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Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter
Autoren: Dean R. Koontz
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lauten die Regeln? Wie müssen wir Engel vorgehen?«
    »Auf Umwegen«, sagt der Junge. »Ihr könnt ermutigen, inspirieren, erschrecken, verleiten, raten. Ihr beeinflusst das Geschehen durch Methoden, die listig, gerissen und verführerisch sind.«
    »Sieh mal an, das ist ja noch etwas, was du weißt, obwohl die meisten anderen Leute es nicht wissen«, sagt Dunny. »Und vielleicht ist das sogar wichtiger als die Tatsache, dass Zibet aus den Analdrüsen irgendwelcher Katzen, die eigentlich gar keine Katzen sind, in Parfümfläschchen abgefüllt wird.«
    Der Junge hat ein Lächeln, bei dem man das seiner wunderschönen Mutter glatt vergisst, und er besitzt ein inneres Licht, das auch ohne die Hilfe spiritueller Ratgeber leuchtet.
    »Diese Gestalten, die … die aus dem Boden aufgestiegen sind und sich auf den Wagen gestürzt haben«, sagt Ethan mit anhaltender Verwirrung.
    »Bilder von Molochs Opfern, die ich aus Wasser beschworen und auf seinen Wagen gehetzt habe, um ihn zu erschrecken«, erklärt Dunny.
    »Verdammt, das habe ich verpasst!«, sagt Fric.
    »Übrigens gürten wir Schutzengel nicht einfach unsere weißen Gewänder und befördern uns mit einem Harfenton von Ort zu Ort, wie man es euch in Filmen glauben macht.
    Wie reisen wir, Fric?«
    Der Junge beginnt vielversprechend, gerät dann jedoch ins Stocken: »Ihr reist durch Spiegel, durch Rauch und Nebel, durch Tore …«
    »Durch Tore im Wasser, über Treppen aus Schatten, auf Straßen aus Mondlicht«, souffliert Dunny.
    Fric nimmt den Faden wieder auf. »Durch Wünschen und Hoffen und schlichtes Erwarten.«
    »Würdest du gern noch ein letztes Mal sehen, wie ein Engel auf die Weise fliegt, wie Engel wirklich fliegen?«
    »Cool«, sagt der Junge.
    »Warte«, sagt Ethan.
    »Es gibt kein Warten mehr«, sagt Dunny, weil er nun den Ruf empfängt, dem er gehorchen muss. »Ich bin hier für immer fertig.«
    »Mein Freund«, sagt Ethan.
    Dankbar für diese Worte, namenlos dankbar, verwandelt Dunny seinen Körper mithilfe der Kraft, die er durch seinen Pakt erhalten hat. Er wird zu hunderten leuchtend goldener Schmetterlinge, die anmutig durch den Regen emporsteigen und sich einer nach dem anderen flügelflatternd in die Nacht falten, hinweg vom Anblick sterblicher Augen.

95
    Als Dunny sich im zweiten Stock der riesigen Villa materialisiert, um dem Ruf zu gehorchen, tritt Typhon durch die Doppeltür von Channing Manheims Privatzimmern in den Nordflur und schüttelt erstaunt den Kopf. »Sagen Sie mal, mein Lieber, haben Sie schon einen Rundgang durch diese Zimmer gemacht?«
    »Nein, Sir.«
    »Selbst ich habe einen derartigen Luxus noch nie genießen können. Aber schließlich bin ich viel auf Reisen und wohne meistens in Hotels. Selbst die besten bieten keine Suite, die mit den hiesigen Räumen vergleichbar wäre.«
    Draußen in der Nacht hört man Sirenen.
    »Mr. Hazard Yancy«, sagt Typhon, »hat die Kavallerie zwar ein klein bisschen zu spät geschickt, aber sie wird dennoch sehr willkommen sein.«
    Gemeinsam gehen sie zum Hauptaufzug, dessen Tür sich bei ihrem Nahen von selbst öffnet.
    Mit der ihm eigenen Höflichkeit lässt Typhon Dunny vorgehen. Die Tür schließt sich wieder.
    Während der Aufzug in die Tiefe fährt, sagt Typhon: »Prachtvolle Arbeit. Bravourös. Ich glaube, Sie haben alles erreicht, was Sie sich erhofft haben, und noch viel mehr dazu.«
    »Viel mehr«, gibt Dunny zu, weil er im Gespräch mit Typhon doch nur die Wahrheit sagen darf.
    »Sie müssen zugeben«, fährt Typhon mit vergnügtem Augenzwinkern fort, »dass ich alle Bedingungen erfüllt habe, auf die wir uns verständigt hatten. Ich war sogar ziemlich kulant, was ihre Auslegung betrifft.«
    »Ich bin zutiefst dankbar für die Gelegenheit, die Sie mir gegeben haben.«
    Typhon klopft Dunny freundschaftlich auf die Schulter. »Einige Jahre lang haben wir schon gedacht, wir hätten Sie verloren.«
    »Ganz und gar nicht.«
    »Ach, es war viel knapper, als Sie denken«, sagt Typhon ernst. »Um ein Haar wären Sie auf und davon gewesen. Ich bin so froh, dass es trotzdem geklappt hat.«
    Als Typhon Dunny noch einmal auf die Schulter klopft, fällt dessen Körper auf den Boden des Aufzugs, während sein Geist, noch immer in Anzug und Krawatte, stehen bleibt. Er ist das Ebenbild der Leiche zu seinen Füßen, wenn auch wesentlich weniger solide als das leblose Fleisch.
    Nach einem Augenblick verschwindet der Körper.
    »Wohin?«, fragt Dunny.
    Typhon gluckst vergnügt in sich hinein. »Im
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