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Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Titel: Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)
Autoren: Thomas Kastura
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hatte. Er kannte sogar Sheilas Leidensgeschichte, besaß aber keine Beweise dafür. Bis zu dem Tag, als er den halbtoten Lübben in dem Barbarossa-Bus fand. Da hatte Wesendonk vollendet, was Goodens nicht vollständig gelungen war. Um den Lieferwagen und die Leiche hatte sich Aalund kümmern müssen, als er den Wagen am nächsten Tag benutzen wollte. Aalund hatte selber genug zu verbergen.
    Daraufhin hatte Wesendonk Sheila Braq immer dann beschattet, wenn es sein Dienst zuließ. Bald hatte er gemerkt, was das Mädchen und sein Begleiter planten. Bei Materlink war es genauso wie mit Lübben gewesen: Goodens hatte es vermasselt, vielleicht bekam er Skrupel. Daraufhin brachte Paul Wesendonk die Sache zu Ende. Diesmal legte er Feuer am Tatort. Auf diese Idee war er nach Johans Briefen und dem Brand der Kinderspielhöhle gekommen.
    Tiedkes Sitz in der Linie 5 mit einem geruchlosen Brennstoff zu präparieren und die Türen mit Klebeband zu verschließen, nachdem der Mann wieder in der Fahrerkabine Platz genommen hatte, war am riskantesten gewesen. Über seiner Motorradkombi hatte Paul eine orange Jacke wie das Reinigungspersonal getragen. Er hatte gewartet, bis Sheila, Luzius, die beiden Putzleute der KVB und dann auch Tiedke den U-Bahn-Wagen verlassen hatten. Den Brandsatz hatte er unter dem Sitz angebracht. Paul hatte ihn mit einem simplen mechanischen Zeitzünder versehen. Das Feuer wurde ausgelöst, als Tiedke nach seiner Pinkelpause zurückgekommen war.
    Dass Sheila beabsichtigt hatte, Tiedke durch Gift in seinem Kaffee umzubringen, verschwieg Raupach den Medien. Das Mädchen hatte alles gestanden. Nach Raupachs persönlicher Version hatte Tiedke gar nicht von seinem Becher getrunken, was auch immer darin gewesen war.
    Bei Aalund hatte Paul Wesendonk mehr Geduld aufbringen müssen, zumal Goodens sich einschaltete und Aalund zur Simonskaul lotsen wollte. Paul hatte die Nachricht abgefangen und den lange vermissten Tourbus entdeckt. Mit Hilfe eines Nachtsichtgeräts hatte er Goodens überlistet. Eigentlich hatte Paul den Mann gar nicht verletzen, sondern nur reizen wollen. Den Tourbus anzuzünden gehörte wieder zum bekannten Feuerteufel-Szenario.
    Goodens ließ sich nicht von seinem Vorhaben abbringen. Schließlich ging er doch auf das Wagnis ein, Aalund auf dessen eigenem Terrain anzugreifen. Jetzt konnte Paul einschreiten. Dass Goodens dabei von Aalund am Kopf verletzt und ins eiskalte Wasser geworfen wurde, wo er nach dem Kälteschock jämmerlich ertrank, war nicht eingeplant gewesen. Es warf sogar Paul Wesendonks ganzen Plan um, denn Luzius und Sheila mussten unentdeckt bleiben, damit Pauls Rechnung aufging. Oder sie mussten beide sterben, wie er jetzt erkannte. Deshalb ließ er Sheila auf dem brennenden Boot zurück. Danach musste Johan Land nur noch seinen Anschlag verüben, und Paul Wesendonk hätte in Duisburg seinen Dienst antreten können, ohne dass die Ungereimtheiten der verschiedenen Fälle je geklärt worden wären. Vermutlich, so dachte er, wurden sie Aalund oder Land angehängt. Tote reden nicht.
    Raupach wartete, bis die Journalisten alles verdaut hatten. Dann fuhr er fort. Paul Wesendonk hatte es nicht für Sheila getan. Es war ihm völlig gleichgültig, was mit ihr passierte. Er wollte, dass die Musiker ihre verdiente Strafe bekamen. Er beging keine »eigenen« Morde, sondern führte das weiter, was andere seiner Meinung nach dilettantisch angefangen und nicht richtig zu Ende gebracht hatten. Nach dem Mord an Lübben hätte er aussteigen können. Aber er fand Gefallen an der Rolle des Vollstreckers. Es wurde allerdings schwieriger, sein Eingreifen zu verschleiern. Vor allem hatte er eines nicht bedacht: Er musste in dem Maße aktiver werden, in dem Sheila und Goodens zögerten und aus seiner Sicht schwach wurden, skrupulös, nachlässig. Paul Wesendonk war der wahre Trittbrettfahrer. Auf sein Konto gingen die Morde an Lübben, Materlink, Tiedke und Aalund. Das Mädchen, Sheila, hatte sich nur des versuchten Mordes oder der Beihilfe schuldig gemacht.
    Damit war Raupachs Auftritt fast beendet. Andere Erklärungen habe er nicht, sagte er. Eigentlich habe er überhaupt keine Erklärung für Mord. Es passierte und würde wieder passieren. Aus nahe liegenden Gründen wie bei Valerie. Oder wie bei Goodens, der sich einst an seinem gewalttätigen Vater gerächt hatte. Oder aus komplizierteren wie bei Paul Wesendonk – und wie bei Johan, der niemanden außer sich selbst umgebracht hatte. Er war der vierte
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