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Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Titel: Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)
Autoren: Thomas Kastura
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»gab es für Johan Land nur den Tod.«
    »Wo lernte er Marta kennen?«
    »In Köln. Valerie hat es doch heute erzählt.«
    »Und wo genau?«
    »Es steht bestimmt in ihren Aufzeichnungen.«
    Raupach begann, in den Fotokopien zu blättern. »Das dauert eine Ewigkeit. Ich kann die Schrift ja kaum entziffern.«
    »Soll ich Jakub anrufen? Der weiß es bestimmt.«
    »Tu das.«
    Heide wählte die Nummer. »Moment mal, jetzt fällt’s mir ein. Sie haben sich am Hauptbahnhof kennen gelernt. Unter dem Bahnhof. In der U-Bahn.«
    »Bist du sicher?«
    »Ja. Ich dachte noch, wie passend, wo sollten sich die beiden sonst begegnet sein?«
    Raupach sprang auf. Als er loslief, gab er durch, was er vorhatte. Heide folgte ihm.
    »Ich verständige die Kollegen am Hauptbahnhof«, sagte Woytas. »Aber ich fürchte, da ist jetzt nur noch die Bahnpolizei.«
    Raupach zog das nutzlos gewordene Mikro aus dem Kragen seiner Jacke. »Verdammt!«

    Johan nahm am Ebertplatz die Linie 18. Er hatte die vergangene Nacht in dem Zelt des Obdachlosen am Baudriplatz verbracht. Anscheinend lag der Mann nach seinem Beinbruch noch im Krankenhaus. Seine Behausung war nicht entfernt worden, dafür hatte der Pfarrer Sorge getragen. Für Johans Zwecke war es ideal gewesen. Die Kälte hatte ihm nichts ausgemacht.
    In der U-Bahn-Station Dom/Hauptbahnhof stieg Johan aus. Ein Passant starrte ihn an, als habe er etwas verbrochen. Johan fragte ihn nach dem Weg zu den Toiletten. Der Mann entspannte sich, als er sah, dass Johan nichts bei sich trug. Er wies zur Rolltreppe und wandte seine Aufmerksamkeit anderen Leuten zu.
    Als Johan die Toilette verließ, ging er zu dem Bahnsteig zurück. Ein intensiver Geruch nach Südfrüchten umfing ihn.
    Der Mann, der ihn so misstrauisch gemustert hatte, war nicht mehr da. Es waren überhaupt nur wenig Leute unterwegs. Die Menschen hatten ihren letzten Arbeitstag vor Weihnachten hinter sich gebracht. Offenbar verspürten sie keine Lust auszugehen.
    Johan setzte sich auf einen Schalensitz am Ende des Bahnsteigs, direkt hinter einen Fahrkartenautomaten. Dort wartete er und dachte nach.
    Er befand sich jetzt wieder am Anfang. Wo er die Frau, die er nicht mehr beim Namen nennen wollte, zum ersten Mal gesehen hatte. Ihr Gesicht konnte er sich schon lange nicht mehr vorstellen. Ihr Körper war zu Staub zerfallen. Der Klang ihrer Stimme war nur noch ein fernes Murmeln, wenn Johan sich anstrengte, einen Nachhall davon wahrzunehmen.
    Sie hatte keine Macht mehr über ihn. Er hatte sie mit Valeries Hilfe fortgeschickt, es war vorbei.
    Fast. Johan lächelte. Ein Letztes war noch zu tun. Er hatte es versprochen. Das Futter seiner weiten Jeansjacke roch nach dem Duftstoff des Lampenöls. Die vier leeren Milchtüten, die damit gefüllt gewesen waren, lagen im Abfalleimer der Herrentoilette. Das Öl war überall, in seinen Socken, seiner Unterwäsche, seinem Pullover. In seinen Haaren und in der Mütze auf seinem Kopf. Zitrone. Er starrte geradeaus.
    Eine U-Bahn fuhr ein. Der letzte Wagen hielt auf Johans Höhe. Eine Frau entstieg ihm. Dann war der Wagen leer. Wie Johan gehofft hatte.
    Es waren nur drei oder vier lange Schritte. Johan legte sie in seinem normalen Tempo zurück, stieg ein und ging ohne zur Seite zu schauen nach hinten durch. Er setzte sich in die letzte Reihe.
    Dann bemerkte er den Polizisten. Er trug einen Helm und einen Einsatzanzug. Bei Großdemonstrationen oder Atomtransporten gehörte das zur Ausrüstung. Der Helm war weiß und besaß ein Visier, in dem sich die Deckenbeleuchtung spiegelte. Der grüne Anzug und vor allem die schwarze Weste sahen aus, als seien sie aus mehreren steifen Platten zusammengesetzt, wie die Rüstung eines modernen Ritters. Vermutlich war er aus einem feuerfesten Material. Der Mann trug eine Maschinenpistole.
    Die Türen der U-Bahn schlossen sich.
    Der Polizist war eingestiegen, ohne dass Johan es bemerkt hatte. Er blieb im Mittelgang stehen und schwenkte den Lauf seiner Waffe in Johans Richtung. Seine Gestalt wirkte groß und drohend. Johan konnte den Blick nicht von ihm wenden.
    Er fragte sich, ob der Mann abdrücken würde. Aber er tat es nicht.
    Vielleicht hatte er den Gurt seiner Waffe nur zurechtgerückt und zielte durch Zufall auf ihn? Seine Augen waren durch das Visier nicht zu erkennen.
    Die U-Bahn fuhr los.
    Der Polizist drehte den Kopf leicht weg. Johan nahm das Streichholz in die Hand und riss es an.
    Der Mann ließ ihn weiter gewähren. Wartete er darauf, was als Nächstes passieren
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