Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
Frieden schließen wollen und ihnen freies Geleit gewähren. Und wenn es
     so weit wäre, würde ich mich auf die Suche nach Ragnar machen.
    |40| Während ich wartete, fand ich meinen ersten Knappen. Ich begegnete ihm an einem schönen Frühlingstag in Exanmynster, wo freie
     Knechte ihre Dienste für die bevorstehende Erntezeit feilboten. Wie auf allen solchen Märkten waren auch hier etliche Gaukler,
     Bänkelsänger, Stelzenläufer, Spielmänner und Akrobaten anzutreffen. Außerdem machte ein großer Mann mit schlohweißem Haar
     und zerfurchtem, ernstem Gesicht auf sich aufmerksam. Er verkaufte lederne Zauberbeutel, die Eisen in Silber verwandelten.
     Er zeigte, wie es gemacht wurde, und ich sah mit eigenen Augen, wie er zwei gewöhnliche Nägel in den Beutel steckte, die kurz
     darauf aus reinem Silber waren. Der Zauber wirke jedoch erst, so erklärte er uns, wenn man ein silbernes Kruzifix in den Beutel
     stecke, diesen um den Hals hänge und eine Nacht damit schlafe. Ich zahlte ihm drei silberne Schillinge für einen seiner Beutel.
     Es hat kein einziges Mal funktioniert. Ich suchte Monate nach dem alten Gauner, doch er blieb verschwunden. Wenn ich heute
     auf Händler stoße, die Beutel oder Schatullen mit angeblichen Zauberkräften anpreisen, vertreibe ich sie mit der Peitsche.
     Damals aber war ich erst zwanzig Jahre alt und traute noch meinen Augen. Der Alte hatte viele Neugierige angelockt, doch vor
     der Kirchenpforte drängte sich eine noch größere Menge, die immer wieder wie aus einem Munde aufschrie. Ich ritt dazwischen
     und erntete finstere Blicke von denen, die wussten, dass ich Oswald getötet hatte, doch niemand wagte es, mich des Mordes
     zu bezichtigen, denn ich trug meine beiden Waffen: Schlangenhauch und Wespenstachel.
    Vor der Kirchenpforte stand ein barfüßiger junger Mann mit bloßem Oberkörper. Er war mit einem Strick, dessen anderes Ende
     um seinen Hals geknotet war, an den Torpfosten gebunden und hielt einen kurzen, derben Knüppel |41| in der Hand. Er hatte lange blonde Haare, die ihm offen auf die Schultern herabfielen, blaue Augen und ein trotzig verbissenes
     Gesicht. Brust, Bauch und Arme waren blutverschmiert. Drei Männer bewachten ihn. Auch sie hatten blondes Haar und blaue Augen
     und sprachen mit einem fremden Akzent. «Kommt und kämpft gegen den Heiden! Lasst ihn bluten! Es kostet euch bloß drei Pennys.
     Kommt und kämpft!»
    «Wer ist das?», fragte ich.
    «Ein Däne, Herr, ein heidnischer Däne.» Der Mann nahm, als er mir antwortete, den Hut vom Kopf und wandte sich gleich wieder
     der Menge zu. «Kommt und kämpft! Nehmt Rache! Lasst den Dänen bluten! Seid gute Christen! Alle Heiden sollen leiden!»
    Die drei Männer waren Friesen. Sie gehörten, wie mir schien, zu Alfreds Armee, waren aber nun, da der König mit dem Feind
     verhandelte, statt zu kämpfen, fahnenflüchtig geworden. Die Friesen stammen von der anderen Seite des Meeres, und nur ein
     einziger Grund zieht sie hierher: Geld. Irgendwie hatten die drei den jungen Dänen in ihre Gewalt gebracht, und das nutzten
     sie aus, solange er am Leben blieb. Das mochte noch eine Weile der Fall sein, denn er war gut. Ein kräftiger junger Sachse
     zahlte seine drei Pennys, bekam ein Schwert in die Hand gedrückt und hieb ungestüm auf den Gefangenen ein. Der aber wehrte
     jeden Schlag ab, Holz splitterte von seinem Knüppel, und als er die Gelegenheit hatte, traf er seinen Angreifer am Kopf, sodass
     der Sachse blutend und benommen zurücktaumelte. Der Däne setzte nach, rammte ihm den Knüppel in den Bauch und holte anschließlich
     zu einem Schlag aus, der den Schädel seines Gegners wie eine Eierschale zerschmettert hätte. Doch da zerrten die Friesen heftig
     an dem Strick, sodass der Däne rücklings |42| zu Boden ging. «Wer wagt es als Nächster?», rief einer der Friesen, während der junge Sachse, von zwei Männern gestützt, weggeführt
     wurde. «Nur Mut! Zeigt, was ihr könnt! Schlagt den Dänen, bis er blutet!»
    «Ich erledige ihn», sagte ich, stieg vom Pferd, reichte einem Jungen die Zügel und zog mein Schwert. «Drei Pennys?», fragte
     ich die Friesen.
    «Nein, Herr», sagte einer von ihnen.
    «Warum nicht?»
    «Wir wollen nicht, dass der Däne stirbt», bekam ich zur Antwort.
    «Wir wollen’s aber», rief jemand aus der Menge. Die Leute aus dem Uisc-Tal mochten mich nicht, aber Dänen mochten sie noch
     viel weniger, und die Abschlachtung eines Gefangenen miterleben zu können war eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher