete zu Gott, dem Herrn, dass ich nie auf einen Komantschen treffe. Ihre Esposa hat mich zum Essen eingeladen. Aber das kann ich nicht mehr annehmen, denn ich muss sofort nach Hause reiten.
Hasta la vista,
Señor Waltero! Gebe die Heilige Jungfrau, dass die Komantschen weiterziehen.«
    Damit eilte Jemelin zu seinem Pferd, löste die Zügel vom Balken und schwang sich in den Sattel. Er winkte noch einmal, gab dem Gaul die Sporen und preschte noch schneller los, als die beiden Komantschen es getan hatten.
    Walther sah ihm kopfschüttelnd nach und betrat dann das Haus. »Bis jetzt habe ich Jemelin für einen besonnenen Mann gehalten. Aber er scheint mir nicht sonderlich mutig zu sein.«
    »Das hat nichts mit Mut zu tun«, rief Pepe, der sich ebenfalls bekreuzigte. »Komantschen sind Teufel! Ich kann es kaum glauben, dass Sie und die Señora unbeschadet davongekommen sind.«
    Der junge Bursche saß am Tisch und zitterte so sehr, dass er den Löffel kaum zum Mund führen konnte.
    »Wie Teufel sahen mir die beiden nicht aus. Sie wollten nur ein wenig Salz eintauschen, und dafür haben sie uns dieses Huhn überlassen.« Gisela zeigte auf den knusprig glänzenden Vogel, der auf einem Bratspieß über dem Herd steckte.
    Pepe starrte sie an, als zweifle er an ihrem Verstand. Mit bleicher Miene zählte er ihnen eine Reihe schrecklicher Taten auf, welche die Komantschen begangen haben sollten. Insgeheim dachte er, dass in den Adern des Alemán und dessen Ehefrau anstatt warmen Blutes das Eiswasser ihrer kalten Heimat fließen musste. Jeder Mexikaner in den nördlichen Bundesstaaten fürchtete die Räuber der Prärie. Bislang hatten die Komantschen weiter im Norden und Westen gejagt. Doch wie es aussah, kamen sie nun auch in diese Gegend. Daher beschloss Pepe, der Heiligen Jungfrau von Guadalupe eine Kerze zu stiften, wenn er dieses Jahr lebend überstehen sollte.

4.
    D a Diego Jemelin so überraschend aufgebrochen war, hatte Walther nicht mit ihm über die Nordamerikaner sprechen können, die nach Auskunft des Komantschen weiter nördlich am Fluss siedeln sollten. Er hielt diese Information jedoch für so wichtig, dass er am nächsten Morgen zu Jemelins Farm aufbrach.
    Unterwegs musterte er die Landschaft um sich herum, die ihm immer noch fremd erschien. Während nahe dem Fluss Büsche und das Wäldchen standen, aus dem er und seine Nachbarn ihr Bauholz gewonnen hatten, wurde es mit zunehmendem Abstand zum Wasser trockener, und dort wuchsen Pflanzen, die er nicht kannte. Doch auch dieses Land müsste sich nutzen lassen. Wo es Wasser gab, konnte man die Erde umpflügen und in Äcker verwandeln. Gut die Hälfte seines eigenen Besitzes war dafür geeignet. Der Rest ließ sich als Weideland für Rinder verwenden. Um aber an den Tieren und den Feldfrüchten zu verdienen, benötigte er Menschen, die diese kauften.
    Walther musste über sich selbst lachen. Das alles waren noch Hirngespinste. Zuerst galt es, die nächsten Monate zu überleben. Mit diesem Gedanken ritt er über ein Stück sandigen Bodens, auf dem nur ein paar Agaven und einige Bäume wuchsen, die ihn an Bilder von Palmen erinnerten, welche er in einem Buch gesehen hatte. Auch dieses Gebiet gehörte zu seinem Grund und Boden und bildete die Grenze zu Jemelins Besitz. Bald traf Walther wieder auf Grasland und sah wenig später das Wäldchen vor sich, in dessen Nähe Jemelin seine Farm oder – wie dieser es nannte – seine Hacienda errichtet hatte. Wäre er dem Fluss gefolgt, hätte er fast einen ganzen Tag reiten müssen, um hierherzugelangen. So hatte er die Flussschleife abgekürzt und weniger als ein Viertel der Zeit gebraucht.
    Auf den ersten Blick war zu sehen, dass Diego Jemelin schon länger hier lebte als Gisela und er. Die Felder in der Nähe des Flusses trugen Mais, und in dem großen Garten am Haus rankten sich Bohnen an den Stangen hoch. Auch gab es Gurken, Tomaten und andere Pflanzen, die nur hier in Amerika wuchsen und anscheinend gerne gegessen wurden.
    Auch Gisela und er würden sich an die Früchte und das Gemüse dieses Landes gewöhnen müssen, dachte er, als er auf die buschartige Einfriedung zuritt, welche die Farmgebäude umgab. Jemelin besaß nicht nur ein weit
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