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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat
Autoren: Vince Flynn
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»Negativ-Spots« zur Diffamierung des Gegners waren vorbereitet, und wenn es ihnen bis Montag nicht gelang, den Rückstand zu verkürzen, würde das Ganze zu einer Schlammschlacht ausarten. Ross wusste, dass sie diese Spots gegen ihre Widersacher einsetzen würden – die Frage war nur, ob sie noch in dieser Woche oder erst in der nächsten damit beginnen sollten. Der Wahlkampf würde noch mit härteren Bandagen geführt werden – es drohte eine Schlammschlacht bis zum bitteren Ende.
     
    Vier Blocks entfernt zahlte Gavrilo Gazich seinen Espresso in bar und achtete darauf, dass der Schirm seiner roten Washington-Nationals-Baseballmütze tief genug nach unten gezogen war, dass die Sicherheitskamera über der Kassiererin sein Gesicht nur bruchstückhaft einfangen konnte. Er trug außerdem eine Sonnenbrille, mit der der Killer an diesem sonnigen Frühlingsvormittag absolut nicht auffiel.
    Gazich operierte am liebsten in Afrika. Dort hatte er sich nach den Jahren der Ausbildung in seinem vom Krieg zerrissenen Heimatland Bosnien einen Namen gemacht. Bei all den korrupten Politikern und Generälen auf dem Schwarzen Kontinent gab es dort jede Menge Aufträge für einen Killer. Die Milliarden an Entwicklungshilfe, die von Staaten und internationalen Hilfsorganisationen in die verarmte Region gepumpt wurden, bildeten einen zusätzlichen Anreiz für diese Leute, sich gegenseitig abzuschlachten. Es war unglaublich, welche Ausmaße Korruption und Vetternwirtschaft bis hinunter ins kleinste Dorf annahmen. Schätzungen zufolge kamen von jedem Dollar an Entwicklungshilfe gerade einmal zehn Cent bei den Menschen an, die das Geld wirklich brauchten.
    Die Leute an der Spitze – die einander bekriegenden Führer der politischen Parteien, Stammesfürsten, Militärkommandanten und Gangster –, sie alle kämpften für ihren Anteil am Kuchen und nahmen dabei auch auf die Zivilbevölkerung keinerlei Rücksicht. Es war einfach unglaublich, wie die Leute sich gegenseitig abschlachteten. Ein Menschenleben galt genauso wenig wie irgendwelche Gesetze. Angesichts der Zustände in manchen Regionen Afrikas wirkte selbst der Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien wie eine bloße Auseinandersetzung zwischen zwei verfeindeten Banden.
    Während der Belagerung von Sarajevo hatte Gazich schreckliche Dinge zu sehen bekommen – doch das alles war nichts im Vergleich zu dem Leid, das in den von Kriegen zerrütteten Gebieten Afrikas herrschte. Er selbst profitierte jedoch von diesen Zuständen. Die Mischung aus Chaos, Korruption, Brutalität und Gesetzlosigkeit schuf ein ideales Umfeld für ihn. Die Kriegsherren in Afrika strebten ständig danach, ihre Macht zu vergrößern. Sie hielten sich an die Maxime, dass jeder, der nicht nach mehr strebte, schon so gut wie aus dem Rennen war. Das Schwierigste für Gazich war, stets den Überblick über alle Akteure und ihre ständig wechselnden Allianzen zu behalten.
    Er hatte diesbezüglich eine klare Regel. Arbeite nur für die rücksichtslosesten Leute, und triff dich nie mit ihnen auf ihrem Territorium. Wenn sie ihn anheuern wollten, mussten sie jemanden nach Athen oder Istanbul schicken. Früher hatte er sich auch oft in Kairo aufgehalten, aber seit die Twin Towers in New York nicht mehr standen, fühlte er sich in der ägyptischen Hauptstadt nicht mehr sicher. Der Präsident des Landes stand den Vereinigten Staaten zu nahe, und mit seinem äußerst effizienten und rücksichtslos vorgehenden Geheimdienst ließ man sich besser nicht ein.
    Seit über zehn Jahren war er nun in Zypern zu Hause. Hier fand er die Ruhe, die er brauchte, um sich zwischen zwei Aufträgen zu erholen. Um in die vom Krieg gezeichneten Länder hinein- und wieder hinauszugelangen, hatte er sich manchmal als Journalist ausgegeben, gelegentlich auch als Techniker einer Ölgesellschaft oder als Söldner. Meistens jedoch trat er im Namen irgendeiner Hilfsorganisation auf. Er betrieb eine kleine Firma namens Aid Logistics Inc. in Limassol, die sich darauf spezialisiert hatte, im Dienste der Entwicklungshilfe Wege durch den undurchdringlichen Dschungel der Bürokratie in den von Kriegen heimgesuchten Regionen Afrikas zu finden. Seine Dienste hatten ihm sogar die Anerkennung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz eingebracht. Das Geschäft warf einen netten kleinen Profit ab, doch vor allem verschaffte es ihm eine legale Basis für seine Aktivitäten. Die Firma half ihm, Kontakte zu knüpfen und über die ständig wechselnden Akteure in
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