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Der Weg des Unsterblichen

Der Weg des Unsterblichen

Titel: Der Weg des Unsterblichen
Autoren: Anne Lueck
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unvorbereitet das mächtigste Amt unserer Welt innehatte. Das musste wohl erst einmal verdaut werden.
    Noé ließ einen lauten Seufzer hören, bevor sie mir erleichtert in die Arme fiel. »Einen kurzen Moment lang hatte ich Angst, aber ich hätte wohlmal wieder nicht an dir zweifeln dürfen. Entschuldige.«
    Ich lachte leise. »Das habe ich selbst. Aber mein Vater konnte nicht ahnen, dass ich zur Sicherheit auch meine zweite Waffe eingepackt hatte - das war Azriels Idee. Er meinte, dass ich sie sicher brauchen würde.«
    Noé lächelte, auch wenn es gequält aussah und sich ihre Augen sofort wieder mit Tränen füllten. Azriels Tod war für uns beide noch völlig unbegreiflich.
    »Vorsitzender.« Caim räusperte sich belustigt, und wir sahen ihn an. »Ich wollte euch nur über die durchaus interessante Tatsache in Kenntnis setzen, dass soeben die Sonne aufgeht.«
    »Was?« Im ersten Moment wusste ich gar nicht, was er meinte. Aber dann sah ich es: Durch die Balkontür am anderen Ende des Raumes fielen goldene Strahlen ins Zimmer. Mir blieb der Mund offen stehen, und ich stürzte sofort nach draußen auf die steinerne Terrasse. Es war wirklich die Wahrheit: Die Sonne ging auf. Als Noé neben mich trat und sich ebenfalls an das Geländer lehnte, sah ich sie an.
    »Seit die Unsterblichen in diesem Exil angekommen sind, vor mehr als tausend Jahren, ist hier niemals die Sonne aufgegangen. Es war Teil unserer Strafe, dass wir die Sonne nie wiedersehen würden.« Was passierte hier? Ich war vollkommen verwirrt.
    »Du bist eben anders, das hat wohl sogar eure Welt verstanden.« Sie sah hinauf in den rötlichen Himmel. Ihr Gesicht wirkte eingefallen und fahl. Einen Moment fragte ich mich, ob sie wohl jemals wieder wirklich die Sonne aufgehen sehen würde. »Es fehlt etwas, nur dann wäre dieser Morgen, dieser Sonnenaufgang … perfekt!«
    Oh ja, ich wusste, wovon sie sprach und stimmte ihr innerlich vollkommen zu.
    »Das will ich doch meinen: ein paar schöne Cheeseburger!«
    Für einen Moment schien das Blut in meinen Adern zu gefrieren und mein Herz still zu stehen. Ich hatte mich verhört, das musste es gewesen sein. Das war nicht möglich.
    Noé und ich richteten die Blicke, langsam und vollkommen ungläubig, nach unten. Und da stand er. Auf der Steinbrücke. Die Hände lässigin die Hosentaschen gesteckt, das sarkastische Grinsen uns zugewandt.
    Wir starrten ihn an, unfähig irgendetwas zu sagen. Also fuhr er sich durch die Haare. »Lasst mich raten: Es gibt keine Cheeseburger.«
    »Azriel.« Es klang mehr wie ein gequälter Laut, der aus Noés Mund kam. »Wie kann das sein? Nero hat gesagt, dass du tot bist! Das war dein letztes Leben!«
    »Dachtest du, ich lass mich von so ein paar dahergelaufenen Hühnerbrüsten töten? Komm schon, das hat doch keinen Stil, was denkst du von mir!?« Er lachte und mir rutschte vor lauter Erleichterung das Herz unter den Rippen durch.
    Noé liefen schon wieder die Tränen übers Gesicht, und er lächelte sie an. »Grüße von deinem Dad soll ich bestellen.«
    »Du hast Papa getroffen?« schluchzte sie.
    Azriel nickte lächelnd. »Im Moment meines Todes, und er hat mir etwas erzählt, was ich bisher gar nicht wusste. Als er uns damals am Waldrand gefunden hat, hat mein Herz noch geschlagen, und es hat auch nicht damit aufgehört, die ganze Zeit nicht. Ich bin damalsnicht gestorben, du und dein Vater, ihr habt mich gerettet. Und ich verspreche, dass ich auf mein jetzt wirklich endgültig letztes Leben besser aufpasse.« Er grinste schief.
    »Gott sei Dank!« heulte Noé. »Ich dachte schon dass du - Gott, Azriel, ich komme jetzt runter und umarme dich und lasse dich nie wieder los, nur dass du das weißt!«
    »Unter Umständen könnte ich vielleicht damit leben, wenn du endlich aufhörst zu heulen.« Er lachte wieder. »Du weißt doch, dass ich das hasse.«
    Noé fuhr herum und strahlte mich an. »Kommst du mit runter?«
    »Ich bleibe noch eine Weile hier oben.« Noch etwas verwirrt sah ich Caim an. »Bring sie sicher nach unten und warne schon einmal die anderen vor. Ich brauche eine Versammlung in zehn Minuten. Alle sollen kommen, ausnahmslos!«
    Er lächelte. »Sehr gern.« Die beiden verschwanden aus der Tür, und ich beugte mich wieder über das Balkongeländer. Azriel stand immer noch da und grinste. Ich lächelte ihn nuran, denn ich wusste immer noch nicht, was ich sagen sollte.
    »Na, ich hab gehört dass du jetzt der Macker auf dem Geflügelhof bist?«
    »Wo hast du das denn
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