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Der Weg des Feuers

Der Weg des Feuers

Titel: Der Weg des Feuers
Autoren: Christian Jacq
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Sonnenkrone.
    »Hüte dich vor deinen Nächsten und Untergebenen«, riet der Pharao Iker. »Schenke kein Vertrauen und vertrau dich auch nicht deinem besten Freund an. Wenn der Tag des Unglücks kommt, steht dir keiner bei. Und gerade der, dem du viel gegeben hast, wird dich hassen und verraten. Brauchst du ein wenig Ruhe, dann lass einzig und allein dein Herz über dich wachen.«
    »Dieses Misstrauen gilt aber doch nicht für Isis, und auch nicht für Sekari, Majestät?«
    »Nein, Sekari ist dein Bruder, Isis deine Schwester. Gemeinsam habt ihr schwierige Prüfungen bestanden, wodurch ihr euch auf besondere Weise verbunden seid.«
    »Ist sie wieder in Abydos?«
    »Sie macht Versuche mit dem Gold aus Punt.«
    »Dann wird der Baum des Lebens bald gerettet sein!«
    »Erst wenn Isis den Weg des Feuers gegangen ist. Und kein Mensch weiß, ob sie davon lebendig zurückkehrt.«
    »Das ist zu viel verlangt, Majestät…«
    »Unser ganzes Land steht auf dem Spiel, mein Sohn, nicht das Schicksal eines einzelnen Menschen. Wer geboren ist, wird sterben, und wer nie geboren wurde, wird auch nicht sterben. Das Leben entsteht aus dem Unerschaffenen und entwickelt sich in der Akazie von Osiris. Körper und Geist sind nicht länger getrennt, genauso wenig wie das Sein und die Urmasse, aus der die Welt geformt wird. Das Geistige grenzt das Reich der Steine, das der Pflanzen, der Tiere und das Reich der Menschen voneinander ab. Aber jedes davon zeigt schöpferische Kräfte. Aus dem Meer der Lebenskraft entspringt eine Flamme, die Isis löschen muss. Dort wird sie, im Herzen des Nun, den ersten Körper entdecken und den Augenblick erleben, in dem der Tod noch nicht geboren war.«
    »Verfügt sie denn über die erforderlichen Kräfte?«, fragte Iker besorgt.
    »Sie hat einen Zauber und die Macht des Lichts, das fähig ist, Schicksalsschläge abzuwenden und wirksam gegen isefet zu kämpfen. Sie wird einfühlsam sein, die Schöpfungsformeln bearbeiten und die Unfruchtbarkeit besiegen müssen, indem sie über Schein und Sein hinausblickt. Wissen fasst nur zusammen und ist unvollständig, Erkenntnis weltumfassend und strahlend. Schließlich soll Isis das, was sie wahrnimmt, umsetzen, Worte formen, wie ein Handwerker Holz oder Stein bearbeitet. Das rechte Wort verfügt über die wahre Macht. Wenn du in den Rat gerufen wirst, sei schweigsam und vermeide nutzloses Geschwätz. Sprich nur, wenn du eine Lösung anzubieten hast, denn die richtigen Worte zu finden, ist schwieriger als jede andere Arbeit. Lass nur gute Worte aus deinem Mund kommen, vergrabe die schlechten ganz unten in deinem Bauch und nähre dich von Maat.«
    »Wird Isis dank ihrer Einweihung gegen den Propheten kämpfen?«
    »Sie ist sich der Bedeutung ihres Auftrags durchaus bewusst. Der Prophet hat das Ziel, einen ausschließlichen Glauben einzusetzen, der für alle gelten soll. Dann wären die Menschen in einem Gefängnis eingesperrt und hätten keinerlei Möglichkeit zu fliehen, weil sie nicht einmal die Gitterstäbe erkennen würden. Doch die Schöpfung erneuert sich jeden Augenblick, und jeden Morgen geht eine neue Sonne auf, die durch ihre rituelle Verehrung in Maat verankert wird. An das Göttliche zu glauben, ist und bleibt Gefühlssache. Es zu erkennen, damit umzugehen, es auszusprechen und täglich neu zu erschaffen, ist die Lehre Ägyptens. Und der wichtigste Schlüssel hierfür ist Osiris, das immerfort wiederbelebte Wesen.«
    »Kann ich Isis nicht irgendwie helfen?«
    »Hast du das nicht bereits getan, indem du nach Punt gefahren bist?«
    »Sie hat dem Schiff den Weg gezeigt und gewusst, wie wir das grüne Gold finden konnten. An ihrer Seite verflüchtigt sich die Angst, und der Weg durch die Finsternis wird erhellt.«
    »Hat dir Isis nicht empfohlen, sie zu vergessen?«
    »Doch, Majestät, wegen der schrecklichen Prüfung, die sie in Abydos überstehen muss. Inzwischen weiß ich, dass es sich um den Weg des Feuers handelt. Entweder stirbt sie, oder der Goldene Kreis nimmt sie auf.«
    »Da hast du Recht.«
    »Was auch immer geschieht – ich kann sie also nur verlieren.«
    »Warum verzichtest du nicht auf sie?«
    »Das ist vollkommen unmöglich, Majestät. Bei jeder Aufgabe, in jeder Gefahr war sie stets bei mir. Seit wir uns zum ersten Mal begegnet sind, liebe ich sie mit dieser grenzenlosen Liebe, die sich nicht auf Leidenschaft beschränkt und ein ganzes Leben hält. Wahrscheinlich glaubt Ihr jetzt, das ist nur jugendlicher Überschwang, der mich so reden lässt,
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