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Der Weg des Unsterblichen

Der Weg des Unsterblichen

Titel: Der Weg des Unsterblichen
Autoren: Anne Lueck
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in die Luft. »Ehrensache.«
    Man sah dem Gebäck wirklich an, was Monja sich für eine ungeheure Mühe damit gegeben hatte. Diesmal hatten sie ein himmelblauesTopping, entweder mit Zuckersternen oder kleinen Wolken aus Zuckerwatte. Wirklich süß. Leider wusste ich genau, dass ihre Backkünste in etwa genauso gut entwickelt waren wie ihr Gesangstalent.
    »Du sollst dir nicht immer so eine Mühe machen für mich, Moni.« Es tat mir langsam wirklich leid, dass am Ende immer unser Hund ihr liebevoll gestaltetes Backwerk zu fressen bekam. Für sie und für ihn.
    »Kein Problem, Süße, für meine beste Freundin ist keine Mühe zu groß.«
    Ich wusste, dass sie es wirklich ernst meinte und seufzte, während ich die Cupcakes ganz unten in meine Schultasche quetschte und dann den Blick wieder auf den Schulweg richtete. Links und rechts von uns reihten sich Häuser, die der Gegend den typischen Flair einer Vorstadt verliehen. Über die Zäune, die kleine Vorgärten von der Straße trennten, wucherte Efeu und anderes Gestrüpp. Ich sog die frische Luft ein, in der Hoffnung, mit zusätzlichem Sauerstoff endlich die Gedanken an Diogo verdrängen zukönnen. Es roch nach Sommer. Nach bald endendem Sommer.
    »Und, hat dir deine Familie auch schon etwas Schönes geschenkt?«
    Ich zuckte abwesend mit den Schultern. »Den dritten Band meiner neuen Lieblingsbuchreihe hab ich von meiner Mutter bekommen … und ein ziemlich scheußlich aussehendes Bild von meiner Schwester, aber man will ja nicht meckern.«
    Monja zog die Nase kraus. »Wieder eins, das sie fünf Minuten vor dem Frühstück gemalt hat?«
    Für eine Sekunde musste ich an letztes Jahr denken, als meine Schwester ganze drei Tage nicht mit mir geredet hatte, und das nur weil ich ihren Elefanten für ein Zebra mit Klumpfüßen und einer geschwollenen Nase gehalten hatte. Ich grinste. »Diesmal könnten es auch zehn Minuten gewesen sein, es war nämlich farbig ausgemalt. Oh, und natürlich erwartet mich heute Abend wieder ein Festessen à la Mama.«
    »Ich beneide dich. Meine Mutter kann weder kochen noch backen, und falls sie es trotzdem einmal tut, hat man besser eine verdammt guteAusrede parat.« Womit auch geklärt wäre, woher Monja ihr Talent fürs Backen hatte. »Was hast du dir zum Abendessen gewünscht?«
    »Dasselbe wie jedes Jahr: Cheeseburger.«
    »Cheeseburger…« Monja schüttelte ungläubig den Kopf und krallte die künstlichen Fingernägel in ihre Handtasche. Das gute Stück aus Kunstleder war nicht einmal groß genug, um einen Schreibblock darin aufzubewahren, trotzdem bestand Monja darauf, das Ding als Schultasche zu verwenden. Alles andere hätte wohl auch nicht zu ihr gepasst. »Deine Mutter könnte dir locker ein Drei-Gänge-Menü zaubern oder eine achtstöckige Torte backen und du willst Cheeseburger. Bei dir läuft doch irgendwas falsch. Hast du nach dem Abendessen wenigstens noch ein bisschen Zeit für mich? Dann wäre mein zweites Geburtstagsgeschenk nämlich eine Kinoeinladung. Der neue Film mit Navin Leevi ist angelaufen. Er ist zwar kein Engel, aber vom Aussehen her kommt er ziemlich nah ran.«
    »Keine Chance.« Ich schüttelte den Kopf. »So gerne ich auch schmachtend mit dir im Kino sitze, du weißt doch genau wie meine Mutter esfindet, wenn ich nicht einmal an meinem Geburtstag zu Hause bin.«
    »Dann musst du eben nächste Woche mit mir in den Film gehen, wenn ich dich schon an deinem Geburtstag nicht entführen darf.«, schmollte Monja, bevor das Geburtstagsthema endlich abgehakt war und sie wieder begann, mir sämtlichen Klatsch einzutrichtern, den sie in letzter Zeit gehört hatte.
    Aber ich hörte schon gar nicht mehr zu, denn meine Gedanken waren längst beim heutigen Abend und dem, was ich wirklich vorhatte.

2
    Mit einem lauten Seufzer ließ ich meine Schultasche in den Flur fallen und streckte erst einmal alle Glieder von mir. Es gab kaum Dinge auf der Welt, die ich mehr hasste als Nachmittagsunterricht. Wer konnte sich so spät denn bitte noch auf Physik konzentrieren? Ich jedenfalls nicht und deshalb war ich froh, dass die Tortur für heute ein Ende hatte. Und da war ich offensichtlich nicht die Einzige.
    “Noéeeeee!”, drang die nervtötend hohe Stimme meiner kleinen Schwester Malu durch das Haus und ließ mich zusammen zucken. »Beeil dich, Noé, ich hab Hunger!«
    Ich seufzte und schloss resigniert die Augen. Einen Moment noch genoss ich die angenehme Dunkelheit um mich herum, die der Flur ausstrahlte, genoss das Gefühl des
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