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0728 - Angst in den Alpen

0728 - Angst in den Alpen

Titel: 0728 - Angst in den Alpen
Autoren: Jason Dark
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Jedenfalls hatte es im Tal nicht geschneit, aber der Winter würde noch kommen. Ende November schlich er sich höchstens einmal wie ein Raubtier in die Täler, um sie für kurze Zeit mit dem weißen Leichentuch einer Schneeschicht zu bedecken.
    Den Himmel konnte ich nicht sehen. Alles um mich herum war grau in grau. Himmel, Erde, die einzelnen Richtungen, das alles wühlte zusammen. Es war eine Soße, durch die der Schnee toste, bevor er sich zu Boden legte oder von Windstößen zu wahren Haufen und Verwehungen zusammengetragen wurde.
    Für mich war es wichtig, die Richtung beizubehalten, nur nicht verirren. Ich mußte die Hütte finden, ansonsten war alles zu spät. Da lief ich dann im Kreis herum und konnte mich irgendwann in einer Schneewehe begraben lassen.
    Von meinem Begleiter sah ich nichts. Er war irgendwo hinter mir zurückgeblieben. Er hatte als Führer fungieren sollen. Das war auch ganz gut gelaufen, bis er das Pech gehabt hatte, in eine Spalte oder ein Loch zu treten, was schlecht für sein rechtes Bein gewesen war. Er hatte es sich umgeknickt und sicherheitshalber den Rückweg angetreten.
    Ich wollte die Hütte finden!
    Mit gesenktem Kopf stampfte ich weiter. Unterschiedlich tief sackte ich an den bestimmten Stellen ein. Manchmal bis zu den Knien.
    Ich kämpfte mich voran.
    Ich befand mich im Auge des Wirbels. Eingefangen von der Kälte. Ich war nicht im Himalaya, sondern in den Alpen, an der Grenze zwischen Österreich und der Schweiz und dachte daran, daß dieser Weg im Sommer häufig von Wanderern benutzt wurde.
    Nicht jetzt…
    Und ich dachte weiter.
    Irgendwo in dieser Hölle sollte sich das Grauen versteckt halten. Ein furchtbares Etwas, ein Tod, der die Menschen brutal überfallen hatte. Keiner wußte etwas Genaues. Viele sprachen von einem Monstrum aus dem Eis, andere nannten es den Tod aus dem Gletscher, wieder andere hielten dieses Gebiet insofern für etwas Besonderes, daß sich hier Welten trafen und sich gegenseitig öffneten, was immer damit auch gemeint war.
    Eines stand fest.
    Menschen hatten auf grausame und rätselhafte Weise ihr Leben verloren, und ich war gekommen, um den Spuren nachzugehen. Ich wollte mich mit einer Person in der Berghütte treffen, die angeblich Bescheid wußte und mir mehr sagen konnte. Dazu mußte ich die Hütte erst einmal finden und drückte mir ständig die Daumen, es auch ohne Führer zu schaffen. Es war einfach nicht meine Art, so schnell aufzugeben.
    Die Thermojacke hielt mich warm. Der Wind war am schlimmsten. Oft genug umheulte er mich wie ein wildes Tier. Er stieß Schreie aus, er wimmerte und jammerte, er blies den Schnee in gewaltigen Wolken vor sich her, er war überall, er packte auch mich, so daß ich oft genug Stöße mitbekam, die ich nur mühsam ausgleichen konnte.
    Es ging bergauf, immer wieder bergauf.
    Manchmal steil und mühsam, dann wieder flacher, aber es gab nichts, was mir keine Mühe bereitet hätte.
    Ich war das Opfer, ich wurde gekrallt, an mir biß er sich fest, aber er biß sich auch die Zähne aus.
    Ich machte weiter. Ich stampfte durch die Weiße Hölle, denn ich wußte, daß der Sturm irgendwann aufhören würde. Dann sah alles besser aus.
    Zum Glück lag der Schnee noch nicht so hoch, als daß er alle Markierungen hätte verdecken können. Und manchmal legte der Wind eine Atempause ein. Die wirbelnde Masse riß auf, so daß ich einen kleinen Ausschnitt dieser herrlichen Umgebung erkennen konnte. Sogar die Hütte sah.
    Zuerst glaubte ich an eine Täuschung, doch beim nächsten Aufreißen erkannte ich sie deutlich.
    Sie war da. Sie trotzte dem Wind, war auf einem Felsvorsprung errichtet worden und wurde im Sommer bewirtschaftet, da sie auch ein Ziel für Wanderer war.
    Ich lachte hart in den Wind hinein. Er hatte mich nicht besiegt, und auch der verdammte Schnee hatte es nicht geschafft. Der Anblick meines Ziels hatte meinen Motor wieder auf Vordermann gebracht. Jetzt konnte mich nichts mehr halten.
    Ich beeilte mich.
    Der Schnee lag dick wie Watte. Wieder sank ich tief ein, zerrte die Beine hervor, fluchte, ging einmal auf allen vieren einen schneebedeckten Hang hoch, wischte mein Gesicht sauber und spürte die Kälte auch auf meinen Lippen.
    Ich mußte einen Bogen schlagen, um die Terrasse zu erreichen. Die Stufen sah ich nicht. Der Schnee bedeckte sie völlig. Ich bemerkte sie, als ich darüber stolperte, weil ich durch mein Gewicht ziemlich tief eingesackt war.
    Dann stand ich vor dem Haus.
    Ich schaute hin.
    Der Schnee klebte
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