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Der Veteran: Roman

Titel: Der Veteran: Roman
Autoren: Gavin Smith , Bernhard Kempen
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Brennstoff in der Nordsee gegeben, und diese riesigen verrosteten Metallskelette waren damals Plattformen zur Förderung des Brennstoffs gewesen. Als ihre Zeit vorbei war, hatte man sie in den Hafen
geschleppt, um sie in den Docks von Dundee zu demontieren. Nachdem man mit der Demontage aufgehört hatte, war der Tay einfach zum Schrottplatz geworden. Immer mehr waren dazugekommen, bis sie den kompletten Fluss ausfüllten und man darauf zu Fuß von Dundee nach Fife gehen konnte. Vorausgesetzt, man passte gut auf sich auf.
    Schon bald waren sie zum Wohnparadies für Leute geworden, die von den Großen und Guten als überschüssig betrachtet wurden. Dazu gehörten natürlich viele Veteranen - die Vets.
    Ich trat auf die Planken des behelfsmäßigen Gerüsts hinaus, das zwischen den gestapelten fensterlosen Würfeln aus Hartplastik verlief, die meinen Mittelklassestatus in den Rigs kennzeichneten. Rechts von mir strahlte Dundee unglaublich hell im Vergleich zur spärlichen Beleuchtung der Rigs.
    Auf dem Boden neben der Tür zum Würfel lag ein kleiner Junge, der kaum älter als dreizehn sein konnte. Er war bewusstlos. Ein Opfer der Maßnahmen gegen Eindringlinge, mit denen ich den Würfel gesichert hatte, um nicht mehr als unbedingt nötig abgezockt zu werden. Mit einem Seufzer zog ich ein Stim-Pflaster aus meiner Manteltasche und drückte es auf den Arm des Jungen. Die Narben auf seiner Brust verrieten mir, dass er schon einmal den Harvesters zum Opfer gefallen war.
    »Wach auf«, sagte ich zum Jungen und schüttelte ihn. »Oder willst du noch mal geharvestet werden?« Er riss erschrocken die Augen auf und wich so schnell vor mir zurück, dass er fast vom Gerüst gefallen und in die schmutzige Brühe gestürzt wäre, die heutzutage das Flussbett des Tay ausfüllte. Ich blickte ihm nach, als er sich aufrappelte und davonlief.
    »Und versuch nie wieder, mich zu bescheißen!«, rief ich ihm überflüssigerweise hinterher, bevor ich mich zu einer weiteren Geldverschwendung entschloss und mir wieder eine Zigarette ansteckte.
    Es war ein warmer Abend. Schon bald verklebte der Schweiß
meine Kleidung mit der Haut. Ich verfluchte das defekte Kühlungssystem meines Mantels. Ich hätte auf den Mantel verzichten können, aber das wäre einer Aufforderung zum Raubüberfall gleichgekommen. Meine Hautpanzerung war gut, aber nicht annähernd so gut wie der Mantel. Er hüllte mich vom Hals bis zu den Fußknöcheln ein und hatte Schlitze an den entsprechenden Stellen, damit ich an meine Waffen herankam - wenn sie nicht alle gesperrt gewesen wären. Ich hätte das Kühlungssystem reparieren lassen können, aber ich hatte nur noch genug Geld für einen Tag in der Kabine.
    Beim Spießrutenlauf zwischen den bettelnden Vets hindurch zog ich den Kopf ein. Ich versuchte, nicht auf die entzündeten leeren Augenhöhlen zu achten, die mich anstarrten, auf die vernarbten Körper und die fehlenden Gließmaßen der außer Betrieb gesetzten Cyborg-Vets. Diese Leute hatten nicht genug Geld, um sich zivile Prothesen leisten zu können, um die Implantate zu ersetzen, die man ihnen nach der Dienstzeit wieder abgenommen hatte. Mit hochgeschlagenem Kragen überlegte ich, ob ich meine Audiodämpfung einschalten sollte, um ihr Gebettel auszublenden.
    »Heute nicht, Brüder«, murmelte ich, während ich sie passierte. Hätte ich es nicht bis in die Spezialeinheiten geschafft, wäre ich vielleicht auch unter ihnen gewesen. Die Aufrüstungen und die Ausbildung, die ich bekommen hatte, waren einfach zu teuer und maßgeschneidert gewesen, um sie wie im Fall der anderen Vets auf den Müll zu schmeißen. Ich war klug genug gewesen, einen Militärdienstvertrag auszuhandeln, der mich nicht zum lebenslangen Sklaven machte. Aber selbst nach Ende meiner Dienstzeit hatten sie immer noch das Recht, mich zur Reserve einzuberufen. Trotz der unehrenhaften Entlassung stand ich weiterhin auf der Liste - von der man eigentlich niemals gestrichen wurde - und gehörte nach wie vor zu den durchgeknallten XI-Einheiten, auch wenn das alles letztlich nur ein Witz war.

    Einmal hatte es einen verhängnisvollen Versuch gegeben, die Exmitglieder der Spezialeinheiten im Weltraum zu entsorgen. Das wäre billiger gewesen, als unsere dürftigen Pensionen zu zahlen, und es hätte bedeutet, dass wir nicht mehr nach Hause konnten, um zu einer sehr gut ausgebildeten und gefährlichen Bürde für die Gesellschaft zu werden. Doch eine Änderung der Verfahrensweise hieß, dass man uns immer noch
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