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Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Titel: Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)
Autoren: Frank Patalong
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erfunden, variiert und patentiert. Allein in den USA vergaben die Behörden eine ganze Reihe von Patenten, die sich nur in Details unterschieden.
    Geht man rein nach Patentanträgen, wäre der Erfinder des Schuh-und Füße-Röntgens der amerikanische Arzt Jacob Lowe. Er will das Schuh-Fluoroskop 1917/1918 erfunden haben, um damit als Feldarzt im Ersten Weltkrieg die Füße von Soldaten, die durch Minen oder Schüsse verletzt worden waren, sofort überprüfen zu können, ohne ihnen erst das Leder von den Füßen schneiden zu müssen.
    Der findige Mediziner erkannte sofort, dass sich solch eine Untersuchung auch für nicht kaputte Füße anbot. Einen entsprechenden Patentantrag für sein »Foot-O-Scope« reichte er bereits im Februar 1919 ein. Seine Maschine unterschied sich von späteren Umsetzungen vor allem durch die andersartige Anordnung der Baugruppen: Klobig fiel bei ihm vor allem das Podest aus, auf das man steigen musste. Wie bei jedem Fluoroskop liegt die Quelle der Röntgenstrahlung auch beim Pedoskop hinter dem zu untersuchenden Objekt. Man muss also quasi auf der Röntgenröhre stehen, damit deren Strahlung durch den Fuß auf die mit dem fluoreszierenden Material beschichtete Platte fallen kann. Während spätere Designs die Elektronik in den Korpus des Fluoroskops verlegten, steckte bei Lowe noch alles im Podest, welches entsprechend hoch ausfiel. Ansonsten aber definierte Lowes Entwurf grundsätzlich alle Schuh-Fluoroskope, die für die nächsten 50 Jahre gebaut werden sollten. Allein in den USA sollen in den frühen 1960er Jahren über 10.000 Apparate in Betrieb gewesen sein, auch in Deutschland waren es mehrere Tausend.
    Doch Lowe sollte wenig haben von seiner Erfindung. Zwar war er der Erste, der einen Patentantrag stellte, aber Antrag heißt noch nicht Patent. Lowe musste erleben, wie ihn andere überholten, weil deren später gestellte Anträge schneller bearbeitet wurden: Seinem Antrag wurde erst nach acht Jahren, im Jahr 1927, entsprochen. Lowe war ein Opfer des Beamten-Monopoly geworden (das heißt, wer sich bewegt, verliert). In den meisten Quellen werden darum andere als Erfinder des Pedoskops genannt, Lowes »Leistung« geriet in Vergessenheit. Auch sollte es ihm nicht gelingen, im gleichen Maß wie die, die nach ihm kamen, am kommerziellen Erfolg der Schuh-Durchleuchtung teilzuhaben.
    Original-Patentzeichnung eines Fußröntgengeräts von Lowe (1919): Im Prinzip eine einfache Konstruktion
    Und Erfolg hatten so einige. Die britische Firma Pedoscope behauptete, ihre Apparate bereits ab 1920 in den Handel gebracht zu haben, das britische Patent wurde erst 1925 erteilt. Zu den oft genannten Kandidaten für die Pedoskop-Erfinderkrone gehörte auch M. B. Adrian, der sein Patent am 8. März 1923, basierend auf einer von ihm gebauten Maschine, beantragte. Selbst Adrian hat damit deutlich die Nase vorn im Rennen gegen Clarence Karrer, der – offensichtlich fälschlicherweise – als Pedoskop-Erfinder gilt. Karrer soll die Maschine im Jahr 1924 erfunden haben. Zu diesem Zeitpunkt aber brachten bereits in Deutschland die ersten Hersteller ihre Pedoskope auf den Markt.
    Clarence Karrer kann man demnach mit einiger Sicherheit als Erfinder der Höllenmaschine entthronen. Zumal es ein starkes Indiz dafür gibt, dass er und Adrien weniger Erfinder waren als vielmehr Plagiatoren. Karrer und Adrian lebten und arbeiteten am gleichen Ort – als Konkurrenten bei der Entwicklung und Vermarktung von Röntgengeräten, in Milwaukee. Man könnte meinen, der eine habe beim anderen abgekupfert, doch wahrscheinlicher ist, dass sie der gleichen »Anregung« folgten: Es ist dokumentiert, dass Jacob Lowe sein Foot-O-Scope 1921 auf einer Industriemesse in Milwaukee vorgeführt hatte – an jenem Ort also, an dem Adrian und Karrer lebten und arbeiteten. Kurz darauf wurde Milwaukee zu einem Hotspot der Pedoskop-Entwicklung.
    Doch egal, ob die Geschichte des Pedoskops nun mit Industriespionage oder Raubkopierertum verbunden ist oder nicht: Klar ist, dass Pedoscope in England, Ernst Gross in Deutschland und viele andere ab 1925 mit der Verstrahlung von Kinderfüßen jede Menge Geld machten.
    Adrian, der ursprünglich eine Manufaktur für medizinische Röntgengeräte in Milwaukee betrieb, spezialisierte sich bald fast ausschließlich auf das erfolgreiche Schuh-und Füße-Röntgen. Das zeigt, wie viel Profit man sich von diesem neuen Geschäft erhoffte, denn medizinische Röntgentechnik war damals Hightech vom Feinsten, ein
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