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Der verlorene Freund: Roman (German Edition)

Der verlorene Freund: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Freund: Roman (German Edition)
Autoren: Carlos María Domínguez
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gerichtet, während wir einen Scheinwerfer, vielleicht einen Seitenspiegel splittern, Blech krachen hörten, und dann zischte Luft aus einem Reifen, eine lange Minute lang. Als würde nicht aus dem Reifen, sondern aus dem Schuppen die Luft herausgelassen. Die Blechwände zeigten hier und da Löcher, die Silberfolie hinter der Bar, die als Spiegel diente, hatte eine angesengte Ecke, und die dünne Frau war die Einzige, die lächelte. Sie wiegte den Kopf und lächelte, die verschränkten Arme auf die Theke gestützt, verzaubert von dem Reifenzischen, dessen Grund mir schleierhaft blieb – vielleicht war sie die Tochter, die Freundin, die Schwester – und ebenso dessen Botschaft.
    Als Santana zurückkam, sagte er, jetzt müssten wirgehen. Ohne sich noch einmal zu setzen, bestand er darauf, die Rechnung zu bezahlen, und hastig gingen wir drei hinaus. Doch den Jeep startete der Kommissar langsam genug, damit ich die zerstörten Seitenspiegel sehen konnte. Er machte eine Kehrtwendung, und wir tauchten unter im Dunkel der Straße.
    Nach einer kurzen Strecke sagte Beppo:
    »Das war dumm.«
    Wir holperten über Schlaglöcher, und da Santana immer noch starr auf die Windschutzscheibe blickte, wiederholte der Richter:
    »Das hättest du nicht tun sollen.«
    Da riss der Kommissar das Lenkrad herum, um einem Hindernis auszuweichen, das ich auf dem Rücksitz nicht ausmachen konnte. Die Straße hüpfte mir vor den Augen, mein Kopf wurde dumpf, und ich konnte mir keinen Reim auf das Dunkel hinter den Fenstern machen.
    »Geht dich nichts an«, sagte Santana schließlich. »Muss dich nichts angehen.«
    »Aber ich habe dir gesagt, dass es nicht so war.«
    »Nicht deine Angelegenheit«, entgegnete der Kommissar und stellte den Motor aus. Ich dachte, dass wir nun seitlich von der Straße kippen würden, aber ein Weg bog ab, und wir tauchten in einen Eukalyptuswald, wo der Jeep schließlich zum Stillstand kam.
    »Sag, was du willst, es war ein Fehler«, beharrte Beppo.
    »Nächstes Mal lasse ich dich im Club.«
    »Immer wieder der gleiche Fehler.«
    »Bist du jetzt still?«
    Ich glaubte schon, sie würden aussteigen und sich prügeln, aber sie blieben reglos sitzen. Der Mond war spät hervorgekommen, mit seinen Hörnern sah er aus wie eine Melonenscheibe. Als ich das schiefe Schild erkannte, war mir die Lust auf Erklärungen vergangen. Das Schweigen im Jeep war zäh, mein Blut war zäh, und das Halbdunkel um uns herum besaß den Glanz einer Erwartung, die von Minute zu Minute greifbarer wurde.
    »Das war es also«, sagte ich ohne Groll, doch keiner der beiden würdigte mich einer Antwort. Endlose Minuten harrten sie aus, gebannt vom blauen Schatten der Bäume im Mondlicht, bis wir ein Geräusch hörten und schließlich von Corrales her das gelbliche Flackerlicht eines Motorrads näher kommen sahen. Am Schild hielt es an, ein Mann stieg ab und ging mit einem Zigarettenstummel zwischen den Lippen hin und her, wortlos sahen Santana und Beppo zu. Kaum wahrscheinlich, dass Nelson uns im Dunkel des Waldes sah oder die Alkoholfahne aus dem Jeep roch.
    »Sie hätten nur fragen müssen, ich hätte sie hinbegleitet«, stellte ich klar.
    »Keine Sorge. Sie haben das Ihre getan«, sagte Beppo.
    »Aber das da ist ein ganz übler Kerl.«
    Wir sahen, wie er um das Motorrad herumging und mit der Schuhspitze auf den Boden klopfte, nicht nervös, sondern als wollte er die Zeit totschlagen.
    »Ich wüsste zu gern, warum sich der Junge an ihn gewandt hat, an so einen Typ …«
    Der Kommissar berührte mich am Arm, so dass ich den Satz nicht beenden konnte. Etwas glänzte rechter Hand auf, zwischen dem Gestrüpp und den Büschen, und plötzlich huschten zwei schnelle Schemen Richtung Straße, überstiegen den Drahtzaun und gingen zum Motorrad.
    Im fahlen Schimmer sahen wir sie reden, sie beugten sich über etwas, was wir nicht erkennen konnten, und gleich darauf schienen sie zu streiten. Jonathan stieß Nelson gegen das Motorrad, das umkippte. Nelson wollte Jonathan hinterherstürzen, doch das Mädchen hängte sich an seinen Hals, und bei dem Versuch, sie abzuschütteln, taumelte er und fiel auf die Knie. Da drehte Jonathan um und schlug ihm auf den Kopf. Ich begriff nicht, warum der Kommissar im Jeep sitzen blieb.
    »Sie müssen aussteigen«, forderte ich, doch er hing weiterhin schwerfällig über dem Lenkrad.
    Jetzt sahen wir das Mädchen und den Jungen ein paar Schritte zurückweichen, während Nelson sich aufrichtete, er hielt etwas in der Hand. Da
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