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Der Weg ins Dunkel

Der Weg ins Dunkel

Titel: Der Weg ins Dunkel
Autoren: Patrick Woodhead
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Rede mehr. Stattdessen machten Presseberichte die Runde, die neu gegründete MDC habe mit der mörderischen LRA , die ursprünglich von Joseph Kony angeführt worden war, nicht das Geringste zu tun. Die Reinwaschung des neuen Regimes war also in vollem Gange, und es gab niemanden, der diese Politik besser beherrschte als die westlichen Regierungen.
    Jemand klopfte an die Schlafzimmertür.
    «Ich sagte doch, dass ich nicht gestört werden will», brüllte Mordecai und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dann starrte er auf seine zitternden Hände. Diese Albträume … Sie wurden immer schlimmer. Neuerdings überfielen sie ihn schon tagsüber. Bilder kamen ihm vor Augen und verdrängten die Dinge, die ihn tatsächlich umgaben. Tag und Nacht verschwammen zu einer unterschiedslosen Bilderflut, die aus den Gesichtern von unzähligen gequälten Opfern bestand. Aber ein Gesicht verfolgte Mordecai ganz besonders. Die Frau am Fluss, die ihn an der Lippe verletzt und ihm die Nase gebrochen hatte. Nie zuvor hatte jemand gewagt, sich ihm so furchtlos entgegenzustellen. Jeden Morgen, wenn er aufwachte, blickte er in ihre hasserfüllten Augen.
    Jener Tag hatte alles verändert. Seither fühlte er sich nackt und unsicher, und jeden Morgen wachte er mit weniger Selbstvertrauen auf als am Tag zuvor. Schon wenn er abends zu Bett ging, fürchtete er den Moment, in dem er beim Aufwachen den flammenden Blick dieser Frau wiedersehen würde.
    Wieder klopfte es an der Tür.
    «Monsieur, die ausländischen Delegationen sind da», kam eine nervöse Stimme von der Tür. «Sie hatten gesagt, dass Sie … dass Sie mit den Leuten sprechen wollten. Sie warten schon seit zwei Stunden.»
    «Dann sollen sie weiter warten», brüllte Mordecai.
    Er stand auf, wandte sich von der Tür ab und ging ans Fenster. Vorsichtig schob er den Vorhang ein Stück zur Seite. Der Palast stand auf einer Anhöhe, von der aus man die ganze Stadt überblicken konnte. Nirgendwo brannte es mehr, der Krieg war vorbei. Seit einer Woche war er, Mordecai, der Herrscher über den Kongo.
    Er ging ins Bad und dann ins Ankleidezimmer, wo alles schon für ihn bereitgelegt worden war – ein strenger anthrazitfarbener Anzug mit einer diskreten hellblauen Krawatte. Auf der Kleiderstange hing auch einer der weißen Anzüge, die er früher getragen hatte. Er war gereinigt worden, aber an Manschetten und Umschlägen waren noch graue Flecken zu sehen. Mordecai streckte die Hand aus und strich kopfschüttelnd über den Stoff. Alles war so schnell gegangen. Nach so kurzer Zeit kleidete er sich bereits wie einer von ihnen.
    Er zog sich an und ging ins Schlafzimmer zurück. An der Tür blieb er stehen, die Hand auf der Klinke, den Kopf an den Türrahmen gelehnt. Er atmete tief durch und spürte die gleiche Beklommenheit wie früher, wenn er morgens im Dschungel erwachte. Doch damals war es immer ganz leicht gewesen, ins Tageslicht zu treten, der Wahrheit zu folgen und das Richtige zu tun. Jetzt dagegen war alles ganz unklar.
    Er öffnete die Tür und wurde von seinen wartenden Bodyguards und zwei Privatsekretären in Empfang genommen.
    «Bringt mich zu ihnen», sagte Mordecai und bemühte sich um Ruhe und Gelassenheit.
    Die Männer führten ihn über einen roten Teppich die Treppe hinunter und durch etliche Zimmer in einen großen Saal, in dem die Diplomaten auf ihn warteten. Es waren über hundert, nach Nationalitäten und speziellen Interessen gruppiert.
    Als Mordecai den Saal betrat, verstummten alle und blickten erwartungsvoll zum neuen Herrscher des Kongo hinüber.
    «Muzungus»
, murmelte Mordecai und lächelte. «Sie werden es nie lernen.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Danksagung
    Es erstaunt mich immer wieder, wie selbstlos Menschen sein können. Viele haben Zeit, Wissen und Energie investiert, um mir bei diesem Buch zu helfen, und dafür bin ich ihnen unendlich dankbar, sowohl für die Begleitung bei der Abenteuerreise selbst als auch für Anregungen und Inspiration.
    Oli Steads ist mit mir in die Demokratische Republik Kongo gereist und hat alles mitgemacht. Tom Mills hat uns in London beraten, Rosemary Ruf hat uns im Okapi-Reservat aufgenommen, Mbake Shiva und Thalia Liokatis haben geholfen, wo sie konnten, Luis hat in Goma alle Probleme aus dem Weg geräumt, und Jon Cadd war unser Cessnapilot.
    Mein Dank gilt auch Adam Pletts, der sich einen Abend lang in Beirut Zeit nahm, um mir etwas über Kony zu erzählen, und Cirine El Husseini, die sämtliche Fassungen gegengelesen und
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