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Der versoffene Papagei

Der versoffene Papagei

Titel: Der versoffene Papagei
Autoren: Alexander Borell
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volle Einkaufstasche bei sich.
    »Ich habe geklopft und gerufen«, sagte ich. »Jetzt wollte ich gerade wieder gehen. Ich hätte gern Mister Hays gesprochen.«
    »Mein Mann ist nicht hier«, sagte sie freundlich. »Er wird auch wahrscheinlich heute abend ziemlich spät zurückkommen.«
    Ich biß auf meiner Unterlippe herum.
    »Das ist aber dumm! Man hat mich nämlich an ihn verwiesen; er sei an einer Lebensversicherung interessiert, wurde mir gesagt. Ach, verzeihen Sie, ich heiße Brown. Ich arbeite für die California Life, wissen Sie. Aber vielleicht könnte ich das auch mit Ihnen besprechen?«
    Sie wurde ein wenig verlegen.
    »Wissen Sie«, meinte sie zögernd, »natürlich könnten Sie auch mit mir sprechen. Aber ich glaube, es ist doch besser, wenn das Frank macht. Ich verstehe ja nichts von solchen Dingen. Am sichersten erreichen Sie ihn zwischen acht und neun Uhr morgens. Um neun Uhr fährt er dann immer zu den Proben nach Pasadena.«
    »Schade«, sagte ich achselzuckend. »Vielleicht kann ich es morgen früh noch mal versuchen. Ist er jetzt in Pasadena?«
    »Ja. Es wird ein neues Stück geprobt. Sie wissen ja vielleicht, daß das alte plötzlich abgesetzt wurde, weil Arthur C. Murchison tödlich verunglückt ist.«
    »Nein so was!« rief ich. »Der bekannte Schauspieler Murchison ?«
    »Ja.«
    Ich schüttelte betrübt den Kopf.
    »Ich habe ihn mal in einem Film gesehen. Da hat er mir sehr gut gefallen. Das ist doch der alte weißhaarige Herr, der immer Bankdirektoren oder so spielt?«
    Sie schüttelte lachend den Kopf.
    »Nein, nein, Mister Brown! Arthur C. Murchison war ein dicker Mann mit einem breiten Gesicht. Sie meinen vielleicht Anthony Griffith? Der ist schlank, groß und weißhaarig.«
    »Ach ja, richtig! Anthony Griffith heißt er. Na schön, Mrs. Hays, ich will Sie jetzt nicht länger aufhalten. Sagen Sie bitte Ihrem Mann, daß ich wahrscheinlich morgen nochmals vorbeikomme.«
    Sie versprach es auszurichten, und ich setzte mich sehr zufrieden in meinen Wagen. Ich war nun sicher, daß sie nicht zum nächsten Telefon rennen und ihn anrufen würde.
    Ich wendete meinen Wagen, und während ich die schlechte Straße in Richtung Beverly Hills fuhr, bekam ich plötzlich Lust auf Makkaroni, Ravioli oder Pasta asciutta .
    Ich fuhr schnurstracks nach Hause.
    Tante Elena überraschte mich damit, daß sie weder Makkaroni noch Ravioli, noch Pasta asciutta gemacht hatte.
    »Ich habe ja nicht gewußt, daß du ausgerechnet heute zum Essen heimkommst«, sagte sie. »Für mich allein koch’ ich ja nicht erst lange. Aber wenn du ein bißchen Zeit hast, könnte ich Spaghetti machen, die habe ich im Haus.«
    Ich nahm mir die Zeit, und wir aßen zusammen Spaghetti.
    »Wo ist eigentlich dein Hut?« fragte sie während des Essens.
    »Mein Hut?«
    Ich zog die Garderobenmarke aus der Tasche.
    »Da. Im >Blauen Papagei<. Ich bin ein bißchen plötzlich aufgebrochen.«
    »Heiliger Antonius«, sagte sie. »Wenn ich nur alle Hüte und Handschuhe hätte, die du schon irgendwo hast liegenlassen, dann könnte ich von dem Verkauf ganz gut leben.«
    Nach dem Essen bat ich sie, mir die Bühnenaufnahmen zu geben.
    »Dort drüben«, sagte sie, während sie mir eine Tasse Kaffee einschenkte. »Dort drüben im Ofen, im Bratrohr .«
    Ich ging hin, schaute hinein und sagte:
    »Da sind sie nicht, Tante Elena.«
    »Was? Da sind sie... ach ja! Da hatte ich sie zuerst. Aber dann dachte ich, daß ich sie dort vergessen könnte, wenn ich mal Feuer mache. Sie sind im Badezimmer, hinter der Badewanne.«
    Ich ging ins Badezimmer, fand aber nichts hinter der Wanne.
    »Da sind sie nicht, Tante Elena!« rief ich in die Küche hinüber. »Wo, zum Teufel, hast du sie jetzt wirklich?«
    »Da sind sie nicht? Madonna! Aber ich habe sie doch da hingetan!«
    Sie kam ins Badezimmer, bückte sich ächzend, kniete nieder und fuhr laut schnaufend mit der Hand hinter der Badewanne auf und ab. Dann schaute sie mich überrascht an.
    »Ja«, keuchte sie. »Da sind sie wirklich nicht. Aber ich hab’ sie doch... ach, du liebe Güte! Nein! Da können sie gar nicht sein! Ich habe sie da auch wieder weg, weil ich dachte, wenn jemand hier herumschnüffelt, wird er auch hinter die Badewanne schauen. Moment mal — wo habe ich sie denn dann hin? Ja, jetzt weiß ich’s wieder. Sie stecken unter Miss Simpsons Käfig.«
    Dort steckten sie tatsächlich.
    Ich nahm sie heraus, holte mein Vergrößerungsglas und betrachtete sie alle der Reihe nach. Plötzlich durchzuckte mich ein
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