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Der Vampir der mich liebte

Der Vampir der mich liebte

Titel: Der Vampir der mich liebte
Autoren: Charlaine Harris
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ich wirklich genossen hatte; mich mit einer Menge anderer Vampire bekannt gemacht, was ich definitiv nicht genossen hatte; mein Leben gerettet, obwohl es eigentlich, wenn ich so darüber nachdachte, gar nicht in Gefahr geraten wäre, wenn ich ihn nicht gekannt hätte. Außerdem hatte ich ihn auch ein-, zweimal gerettet, die Schuld war also beglichen. Und er hatte mich »Liebling« genannt und es zu dem Zeitpunkt auch ehrlich gemeint.
    »Nichts«, murmelte ich vor mich hin, während ich eine verschüttete Pina Colada aufwischte und unser letztes frisches Geschirrtuch der Frau reichte, die den Cocktail umgestoßen hatte, denn ein großer Teil davon war auf ihrer Bluse gelandet. »Er hat nichts für mich getan.« Sie lächelte und nickte, da sie offensichtlich annahm, dass ich ihr mein Mitgefühl ausdrückte. Es war zum Glück viel zu laut, um irgendetwas zu verstehen.
    Aber ich wäre froh, wenn Bill zurückkäme. Immerhin war er mein nächster Nachbar. Unsere Grundstücke wurden nur von dem alten Gemeindefriedhof voneinander getrennt und lagen beide an der Landstraße südlich von Bon Temps. Ohne Bill war ich ganz allein da draußen.
    »Peru, hab' ich gehört«, sagte mein Bruder Jason. Er hielt seine neueste Eroberung im Arm, eine kleine, schlanke, dunkelhaarige Einundzwanzigjährige von irgendwo aus der finstersten Provinz. (Ich hatte sie in die Gästeliste eingetragen.) Dann sah ich sie mir genauer an. Jason wusste es nicht, doch sie war irgendeine Art Gestaltwandlerin. Die sind leicht zu erkennen. Sie war eine attraktive junge Frau, aber bei Vollmond verwandelte sie sich in irgendetwas mit Federn oder Fell. Ich sah, wie Sam sie hinter Jasons Rücken finster anstarrte, um sie daran zu erinnern, dass sie sich auf seinem Territorium zu benehmen hatte. Sie starrte einfach zurück. Mich beschlich das Gefühl, dass sie sich sicher nicht in ein Kätzchen oder ein Eichhörnchen verwandelte.
    Ich überlegte, ob ich mich an ihre Gedanken dranhängen und sie lesen sollte, doch das ist bei Gestaltwandlern gar nicht so einfach. Ihre Gedanken sind chaotisch und rot, hin und wieder gelingt es allerdings, eine ganz gute Vorstellung von ihren Gefühlen zu bekommen. Genau wie bei den Werwölfen.
    Sam selbst verwandelt sich in einen Collie, wenn der Mond hell und rund ist. Manchmal trottet er den ganzen Weg bis zu meinem Haus hinaus, und ich stelle ihm dann eine Schale Essensreste hin und lasse ihn, wenn das Wetter gut ist, auf meiner hinteren Veranda ein kleines Nickerchen machen oder, wenn das Wetter schlecht ist, in meinem Wohnzimmer. Ins Schlafzimmer lasse ich ihn allerdings nicht mehr, weil er nackt erwacht - und in dem Zustand sehr verführerisch aussieht. Doch das Letzte, was ich brauche, ist eine Affäre mit meinem Boss.
    Heute Nacht war kein Vollmond, Jason war also in Sicherheit. Ich beschloss, ihm gegenüber kein Wort über seine Freundin zu verlieren. Jeder hat doch sein Geheimnis. Und ihr Geheimnis war einfach nur etwas schillernder.
    Außer der Freundin meines Bruders, und Sam natürlich, waren an diesem Silvesterabend noch zwei weitere übernatürliche Geschöpfe in Merlotte's Bar. Das eine war eine wunderschöne, mindestens eins achtzig große Frau mit langem, welligem dunklem Haar. Todschick gestylt in einem hautengen, langärmligen orangen Kleid, war sie ganz allein aufgetaucht und hatte sich darangemacht, jeden Mann in der Bar kennen zu lernen. Ich wusste nicht, was sie war, aber an ihrem Gedankenmuster konnte ich erkennen, dass sie nicht zu uns Menschen gehörte. Das andere Geschöpf war ein Vampir, der mit einer Gruppe junger Leute gekommen war, die alle so um die zwanzig waren. Ich kannte keinen von ihnen. Die Anwesenheit eines Vampirs löste nicht mehr als ein paar verstohlene Seitenblicke einiger Partygäste aus. Was zeigte, dass sich seit der Großen Enthüllung die Haltung der Leute deutlich entspannt hatte.
    Vor ein paar Jahren, am Abend der Großen Enthüllung, traten die Vampire überall auf der Welt im Fernsehen auf, um von ihrer Existenz zu berichten. Das war ein Abend, an dem so manche Theorie auf dieser Welt schlichtweg umgehauen wurde und von Grund auf neu arrangiert werden musste.
    Diese Coming-out-Party war ausgelöst worden durch die Entwicklung von synthetischem Blut in Japan, das die Ernährung der Vampire sicherstellte. Seit der Großen Enthüllung haben die Vereinigten Staaten zahlreiche politische und soziale Umwälzungen erlebt in dem holprigen Prozess der Eingliederung unserer neuesten
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