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Der Vampir, den ich liebte

Der Vampir, den ich liebte

Titel: Der Vampir, den ich liebte
Autoren: Beth Fantaskey
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Abenteuer,
atemberaubender Romanzen und großer Schlachten. Und das alles, ohne die Woodrow
Wilson High School jemals zu verlassen.«
    Anscheinend
war nicht jeder so begeistert von zusammenprallenden Armeen und klopfenden
Herzen wie Mrs Wilhelm, denn man hörte eine Menge Seufzer, während die
Leseliste die Runde durch die Klasse machte. Ich nahm die Kopie von Frank
Dormand entgegen, den ich hasste, seit ich denken konnte und der sich wie ein
gewaltiger Haufen Pferdemist auf den Sitz vor mir hatte fallen lassen, und
überflog die Liste schnell. Oh nein. Nicht Ivanhoe. Und Moby Dick
... Wer hat Zeit für Moby Dick? Ich wollte etwas erleben in
diesem Jahr. Ganz zu schweigen von Dracula ... also bitte. Wenn es
eines gab, das ich hasste, dann waren es gruselige Märchen, die jedwede
Realität oder Logik vermissen ließen. Das war das Spezialgebiet meiner Eltern
und ich hatte nicht das geringste Interesse, ihnen dorthin zu folgen.
    Als ich
einen verstohlenen Blick in Mindys Richtung warf, erkannte ich in ihren Augen
die gleiche Panik. Sie flüsterte: »Was ist denn ›Sturmhöhe‹?«
    »Keine
Ahnung«, flüsterte ich zurück. »Werden wir dann schon sehen.«
    »Außerdem
möchte ich, dass ihr euch in diesen Sitzplan eintragt«, fuhr Mrs Wilhelm fort,
während sie in ihren unförmigen Gesundheitsschuhen umherstapfte. »Das Pult, an
dem ihr jetzt sitzt, wird euer fester Platz in diesem Kurs sein. Ich sehe
einige neue Gesichter und ich möchte euch alle so schnell wie möglich
kennenlernen, also wechselt nicht die Plätze.«
    Ich sank
auf meinem Stuhl in mich zusammen. Na toll. Ich war dazu verdammt, mir
ein ganzes Jahr lang Frank Dormands idiotische, aber gemeine Bemerkungen anzuhören,
die er garantiert jedes Mal machen würde, wenn er sich umdrehte, um etwas nach
hinten weiterzureichen. Und die unglaublich zickige Cheerleaderin Faith Crosse
hatte den Platz direkt hinter mir in Beschlag genommen. Ich war also eingekeilt
zwischen zwei der unangenehmsten Typen der Schule. Zumindest saß Mindy mir
gegenüber und – ich schaute nach links hinten – Jake hatte sich auch ganz in
meine Nähe gesetzt. Er grinste, als unsere Blicke sich begegneten.
Wahrscheinlich hätte es schlimmer sein können. Aber nicht viel schlimmer.
    Frank
drehte sich auf seinem Stuhl um, um mir den Sitzplan hinzuwerfen. »Bitte
schön, Fettbacke«, höhnte er. Mit dem Namen hatte er mich schon im Kindergarten
beehrt. »Trag dich genau so ein.« Ja. Idiotisch und gemein, genau wie
ich vorhergesagt hatte. Und vor mir lagen nur noch hundertachtzig Schultage.
    »Zumindest
kann ich meinen Namen richtig schreiben«, zischte ich ihm zu. Vollidiot.
    Dormand
verzog das Gesicht und drehte sich wieder um und ich wühlte in meinem Rucksack
nach einem Kuli. Als ich meinen Namen schreiben wollte, war die Spitze
knochentrocken, wahrscheinlich, weil der Stift den ganzen Sommer unverschraubt
in meinem Rucksack gelegen hatte. Ich schüttelte ihn und versuchte es noch
einmal. Nichts.
    Gerade
wollte ich mich nach links drehen, weil ich hoffte, dass Jake mir vielleicht
einen seiner Stifte leihen würde, doch noch bevor ich ihn fragen konnte, spürte
ich, wie mich jemand auf die rechte Schulter tippte. Nicht jetzt ... nicht
jetzt ... Ich dachte kurz daran, es einfach zu ignorieren, aber da war
schon wieder dieses Tippen.
    »Entschuldigung,
benötigst du vielleicht ein Schreibgerät?«
    Die tiefe
Stimme mit dem ungewöhnlichen europäischen Akzent war ganz dicht hinter mir.
Ich hatte keine andere Wahl, als mich umzudrehen.
    Nein.
    Es war der
Typ von der Bushaltestelle. Ich hätte das seltsame Outfit – den langen Mantel,
die Stiefel – überall wiedererkannt, ganz zu schweigen von seiner imposanten
Größe. Aber diesmal stand er nicht auf der anderen Straßenseite, sondern saß
keine zwei Meter von mir entfernt. Nah genug, um seine Augen sehen zu können.
Sie waren so dunkel, dass sie schwarz wirkten, und ihr Blick schien sich mit
einer kühlen, irgendwie beunruhigenden Intelligenz in meine Augen zu bohren.
Ich schluckte mühsam und erstarrte auf meinem Stuhl.
    Hatte er
schon die ganze Zeit im Klassenraum gesessen? Und wenn ja, wie war es möglich,
dass ich ihn nicht bemerkt hatte?
    Vielleicht
deshalb, weil er irgendwie abseits vom Rest der Klasse saß. In einer
schummrigen Ecke unter einer defekten Leuchtstoffröhre. Aber das war es nicht
allein. Es war beinahe so, als ginge die Dunkelheit von ihm aus. Das ist
lächerlich, Jess ... Er ist ein Mensch, kein schwarzes Loch
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