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Der Weg des Feuers

Der Weg des Feuers

Titel: Der Weg des Feuers
Autoren: Christian Jacq
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Einer von ihnen fing an zu schreien und versetzte damit seine gesamten Artgenossen in Aufruhr.
    »Beruhigt euch doch, meine Guten, Ruhe, Ruhe!«
    Der Mann hatte einen Turban auf dem Kopf, war groß und bärtig und trug einen knöchellangen Umhang aus Wolle. Als er näher kam, konnte der Karawanenbesitzer sein hageres Gesicht und seine tief liegenden roten Augen erkennen.
    »Wer bist du?«
    »Der Prophet.«
    »Oh… Dann gibt es dich also wirklich?«
    Der Angesprochene begnügte sich mit einem Lächeln.
    »Ist dieser Junge dein Sohn?«
    »Er ist mein Schüler. Dreizehn hat begriffen, dass Gott zu mir spricht. Ab sofort muss mir jeder gehorchen.«
    »Keine Sorge! Ich achte und ehre alle Götter.«
    »Hier geht es aber nicht um Achtung, sondern um vollkommenen Gehorsam.«
    »Ich würde wirklich gern noch ein Weilchen mit Euch schwatzen, bin aber leider sehr in Eile. Ich will nach Sichern, der Markttag dort ist mir nämlich heilig.«
    »Ich will deine Waren haben.«
    »Du schaust aber nicht gerade so aus, als hättest du viel Geld!«
    »Meine Getreuen brauchen Lebensmittel. Deshalb wirst du uns jetzt deine gesamte Ladung zum Geschenk machen.«
    »Ich hasse diese Art von Scherzen! Geht mir jetzt aus dem Weg, ihr beiden.«
    »Du musst mir gehorchen, hast du das etwa schon wieder vergessen?«
    Der Kaufmann wurde wütend: »Jetzt hast du mir aber genug von meiner Zeit gestohlen, Freundchen! Wir sind zehn, ihr seid ein und ein Halber. Falls du ein paar Schläge mit dem Knüppel wünschst, um zur Vernunft zukommen, wollen wir damit nicht geizig sein.«
    »Dies ist meine letzte Warnung: Entweder unterwerft ihr euch mir, oder ihr werdet alle getötet.«
    Der Karawanenführer wandte sich an seine Leute: »Auf, Jungs, erteilen wir ihnen eine ordentliche Lektion!«
    Doch mit einem Mal verwandelte sich der Prophet in einen Raubvogel. Seine Nase wurde zu einem scharfen Schnabel, der sich ins linke Auge seines Opfers bohrte, seine Hände zu Fängen, die ihm das Herz aus dem Leib rissen.
    Dreizehn war mit einem zweischneidigen Schwert bewaffnet, das er mit der Schnelligkeit und Treffsicherheit einer Klapperschlange führte. Er machte sich das Entsetzen der Eseltreiber zunutze, die starr vor Schrecken waren, trennte ihnen die Gliedmaßen ab und stach ihnen mit seiner Waffe in Brust und Rücken.
    Bald war nur noch das Jammern und Wehklagen der Sterbenden und Schwerverletzten zu hören.
    Als er fertig war, trat Dreizehn stolz vor seinen Meister.
    »Da hast du ganze Arbeit geleistet, mein Junge. Du hast soeben gezeigt, was du wert bist.«
    Weil er einen ägyptischen Soldaten angegriffen hatte, war der junge Kanaaniter festgenommen, verhört und dann wieder auf freien Fuß gesetzt worden; er träumte aber weiterhin von Aufstand, Mord und Totschlag. Überzeugt davon, der Prophet wäre der beste Anführer, den er sich wünschen konnte, wurde er nicht müde, seine Verdienste zu loben. Ein Anwerber des Propheten hatte ihn ausfindig gemacht und in eines der Geheimlager gebracht, wo Dreizehn zwei unglaubliche Entdeckungen erwarteten: einmal die Lehre des Propheten, der die Vernichtung Ägyptens predigte und immer wieder, fast wie in einem Rausch, die gleichen hasserfüllten Formeln wiederholte; zum anderen eine erstklassige militärische Ausbildung, die sich der Halbwüchsige bei dieser Gelegenheit gerade zunutze gemacht hatte.
    »Ich verlange eine Belohnung, Herr.«
    »Sag, was du willst, Dreizehn.«
    »Diese Karawanentreiber sind nichts weiter als Ungeziefer und unfähig, Eure wahre Größe zu erkennen. Erlaubt mir, sie zu beseitigen.«
    Der Prophet hatte nichts dagegen.
    Und so tat der Junge seine hässliche Arbeit, ohne auf die flehentlichen Bitten seiner Opfer zu achten.
    Jetzt war er ein echter Krieger im Dienste der Sache, und hocherhobenen Hauptes geleitete er die Eselkarawane zu dem Lager, in dem sie die Anhänger des Propheten erwarteten.

    Der rothaarige Shab der Krumme konnte hervorragend mit dem Silexmesser umgehen, mit dem er seine Opfer hinterrücks tötete, und er war ein Schüler der ersten Stunde. Die Begegnung mit dem Propheten hatte ihn aus seinem unbedeutenden Räuberdasein gerissen. Sein Herr war in der Lage, die Wüstengeister zu beherrschen, er konnte sich in einen gefährlichen Falken verwandeln, war im Besitz übernatürlicher Kräfte und verkündete eine Lehre, die die Welt verändern sollte.
    Eigentlich ein eiskalter Mörder und überzeugt, dass Gewalt notwendig war, um die neue Lehre durchzusetzen, erlag Shab immer
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