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Der verrueckte Feuerspuk

Der verrueckte Feuerspuk

Titel: Der verrueckte Feuerspuk
Autoren: Alexandra Fischer-Hunold
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herab und flüsterte ihr ins Ohr: „Lassen wir uns doch einfach überraschen!“
    „Noch zehn Sekunden bis Mitternacht“, flüsterte Paula. Aufgereiht wie die Orgelpfeifen lugten Max, Paula und Sherlock durch den schmalen Türspalt aus ihrem Zimmer.
    „Wenn gleich ein Gespenst um die Ecke biegt, wird es groß und dünn sein, genau wie Herr Moosbroger“, verkündete Max siegessicher. „Mir macht der nichts vor! Beim Abendessen hat er sich nämlich verraten. Er ist Tag und Nacht mit dem Hotel beschäftigt, hat er gesagt.“
    „Also, Einstein“, wisperte Paula, „ich widerspreche dir nur ungern, aber …“
    „Silencium!“, fauchte Sherlock. „Ich glaube, es kommt jemand!“
    „Wie cool!“, rief Paula.
    Sie spürten einen Luftzug und alle Wandfackeln erloschen.
    „Grundgütiger!“, stieß Sherlock ehrfurchtsvoll hervor.
    Sie hörten ein Geräusch, das immer lauter wurde. Es klang wie ein Sack, der über die Erde geschleift wurde. Jetzt zuckte am Ende des Flurs ein schwaches Licht auf. Der Lichtkegel vergrößerte sich schnell.
    Paula hielt den Atem an. „Max, wer kommt da?“ Sie tastete nach Max’ Hand.
    „Herr Moosbroger“, antwortete Max unbeirrt. Er war sich seiner Sache so sicher, dass er ausnahmsweise mal mutiger war als seine Schwester.
    Heiseres Geflüster wie von hundert Stimmen echote über den Gang. Es klang fürchterlich.
    Paula starrte auf das Licht und versuchte die aufsteigende Angst niederzukämpfen. Da bog eine Gestalt um die Ecke. In der rechten Hand hielt sie eine Fackel. Die Kapuze der dunklen Mönchskutte hatte sie sich tief ins Gesicht gezogen.
    Plötzlich merkte Paula, wie Max ihren Händedruck mit kalter, schweißnasser Hand erwiderte.
    „Was hast du?“, fragte Paula.
    „Da-da-das ist nicht Herr Moosbrog-g-g-ger“, stammelte Max. „Der da ist viel zu klein und zu dick.“

    „Haha! Ein Gespenst! Ein echtes Gespenst!“, triumphierte Sherlock. „Ein Artgenosse! Ein Freund! Nach so vielen Jahren! Wäre ich noch lebendig, würde ich jetzt eine Träne der Rührung vergießen!“
    Max und Paula teilten Sherlocks Begeisterung nicht im Geringsten. Bibbernd klammerten sie sich aneinander, als die heisere Stimme zu einem Klagegesang anhob.
    Sherlock zupfte Manschetten und Jacke zurecht, zwirbelte seinen Schnurrbart und schwebte auf den Gang.
    „Bruder Sebastianus! Ihre Jahre der Einsamkeit sind vorbei! Darf ich mich vorstellen? Sherlock Freiherr von …“
    Plötzlich war es wieder dunkel. Der Gesang war verstummt.
    „Schalt die Taschenlampe ein, Max!“, rief Paula aufgeregt.
    „Kann ich nicht!“
    „Wie? ‚Kann ich nicht‘?“
    „Die ist noch in meinem Rucksack!“
    Paula wollte nach Sherlock rufen, doch sie brachte nur ein leises Krächzen hervor.
    „Nicht! Nicht weglaufen, Bruder Sebastianus!“, hörten sie Freiherr von Schlotterfels rufen. „Bruder Sebastianus? Sapperlot noch eins! Schleicht sich einfach von dannen! Ich habe mich doch nur an der Wandhalterung verhakt. Ich weiß nicht, ob Ihnen auch schon mal so ein Malheur passiert ist“, führte Sherlock aus.
    „Ist er wirklich weg?“, fragte Paula ängstlich, als Sherlock wieder bei ihnen war.
    „Verschwunden“, grollte er.
    „Und ich war mir so sicher, dass Herr Moosbroger für seine Gäste das Gespenst spielt“, sagte Max leise.
    „Tja, errare humanum est“, triumphierte Freiherr von Schlotterfels.
    „He, das stand unter meiner letzten Mathearbeit!“, rief Paula.
    „Und weißt du auch, was das heißt?“, fragte Max und grinste.
    „Nö.“
    „Irren ist menschlich.“
    „Blödmann!“
    „Stimmt aber.“
    „Trotzdem Blödmann!“
    „Aber …“
    „Wenn ich euren kleinen Disput unterbrechen dürfte …“, näselte Sherlock gelangweilt. „Das Zusammentreffen mit meinem Artgenossen hat mich doch sehr angestrengt.“ Er gähnte und schwebte mit Lilly auf das Bett zu. „Ich muss jetzt ruhen, soll die nächste Begegnung mir zum Ruhm gereichen!“
    „Was der wieder brabbelt“, meckerte Paula leise und schleuderte ihre Pantoffeln in die Ecke. „Hey, Freiherr von Schlotterfels! Was machen Sie denn da?“
    Sherlock hatte es sich gemütlich gemacht. Die Decke bis zur Nasenspitze gezogen, machte er sich in dem Doppelbett breit. Lilly lag wie ein Kuscheltier neben ihm. Er hob die Schultern. „Sieht man das nicht?“
    „Das ist aber Max’ und mein Bett!“
    Das Gespenst schnappte nach Luft. „Soll das etwa heißen, ich, ein Freiherr von Schlotterfels, soll auf dem Boden nächtigen?“
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