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Der Wald des Vergessens

Der Wald des Vergessens

Titel: Der Wald des Vergessens
Autoren: Reginald Hill
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Ausgeburt!« Eine Botschaft, die er, Pascoe, an die mit Mohnblumen wohlgeschmückte Gemeinde, die da vor ihm saß, weiterzugeben schien. Ach ja. Man kann es nicht allen allzeit recht machen.
    »Doch Ada ließ nicht zu, daß die Vergangenheit ihre Gegenwart zerstörte. Sie schrieb sich für einen der verkürzten Lehrerstudiengänge ein, die nach dem Krieg angeboten wurden, und trotz ihres verspäteten Starts brachte sie es weit, bis an die Spitze von Redstone Junior, der Schule, die auch ich besuchen durfte. Wie ihr euch vorstellen könnt, war es kein ungetrübtes Vergnügen, die eigene Großmutter zur Rektorin zu haben. Geschenkt wurde mir in der Schule gewiß nichts, außer einer erstklassigen Erziehung. Aber außerhalb der Schule erhielt ich all die Liebe und Nachsicht, die ein heranwachsender Junge von seiner Oma erwarten darf.«
    Wieder kreuzte sich sein Blick mit dem Myras, und er konnte deutlich lesen, was er sagte.
»Omas Liebling!«
Na und? Ein Junge mit zwei älteren Schwestern, die die Hosen anhatten, brauchte irgendwo einen Halt. Noch jemand versuchte auf sich aufmerksam zu machen, die Krematoriumsaufsicht, die ihn daran erinnern wollte, daß man zwar in einem Wohlfahrtsstaat lebte, der naßkalte November jedoch dessenungeachtet immer zahlreiche Leichenwagen bedeutete und jedes Überziehen Peters einen rabenschwarzen Rückstau bis auf die Umgehungsstraße auslösen konnte. Es war Zeit, aufzuhören. Schade. Er hatte gerade das Gefühl, endlich in Fahrt zu kommen.
    »Selbst im Alter blieb sie tätig, im Beirat der Schule, in vielen Vereinen, eine Verteidigerin ihrer Vorstellungen in den Vorhöfen der Macht und auf den Plattformen des Protests.«
    Nun lief es aber wie am Schnürchen! Großartige Formulierung war ihm da geglückt. Allerdings würde er jetzt, um den Rhythmus richtig hinzukriegen, eine solözistische Verschiebung vom nominalen Trochäus zum verbalen Jambus vornehmen müssen. Was hätte ihm die alte Ada auf die Finger geklopft! Der Krematoriumsmensch sah aus, als würde er gleich Gewalt anwenden. Auf zum großen Endspurt!
    »Daß sie sanft in die letzte Ruhe einging, bezweifle ich, aber hingegangen ist sie und läßt die Welt um so trauriger zurück, da sie nicht mehr unter uns weilt. Doch verließ sie sie besser, als sie sie vorfand, und das wäre der einzige Grabspruch gewesen, den sie sich gewünscht hätte.«
    Nichts da mit großem Endspurt. Das war dümmer, als die Polizei erlaubt. Ada hatte sich über den Fortschritt keine Illusionen gemacht. Wenn sie im Fernsehen die Peepshows von Hunger, Katastrophen und Krieg sah, pflegte sie wütend zu sagen: »Die Menschheit hat nichts dazugelernt. Absolut gar nichts!« Nun ja. Wenigstens hatte er seine Mohnblume aus dem Knopfloch entfernt.
    Nun war die Schlußmusik an der Reihe. Myra hatte Elgar ausgesucht,
Enigma Variations,
was in Adas unmusikalischen Ohren wahrscheinlich wie Rinderrülpsen geklungen hätte. Die Alternativangebote der Krematoriumsaufsicht waren ähnlich klassisch feierlich gewesen. Da war Peter Pascoe jenes eine Mal eingefallen, wie Ada von ihrem Vater gesprochen hatte, an jenem Tag, als er das Foto im Sekretär fand, und er hatte seine Kassetten im Auto durchgesehen und war mit Scott Joplin zurückgekommen. Er sah den Schock in Myras Augen, als »The Strenuous Life« aus den Lautsprechern ertönte. Er würde es ihr später erklären, sie in das Geheimnis der einzigen Erinnerung Adas an ihren Vater einweihen – ja, ihrer allerersten Erinnerung überhaupt, an die schemenhafte Gestalt am Klavier, die versuchte, die Melodie eines Ragtime nachzuspielen.
    So schließt sich der Kreis … so schließt sich der Kreis.

Vier
    B ei der Beerdigung seiner Großmutter?« sagte Kommissar Andy Dalziel. »Man würde denken, daß so ein Depp mit Buchstaben hinter dem Namen auf eine bessere Entschuldigung käme.«
    »Er hat es Ihnen aber mitgeteilt, Sir«, sagte Sergeant Wield, wobei er schreien mußte, damit er in dem Regengeprassel zu hören war.
    Düster sah ihn Dalziel durch die regennasse Scheibe an, die er zwecks Förderung der Kommunikation mehrere Millimeter heruntergedreht hatte. Die Bequemlichkeit seiner Untergebenen war ihm keineswegs völlig egal, aber der Sergeant war in Regenkleidung eingepackt, und der Dicke konnte keinen Grund erkennen, warum er die Niagarafälle, die in den Falten von Wields Jacke zur Erde schossen, auf die Polsterung seines Fahrzeugs umleiten sollte.
    »Ja, und meine Oma hat gesagt, ich soll mich nicht mit
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