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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter
Autoren: Bernard Cornwell
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verlassen, doch er starb. Er fiel einem hinterhältigen Brandanschlag zum
     Opfer, und so floh ich Richtung Süden nach Wessex. Jetzt aber wollte ich wieder zu ihnen zurückkehren. Ich würde mich, sobald
     die Dänen Exanceaster verließen, Ragnars Sohn anschließen, Ragnar dem Jüngeren, falls er denn noch lebte. Sein Schiff hatte
     zu der großen Flotte gezählt, die vor der Küste von Defnascir einem wütenden Sturm zum Opfer gefallen war. Dutzende von Schiffen
     waren gesunken, und nur einige wenige hatten sich flussaufwärts nach Exanceaster retten können, wo sie jedoch samt und sonders
     niedergebrannt worden waren. Ich wusste nicht, ob Ragnar noch lebte, hoffte aber inständig, dass er aus Exanceaster würde
     entkommen können, und dann würde ich zu ihm gehen, ihm mein Schwert anbieten und gegen Alfred von Wessex zu Felde ziehen,
     um ihn eines Tages zu zwingen, das Büßerhemd überzustreifen und auf den Knien an Thors Altar zu rutschen. Danach würde ich
     ihn töten.
    Dies waren meine Gedanken, als wir nach Oxton ritten, auf den Grundbesitz, den Mildrith mit in die Ehe gebracht hatte. Es
     war ein schöner Ort, aber mit so großen Schulden belastet, dass er mehr Sorgen als Vergnügen bereitete. Die Hügel, auf denen
     das Vieh weidete, erhoben sich im Westen der tief ins Land eingeschnittenen Mündung der Uisc. Das Gehöft war von dichten Eichen-
     und Eschenwäldern umgeben, in denen klare Bäche entsprangen, die die Felder bewässerten, auf denen Roggen, Weizen und Gerste
     gedieh. Das meist verräucherte Wohnhaus war aus Eichenholz, Lehm und Stroh gebaut und so lang gestreckt, dass es von weitem
     wie ein grüner, bemooster |35| Schanzwall aussah, aus dessen Mitte Rauch aufstieg. Der Dunghaufen im Hof, wo Schweine und Hühner im Dreck wühlten, war so
     hoch wie das Haus. Mildriths Vater hatte das Gut bewirtschaftet, unterstützt von einem Verwalter namens Oswald, der mir an
     diesem regnerischen Sonntag, als wir dort ankamen, noch einige Scherereien bereiten sollte.
    Ich war wütend, verbittert und rachsüchtig wegen Alfreds Demütigung, und es war Pech für Oswald, dass er sich diesen Sonntag
     herausgesucht hatte, um einen Eichenstamm aus dem Wald zu holen. Ich brütete süße Rachepläne aus und ließ mein Pferd dem Pfad
     durch den Wald folgen, als ich ein achtköpfiges Ochsengespann sah, das, von drei Männern gelenkt, einen großen Eichenstamm
     in Richtung Fluss schleppte. Oswald hockte rittlings auf dem Stamm und schwang seine Peitsche. Als er mich sah, sprang er
     auf die Füße und schien Reißaus nehmen zu wollen, besann sich aber und wartete ab.
    «Herr», grüßte er, sichtlich überrascht, mich zu sehen. Wahrscheinlich hatte auch er gedacht, ich sei umgebracht worden wie
     die anderen Geiseln, und vermutlich war er darüber erleichtert gewesen.
    Der Blutgestank, den die aufgescheuerten Flanken der Ochsen ausdünsteten, machte mein Pferd nervös. Es tänzelte vor und zurück,
     bis ich es beruhigen konnte, indem ich seinen Hals tätschelte. Ich begutachtete den Stamm, der an die vierzig Fuß lang sein
     mochte und so dick wie der Rumpf eines ausgewachsenen Mannes war. «Ein schöner Baum», sagte ich zu Oswald.
    Er warf einen Blick zu Mildrith, die zwanzig Schritt entfernt war. «Guten Tag, Herrin», sagte er und klaubte die Wollmütze
     von seinem krausen roten Schopf.
    «Ein leider verregneter Tag, Oswald», erwiderte sie. |36| Mildrith vertraute dem Verwalter blind, zumal er schon ihrem Vater gedient hatte.
    «Ich sagte, ein schöner Baum», wiederholte ich mit lauterer Stimme. «Wo wurde er gefällt?»
    Oswald stopfte seine Mütze hinter den Gürtel. «Auf der Hügelkuppe, Herr», antwortete er vage.
    «Die zu meinem Land gehört?»
    Er zögerte, offenbar versucht zu behaupten, der Baum habe auf dem Land eines Nachbarn gestanden, doch diese Lüge hätte sich
     allzu leicht entlarven lassen. Also schwieg er.
    «Von meinem Land?», hakte ich nach.
    «Ja, Herr», gab er zu.
    «Und wo bringt ihr das Holz hin?»
    Er zögerte erneut, kam aber an einer Antwort nicht vorbei. «Wir bringen es in Wigulfs Sägewerk.»
    «Kauft er es?»
    «Er zersägt es zu Bohlen, Herr.»
    «Ich habe nicht gefragt, was er damit vorhat», entgegnete ich, «sondern ob er es kauft.»
    Vom scharfen Klang meiner Stimme beunruhigt, warf Mildrith ein, dass auch ihr Vater manchmal Holz zu Wigulf habe schicken
     lassen, doch ich hob die Hand und hieß sie schweigen. «Wird er es kaufen?», fragte ich Oswald.
    «Wir
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