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Der vergessene Strand

Der vergessene Strand

Titel: Der vergessene Strand
Autoren: Julie Peters
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nicht anrief, weil er ihren Wunsch respektierte, dass sie erst mal allein sein wollte.
    Sie starrte auf ihren Text. Aber er kam ihr vollkommen nichtssagend und oberflächlich vor. Sie hatte das Gefühl, kein Wort von dem, was sie da schrieb, zu verstehen.
    Verdammt!
    Sie hatte sich damals geschworen, bei Michael alles richtig zu machen. Mit ihm sollte ihr nicht passieren, was ihr früher passiert war. Dass sie eine Beziehung vorschnell beendete, weil sie das Gefühl hatte, völlig eingeengt zu werden. Ihm wollte sie sich hingeben. Nicht gerade besonders emanzipiert, aber dafür genoss sie in beruflicher Hinsicht alle Freiheiten.
    Amelie klappte das Notebook zu, ohne das Dokument zu speichern. Sie war genervt von diesem elenden Gedankenkarussell, das nicht aufhören wollte, sich zu drehen.
    Sie verließ noch mal das Hotel und spazierte die verlassene, dunkle Straße rauf und runter. Irgendwie … Ja, irgendwie war diese Einsamkeit genau richtig für sie. Und doch war sie zu viel.
    Sie floh zurück in ihr Hotelzimmer. Sie verstand kein Wort von den belgischen Fernsehsendern. Also schaltete sie das Gerät wieder aus. Alle Bücher, die sie dabeihatte, drehten sich um ihre Arbeit, und die erinnerte sie an Michael.
    Alles erinnerte sie an ihn. Grässlich.
    Sie klappte das Notebook wieder auf, startete das E-Mail-Programm und begann, eine Mail an Diana zu schreiben. Nach drei Zeilen brach sie ab. Was sollte sie schreiben?
Hallo, Liebes, bin aus meiner Beziehung geflohen, er hat mich nicht nur mit der Schnepfe betrogen, sie bekommt jetzt auch sein Kind. Lag wohl doch an mir.
    Sie musste über sich selbst lachen, und dann weinte sie plötzlich. Nicht, weil er sie betrogen hatte, weil er mit einer anderen geschlafen hatte – sondern weil sie allein in einem Hotelzimmer saß, weil sie niemanden kannte, den sie jetzt anrufen konnte, damit er sie tröstete. Sie hatte immer gedacht, Michael sei ihr bester Freund.
    Amelie rollte sich erschöpft auf der linken Bettseite ein und zog die Decke bis zu den Ohren hoch. Die Tränen versickerten im Kissen, und sie schniefte leise.
    Irgendwann schlief sie ein.
     
    Am zweiten Tag ihrer Reise verlief alles glatt. Sie fühlte sich, als liefe sie auf Autopilot. Morgens checkte sie aus, setzte sich ins Auto und fuhr weiter nach Calais, danach ging es mit dem Zug durch den Tunnel. Erst als sie auf der anderen Seite auf die Straße fuhr, fiel ihr der Linksverkehr wieder ein.
    Während der Fahrt lag das Handy auf dem Beifahrersitz, und sie sah immer wieder aus dem Augenwinkel, wie das Display aufleuchtete. Fast im abwechselnden Rhythmus: Michael, Mama, Michael, Mama.
    Sie umfuhr London großräumig im Süden. Über Reading und Swindon ging es weiter Richtung Westen. Als zum ersten Mal auf einem Straßenschild Swansea auftauchte, musste sie links ranfahren. Ihr Herz raste plötzlich, und sie hatte das Gefühl, als habe sie irgendwas Wichtiges vergessen.
    Sie starrte auf das Straßenschild. Hatte sie die Bücherkiste im Hotel in Antwerpen stehengelassen? Nein, der Karton stand auf der Rückbank. Ihr Notebook, die Reisetasche? Alles noch da. Sie erinnerte sich sogar, wie sie auf dem tristen Parkplatz gestanden und sich die Hände an einem Pappbecher mit Kaffee gewärmt hatte, ehe sie die Kofferklappe zuwarf und ins Auto stieg.
    Was war es dann? Warum war sie nur so unruhig, so zittrig?
    Entschlossen setzte sie den Blinker und fuhr zurück auf die Straße.
    Nachmittags erreichte sie Pembroke. Mehrmals hatte sie unterwegs das Gefühl, als habe sie sich von sich selbst gelöst. Und jedes Mal überlegte sie, umzukehren. Was erwartete sie sich von Pembroke? Sie war mit dem Buch längst noch nicht so weit, dass sich diese Recherchereise lohnte.
    Und trotzdem fuhr sie weiter. Wo sollte sie denn sonst hin? Diana war in Neuseeland. Zu Michael wollte sie nicht zurück. Und ihre Mutter stand nicht auf ihrer Seite. Was blieb ihr da noch übrig?
    Sie hatte gedacht, der Ort sei größer. Doch als sie die Hauptstraße hinunterfuhr, landete sie schon nach kurzer Zeit am anderen Ende der Stadt. Maximal zehntausend Einwohner, schätzte sie. Und das war noch großzügig gerechnet. Sie wendete und fuhr diesmal etwas langsamer auf der Suche nach einem Hotel oder einem Schild, das ihr zumindest ungefähr die Richtung wies.
    Schließlich bog sie nach rechts ab, hinunter Richtung Pembroke Dock, und folgte dem hellblauen Holzschild, auf dem in verschnörkelter Schrift «Fox & Hare Bed & Breakfast» stand.
    «Da sagen sich
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