Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der wahnsinnige Xandor

Der wahnsinnige Xandor

Titel: Der wahnsinnige Xandor
Autoren: Ernst Vlcek
Vom Netzwerk:
konnte aus dem Sumpftoten Kraft schöpfen, aber wenn Magnor de Freyn etwas Unangenehmes widerfuhr, dann übertrug sich das auch auf ihn. Sie standen in starker Wechselbeziehung zueinander, und ob es Krüdelzuhr gefiel oder nicht, er musste sich damit abfinden.
    Der Sumpftote tauchte zurück in den Schlamm, die Lücke schloss sich über ihm, und der Schlick bildete wieder eine tragfähige Fläche.
    Aus dem Sumpf näherte sich eine leuchtende Erscheinung. Es war der Schwarm Irrwische, den Krüdelzuhr zur Erkundung ausgeschickt hatte. Nun kehrten die dienstbaren Geister zurück, um ihrem Herrn und Meister zu berichten, was sie über die vier Eindringlinge erfahren hatten. Danach wollte Krüdelzuhr seine Maßnahmen richten. Das Spiel mit den Opfern konnte beginnen.
    *
    »Lästige Mücken«, schimpfte Nottr und versuchte, die ihn umgebende Wolke aus unzähligen winzigen Leuchttieren mit dem Schwert zu vertreiben.
    »Wären nur alle Sumpfbewohner so harmlos wie diese Irrlichter«, sagte Sadagar, der nichts tat, um den ihn umtanzenden Irrlichterschwarm abzuwehren.
    »Was bist du unwissend, Steinmann Sadagar«, sagte Fahrna gehässig, die auf dem schmalen Pfad durch den Sumpf hinter dem Wahrsager ging. »Hörst du das bösartige Summen der Irrlichter? Das ist ihre Sprache. Ein geschultes Gehör kann diese Sprache verstehen.«
    »Glaubst du, es könnten Kundschafter des Xandors sein?« erkundigte sich Mythor, der an der Spitze ihrer kleinen Gruppe ging. Vor jedem Schritt, den er tat, prüfte er die Festigkeit des trügerischen Bodens. Links und rechts von ihnen brodelte der Sumpf. Gelegentlich tauchte der gepanzerte Schädel einer Echse auf. Schlangenkörper durchteilten die von Sumpfpflanzen überzogene graue Brühe.
    »Der Xandor sieht und hört alles in seinem Reich«, behauptete Fahrna. »Jedes Tier gehorcht ihm, er beherrscht jede Pflanze. Natürlich sind auch die Sumpfgeister seine Diener.«
    Mythor versuchte durch fächelnde Bewegungen seiner freien Hand, den Schwarm zu verscheuchen, der so dicht war, dass er ihm die Sicht nahm. Einige dieser leuchtenden Pünktchen waren ihm unter das Wams gedrungen und verursachten ein Kribbeln auf der Haut.
    »Ich hätte nicht alle meine Messer verschießen sollen«, klagte Sadagar. »Ohne sie komme ich mir nackt und hilflos vor.«
    »Du hast immerhin noch den Kleinen Nadomir«, sagte Fahrna giftig .
    »Hört auf zu streiten!« befahl Mythor. Er vernahm unter seinem Wams ein Knistern, als die Irrlichter über sein Pergament schwirrten. Er hatte plötzlich die abergläubische Befürchtung, dass diese winzigen Sumpfgeister das Bildnis der unbekannten Schönen bleichen könnten. Er holte das Pergament hervor, entrollte es kurz und verstaute es wieder, als er sich davon überzeugt hatte, dass das Bild unversehrt geblieben war.
    Mythor achtete nur einen Atemzug lang nicht auf den Weg. Das hätte ihn fast das Leben gekostet. Er verfing sich mit einem Bein in einer Schlingpflanze. Bevor er sich daraus befreien konnte, zog ihm die Schlingpflanze mit einem kraftvollen Ruck das Bein unter dem Körper weg und brachte ihn zu Fall.
    Mythor krümmte seinen Körper und schlug den armdicken Strang mit einem Schwerthieb ab. Aber da legten sich auf einmal weitere Schlingpflanzen wie die Fangarme eines Polypen um seinen Körper und zogen ihn in den Sumpf.
    Nottr stürzte Mythor mit einem wütenden Bellen nach. Sein Krummschwert peitschte den Sumpf auf, und er schlug einen Pflanzenstrang nach dem anderen ab. Zuckende Stümpfe, denen ein giftgrüner Saft entquoll, wühlten den breiigen Schlamm noch mehr auf.
    Mythor wurde unbarmherzig weitergezogen, geradewegs auf ein übermannshohes Gebilde aus kürbisförmig geschlossenen Blättern zu. Jetzt teilten sich die Blätter und gaben eine buntschillernde Blüte frei. Es war die schönste und größte Blume, die Mythor je gesehen hatte. Aber auch die gefährlichste. Als sich die Blütenblätter entfalteten, sah Mythor in eine Öffnung, die ihn an das Maul eines Ungeheuers erinnerte. Unterarmlange Dornen gingen wie ein Gebiss auf und zu und erzeugten ein schauriges Klappern. Dahinter leuchtete ein roter Blütenkelch wie ein gefräßiger Schlund.
    Mythor war davon nur noch zwei Armspannen entfernt.
    »Eine fleischfressende Sumpfmörderin!« hörte er Fahrna schreien.
    Nottr gebärdete sich wie ein Rasender. Er hieb mit seinem Schwert auf die Fangarme der Fleischfresserpflanze ein. Mit dem freien Arm umschlang er Mythors Oberkörper und stemmte sich mit ihm gegen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher