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Der unsichtbare Kreis

Der unsichtbare Kreis

Titel: Der unsichtbare Kreis
Autoren: Bernd Ulbrich
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ausgesetzt. Atemlos sprang er die drei Stufen der Leiter hoch. Hinter ihm schnellte das Schott in die Füllung.
Die Leitzentrale arbeitete normal. Nach Luft ringend, ließ sich Grom in den Pilotensessel fallen.
Entsetzt folgte sein Blick den scharfen Lichtzungen der Außenscheinwerfer. Wo die Station gestanden hatte, gähnte ein Loch. Sanft senkten sich seine Wandungen zur Mitte. Sie glänzten wie poliert. Die Geräte registrierten eine schwache Wärmestrahlung. Grom ließ das Loch abtasten. Es war kreisrund, die Abweichungen betrugen weniger als ein zehntausendstel Millimeter.
    Während des Rückfluges stellte er sich zum hundertsten Male die gleiche sinnlose, nicht zu beantwortende Frage. Selbst wenn er gewußt hätte, wohin Savatsky verschwunden war, es hätte ihm nichts genützt. Die Plastik konnte er nicht zurückholen. Ergebnislos drehten sich seine Gedanken um diesen Punkt. In die sorgenvollen Überlegungen mischten sich die schlimmsten Befürchtungen. Was war mit Savatsky geschehen? Er sah ihn in der Ewigkeit verschollen, in einem grauenerregenden Nichts – und mit ihm, dem bedauernswerten Träumer, seine für die Unsterblichkeit bestimmte Schöpfung, die Krönung seines künstlerischen Schaffens.
Grom war der Verzweiflung nahe. Es blieb nur eine Möglichkeit: nach dem Gedächtnis eine zweite Plastik anzufertigen, denn auch seine Skizzen und die Kyberneten waren Savatskys Wahnidee zum Opfer gefallen.
    Er überschlug den Material- und Zeitaufwand. Es schien möglich zu sein. Er erinnerte sich eines Freundes, der im hohen Norden wohnte. Der würde ihm für einige Zeit sein Atelier überlassen. Dort war er ungestört. Keine peinlichen Fragen. Wie sollte er den Vorfall glaubwürdig schildern? Kein Mensch würde ihm die Geschichte abkaufen.
    Grom landete auf einem kleinen Platz in Alaska. Als er die notwendigen Formalitäten erledigt hatte, fühlte er sich erschöpft. Die Beglaubigungsspeicher stopfte er achtlos in die Tasche.
    Der Chef des Platzes begleitete ihn zur Tür. Er war freundlich aus Dankbarkeit; hierher verirrte sich selten jemand. Bevor er Grom entließ, nickte er ihm kameradschaftlich zu. »Anstrengenden Flug gehabt?«
    Grom bejahte stumm. Er mochte nicht Auskunft geben über woher und warum.
»Bißchen ausspannen, wie?«
Grom nickte wieder. »Ich brauch’ meine Ruhe, verstehen Sie.«
Der Chef grinste verständnisvoll. »Irrsinnige Hektik draußen. Hab’ ich selber jahrelang mitgemacht. Ist ein kleines, ruhiges Nest hier. Haben Sie das Richtige erwischt. Keine Extravaganzen, kein Nepp. Aber nicht verschlafen, verstehen Sie.« Seine kleinen Augen blickten argwöhnisch.
»Ja, ja«, sagte Grom gleichgültig, »ich hab’ Sie verstanden.« Er wollte nichts weiter als ausschlafen. Morgen oder übermorgen würde er seinen Freund aufsuchen, der nicht weit von der Stadt lebte. Er wandte sich zum Gehen.
»Hören Sie«, rief der Chef hinter ihm her, »wenn Sie glauben, wir hätten nichts zu bieten, irren Sie sich gewaltig!«
Grom wandte sich widerwillig um.
    Der andere trat dicht an ihn heran. »Wo waren Sie gleich, im Gürtel? Sind Sie ‘n Fan? Ich hätte was für Sie.«
»Wie man’s nimmt.« Grom mochte sich nicht länger von dem wichtigtuerischen Geschwätz aufhalten lassen.
»Wir haben die beste Leihausstellung des Museums für die Geschichte des fünften Planeten, die es überhaupt gibt. Hat viel Mühe gekostet, sie zu kriegen. Sie haben sich nicht getraut, es uns abzuschlagen, verstehen Sie!« verkündete der Chef großspurig, als wäre die Ausstellung sein Verdienst.
Grom bedankte sich über die Schulter.
»Sie sollen tolle neue Sachen gefunden haben!« rief der Chef ihm nach.
»Vielleicht geh’ ich mal hin«, sagte Grom laut. Befriedigt stellte er fest, daß der andere ihm nicht mehr folgte.
Im Wagen, der ihn zum Hotel brachte, fand er den Hinweis des Chefs ganz interessant und überlegte, daß eigentlich genug Zeit wäre, die Ausstellung zu besuchen.
Am nächsten Morgen ließ er sich den Weg zum Museum beschreiben, denn er hatte vor, zu Fuß hinzugehen.
Als er das Ausstellungsgebäude betrat, hatte die Führung schon begonnen. Er eilte der undeutlich durch die Säle ebbenden Stimme des Museumsführers nach. Eine Vielzahl von interessanten Exponaten weckte sein Interesse, doch er wollte sich jetzt nicht die Zeit zu längerem Verweilen nehmen.
Hinter einer zweiflügligen Tür staute sich eine Gruppe von Neugierigen. Die geschlossene Front aus Köpfen und Nacken verwehrte Grom jede Sicht, doch
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