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Der versoffene Papagei

Der versoffene Papagei

Titel: Der versoffene Papagei
Autoren: Alexander Borell
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Sie sich verkrümeln!«
    Ein rotes Licht flammte über den Spiegeln auf. Eddie Cooper sprang aus dem Sessel.
    »Bis dann!« rief er. »Ich muß auf die Bühne.«
    Er trat zum linken Waschbecken und nahm eins von den drei kleinen braunen Fläschchen, die da bereitstanden. Eddie steckte es in seine linke Hosentasche, winkte uns zu und verließ die Garderobe.
    Ich trat zum Waschbecken.
    »Das sind also diese gefährlichen Fläschchen«, sagte ich.
    Es waren braune Medizinflaschen für fünfundzwanzig Kubik-Zentimeter Inhalt. Sie waren etwa halb voll und mit einem Korken verschlossen.
    »Ja«, sagte Frank Hays, trat neben mich und nahm ebenfalls ein Fläschchen in die Hand. Er machte den Korken auf und roch daran.
    »Hm!« machte er und blinzelte mir zu. »Schließlich ist das ja auch ein Gift—wenn man zuviel davon schluckt, nicht wahr?«
    Er hielt mir die Flasche unter die Nase, und ich roch Whisky.
    »Bei der fünften Vorstellung«, erzählte er, während er das Fläschchen in seiner rechten Hosentasche verschwinden ließ, »da haben wir den Whisky ausgetrunken und Wasser eingefüllt. Murchison hat hinterher getobt und seinem Garderobier einen entsetzlichen Krach gemacht. Es ist nämlich sein Privatwhisky. Sie müssen jetzt aber bald raus, der letzte Akt hat schon begonnen.«
    Wir gingen zusammen in den Bühnenraum. Während Frank Hays auf der Seite des Inspizienten stehenblieb, schlich ich mich auf Zehenspitzen hinter ihnen vorbei. Im Halbdunkel sah ich den Darsteller des Polizisten auf einer Kiste sitzen.
    Ich ging weiter bis zu der Stelle, von wo aus ich durch die offene Schiebetür die Bühne sehen konnte. Hier stand ein Feuerwehrmann, der sich offenbar langweilte.
    Eddie Cooper und Mary Spencer waren auf der Bühne. Mary nahm gerade eine Whiskyflasche aus dem Schrank, stellte sie auf den Tisch und sagte, während sie ein Glas holte:
    »Es hilft ja alles nichts, er ist zu alt, als daß er sich noch ändern würde. Es fragt sich nur, wer von uns beiden den anderen zuerst umbringt: er mich oder ich ihn!«
    Ihr Bruder entgegnete:
    »Er bringt dich nicht um, Mabel, verlaß dich drauf.«
    In dieser Art ging der Dialog noch eine Weile weiter, bis Mary das Glas zur Hälfte voll Whisky goß.
    »Wenn’s doch Gift wäre, Randy!« sagte sie dabei. »Wenn’s doch Gift wäre! Wenn er es tränke, und es wäre sein letzter Drink!«
    Ihr Bruder antwortete nun:
    »Warum stellst du’s ihm auch noch hin, Mabel? Schütte das Zeug doch weg.«
    Sie zuckte müde mit den Schultern. Es war eine rührende, verzweifelte Gebärde fern jeder Auflehnung; sie war zu müde, um noch dagegen anzukämpfen, aber man fühlte förmlich, daß sie langsam in eine Verzweiflung hineintrieb, die Schlimmes ahnen ließ.
    »Wenn ich es nicht tue«, sagte sie, »dann fängt er sofort an zu schimpfen. Und wenn ich’s tue, schimpft er erst, wenn er betrunken ist. Ich muß mich jetzt ums Essen kümmern.«
    Sie verschwand durch die Tür, und ich sah, wie sie dem Inspizienten lachend etwas zuflüsterte.
    Ich hatte meine Kamera schußbereit in den Händen und beobachtete gespannt, was nun folgen würde.
    Eddie Cooper, der Bruder, ging zur Tür, lauschte, drehte sich so, daß ich ihn gut von vorne sehen konnte, und zog das Fläschchen aus seiner rechten Hosentasche. Während er es entkorkte, hielt er es so, daß es die Zuschauer wahrscheinlich deutlich sehen konnten, nach meiner Seite hin war es jedoch von seiner Hand verdeckt.
    Er stand jetzt an dem Tisch, goß den Inhalt mit einer raschen Handbewegung ins Glas — ich konnte sehen, daß er wirklich etwas hineinschüttete, und die Zuschauer sahen es sicherlich auch. Er verkorkte das Fläschchen hastig und steckte es wieder in seine Tasche. Hierauf beugte er sich über das Glas, roch daran, nickte vor sich hin und sagte:
    »Nichts. Er wird’s nicht merken.«
    Jetzt ging er bis zur anderen Seite des Zimmers, griff nach einer dort liegenden Zeitung, blätterte darin, und als Mary Spencer wieder durch die Tür hereinkam, nahm er sie beim Arm.
    »Komm, Mabel, gehen wir noch ein bißchen in den Garten.«
    Die beiden verschwanden.
    Unmittelbar darauf erschien Frank Hays auf der Bühne. Er schloß die Türe leise hinter sich, ging bis zur Zimmermitte, blieb lauschend stehen, eilte lautlos zum Fenster, tat als ob er hinausschaute und wandte sich dann zum Tisch. Er schien noch zu zögern, aber dann schob er seine Hand langsam in die rechte Hosentasche, wandte sich ein wenig ab, ging nochmals zum Fenster zurück, kehrte
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